Die Menschen in Somalia leiden seit Jahrzehnten. In dem ostafrikanischen Land kämpfen seit den 1990er-Jahren verschiedene Milizen und Clans um die Vorherrschaft. In Somalia kontrolliert die Terrorgruppe Al Shabaab, ein Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida, etwa die Hälfte des Landes einschließlich der wichtigsten städtischen Gebiete wie Mogadischu, Kismayo und Barawe. 2,5 Millionen Somalis sind auf der Flucht, mehr als 350 000 leben in Kenia, im weltgrößten Flüchtlingslager Dadaab.
Am Freitag letzter Woche kündigte Kenias Regierung seine Absicht an, den Aufenthalt von Flüchtlingen beenden zu wollen. Zur Begründung wurden wirtschaftliche und ökologische Belastungen sowie Sicherheitsbedenken angeführt. Einer Stellungnahme des Innenministeriums zufolge habe die Regierung bereits die Abteilung für Flüchtlingsangelegenheiten aufgelöst und plane die Schließung der kenianischen Flüchtlingscamps – eine Entscheidung, die potentiell 600 000 Menschen betreffen könnte. Doch wo sollen 600 000 Flüchtlinge hin? Wir versuchen, Ihnen in unserem Beitrag die Situation zu erläutern.
Alles begann mit dem Sturz von Diktator Mohammed Siad Barre im Jahr 1991. Solange herrscht in Somalia schon Krieg. Ab September 1991 entwickelt sich ein landesweiter Bürgerkrieg. Im November kommt es zu schweren Kämpfen in der Hauptstadt Mogadischu zwischen bewaffneten Gruppen von General Mohammed Farah Aidid, dem selbsternannten Interims-Präsidenten Ali Mahdi Mohammed und weiteren Parteien. Darüber hinaus gibt es Auseinandersetzungen in der südlichen Hafenstadt Kismayo und im Nordwesten des Landes. Krieg und eine gleichzeitige heftige Dürre kosten 1991/92 schätzungsweise 300 000 Menschen das Leben.
25 Jahre ist Somalia immer wieder in den Schlagzeilen und solange gibt es das Flüchtlingslager Dadaab in Kenia. Damals flohen wegen des Kriegs bis zu 400 000 Menschen aus Somalia nach Kenia. In der kenianischen Stadt Dadaab wurden vom UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) Flüchtlingslager eröffnet, um deren Sicherheit sich die kenianische Regierung kümmerte.
Noch immer fliehen Menschen über die Grenze, obwohl Kenia diese bereits 2010 offiziell dichtgemacht hat. Immer wieder gab Kenia bekannt, das Lager auflösen zu wollen, doch wohin sollen diese Menschen gehen? Nach Somalia, wo der Tod lauert? Bereits 2010 flohen etwa 20 000 Kenianer nach Äthiopien. Die Dürreperiode am Horn von Afrika hatte die Lage verschärft. Zurzeit herrscht in Äthiopien die schlimmste Dürre seit mehr als 30 Jahren. Äthiopien hat Kenia als größtes Aufnahmeland für Flüchtlinge abgelöst. Ende Juli 2014 zählte das Land 629 718 Flüchtlinge. In Kenia, das immer noch eine große Anzahl an Flüchtlingen beherbergt, hielten sich zum selben Zeitpunkt 575 334 Flüchtlinge und Asylsuchende auf. Der Hauptgrund für die anwachsenden Zahlen ist lauf unhcr.de der aktuelle Konflikt im Südsudan, welcher Mitte Dezember 2013 ausbrach. 247 000 südsudanesische Flüchtlinge bilden die größte Flüchtlingsgruppe in Äthiopien. An zweiter und dritter Stelle stehen Flüchtlinge aus Somalia (245 000) und Eritrea (99 000).
Hinzu kommen noch die Flüchtlinge aus dem Jemen. Folgende Karte zeigt die Länder, in welche die Menschen aus dem Jemen fliehen.
Im Jemen läuft eine Katastrophe ab, die Saudi-Arabien mitzuverantworten hat
Hier ist die Karte in voller Größe. Download PDF (1.33 MB)
Länder wie Sudan, Eritrea, Somalia und Dschibuti werden genannt, wohin die Menschen aus dem Jemen fliehen – doch genau in diesen Ländern machen sich zurzeit Menschen auf den Weg nach Europa, weil es Konflikte in ihrem Land durch Diktatoren gibt, wie wir Ihnen bereits in diesem Beitrag Nordafrika versinkt im Krieg schilderten.
60 Millionen Menschen befinden sich zurzeit weltweit auf der Flucht.
Seit Mai 2013 kommt es vermehrt zu Übergriffen von der Terrorgruppe Boko Haram – dieses hat zu einer eskalierenden humanitären Krise in der Region Tschad geführt. Laut UNHCR sind fast 1,4 Millionen Menschen betroffen, rund 170 000 Menschen suchten Schutz in benachbarten Ländern. Nach Kamerun flohen 56 000, in den Tschad 14 000 und nach Niger 100 000 Menschen.
Agadez Drehkreuz für Schlepper und Schleuser – der Knotenpunkt, wo die Reise durch die Wüste von Afrika nach Europa beginnt.
Reich an Bodenschätzen – aber dennoch bitterarm: So könnte die Situation in Niger zusammengefasst werden. 2,7 Millionen Menschen auf der Flucht leben zurzeit in der Region Tschadsee. Der Weg nach Europa soll auf „Wunsch“ der Europäischen Union gesperrt werden. Ein Deal, wie derjenige mit der Türkei, wird verhandelt.
Etwa 120 000 Menschen werden pro Jahr durch Agadez auf die Migranten-Routen geschleust. Die EU möchte das Schlepper-Geschäft eindämmen. Dafür will Niger 1 Milliarde Euro. Als erster deutscher Außenminister besuchte Frank-Walter Steinmeier am 02. Mai Niger. Er reiste gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Ayrault. Außenminister Ibrahim Yacoubou erwartet finanzielle Unterstützung aus Frankreich, Deutschland und der Europäischen Union, berichtet http://www.telegraaf.nl/. Die ehemalige Kolonie Frankreichs ist ein wichtiger Knotenpunkt für die Afrikaner, um nach Europa zu gelangen. Berlin arbeitet schon am nächsten Schritt der Kooperation mit Niger. Im Mai 2015 beschloss zunächst der Europäische Rat, die zivile EU-Mission Eucap Sahel Niger auszuweiten. Neben Maßnahmen gegen Terrorismus und die organisierte Kriminalität gehören seither auch Maßnahmen gegen die illegale Migration und Schleuser zum Profil der Mission. In der Stadt Agadez soll ein Außenposten entstehen, weil sich viele Flüchtlinge von dort aus auf den Weg nach Libyen begeben. Alle Informationen hier: Rettung von 11 595 Geiseln aus den Fängen von Boko Haram
Nach Äthiopien zu gehen ist zurzeit unmöglich. Das Land wird, wie bereits erwähnt, von der schlimmsten Dürre seit Jahrzehnten heimgesucht. Siehe: Trotz Dürre-Katastrophe und Kampf ums Land als eines der größten Sicherheitsrisiken – Nestlé gräbt das Wasser ab – neue Abfüllanlagen in Äthiopien und Nigeria Wo sollen die 600 000 Flüchtlinge aus Kenia hin, wenn das Lager nun zugemacht wird?
Seit 25 Jahren gibt es das Flüchtlingslager in Kenia, das größte der Welt und bereits eine eigene Stadt. 1992 wurde Dadaab für ein paar tausend Flüchtlinge geplant. Heute leben fast 600 000 Menschen in der Stadt von der Ausdehnung Zürichs. Eine ganze Generation wurde hier geboren.
Hier eine 20-jährige Geschichte vom Flüchtlingslager Dadaab in Kenia aus 2012:
Der kenianische Professor Peter Mwangi Kagwanja stellte schon vor elf Jahren fest, dass das Lager Dadaab längst alle Kriterien einer Stadt erfülle. So ist der Lebensstandard in den Lagern deutlich höher als im Umland – es gibt mehr Schulen, bessere Krankenhäuser und viele Arbeitsmöglichkeiten bei den Hilfsorganisationen. Mit dem dort verdienten Geld, mit einem Kleinkredit oder dem Verkauf eigener Hilfsrationen haben sich über die Jahre Hunderte Flüchtlinge selbstständig gemacht. Verlassen dürfen die Flüchtlinge die „Stadt“ nicht, das wurde Ihnen von der Kenianischen Regierung untersagt.
Suud wuchs in Dadaab auf. 20 Jahre verbrachte er im Lager, bevor er nach Nashville kam. Er erklärt die Situation in dem Flüchtlingslager:
Somali Peace Hotel
Mehr Geschichten aus dem Flüchtlingslager Dadaab finden Sie hier: http://www.dadaabstories.org/
Am Freitag letzter Woche kündigte Kenias Regierung seine Absicht an, den Aufenthalt von Flüchtlingen beenden zu wollen. Zur Begründung wurden wirtschaftliche und ökologische Belastungen sowie Sicherheitsbedenken angeführt. Einer Stellungnahme des Innenministeriums zufolge habe die Regierung bereits die Abteilung für Flüchtlingsangelegenheiten aufgelöst und plane die Schließung der kenianischen Flüchtlingscamps – eine Entscheidung, die potentiell 600 000 Menschen betreffen könnte.
Wir haben Ihnen eine aktuelle Nachricht übersetzt:
Kenia schließt alle Flüchtlingslager und macht so 600 000 Menschen obdachlos
Immer wieder flüchteten in den Jahren Menschen nach Kenia. Drei Lager, die für 90 000 Menschen konzipiert waren, nahmen rund 300 000 Flüchtlinge auf – fast alle sind muslimischen Glaubens, einige wenige kommen aus dem Sudan, aus Äthiopien und Eritrea. Noch immer fliehen jeden Monat Hunderte von Menschen über die Grenze, obwohl Kenia diese offiziell dichtgemacht hat. Deshalb wird jetzt diskutiert, ob ein viertes Lager eröffnet werden müsste.
„Diese rücksichtslose Entscheidung der kenianischen Regierung ist eine Abkehr von ihrer Pflicht, die Schutzbedürftigen zu schützen, und diese wird Tausende Leben aufs Spiel setzen“, so Amnesty International.
Kenia plant, alle seine Flüchtlingslager zu schließen, sodass schlagartig 600 000 Menschen nicht mehr wissen, wohin sie sollen. The country’s government said it was shutting down the camps due to “very heavy” economic, security and environmental issues. Those due to close include Dadaab, the largest refugee camp in the world, home to more than 300,000 people on the Kenya-Somalia border.
Die Regierung gab an, die Lager aus sehr schwerwiegenden wirtschaftlichen Gründen zu schließen, aber auch wegen Bedenken zu Sicherheit und Umweltverträglichkeit. Zu den zu schließenden Lagern gehört auch Dadaab, das vermutlich weltweit größte Lager, das an der Grenze Kenia–Somalia mehr als 300 000 Menschen beherbergt.
Closing down refugee camps: Govt. sets aside Ksh 1B to start closure of Dadaab camp #NTVAtFour @Gladys_Gachanja pic.twitter.com/hzDl52R9Fj
— NTV Kenya (@ntvkenya) 11. Mai 2016
Karanja Kibicho, Kenias Außen- und Handelsminister nennt als eines der bestehenden Risiken den Einfluss der Terror Miliz Al-Shabaab. Er sagt, Kenia müsse seine nationalen Sicherheitsinteressen wahrnehmen und deswegen die Unterbringung von Flüchtlingen beenden. “Es ist uns bewusst, dass diese Entscheidung auf das Leben der Flüchtlinge nachteilige Auswirkungen hat und deswegen muss die internationale Gemeinschaft gemeinsam dafür sorgen, dass den Bedürfnissen der Flüchtlinge nachgekommen wird, die sich daraus ergeben.“
Bisher ist nicht klar, wann die Schließungen beginnen, aber die Regierung hat die Abteilung für Flüchtlingswesen bereits aufgelöst, die bisher mit humanitären Organisationen zum Wohl der Flüchtlinge zusammenarbeitete. Die Schließungen bedeuten, dass somalische Flüchtlinge gezwungen werden, dorthin zurückzukehren, woher sie geflüchtet waren.
Mwenda Njoka, Sprecher des Innenministeriums fügte hinzu: “Es steht fest – wir schließen die Lager und werden keine neuen Flüchtlinge im Land dulden.“
Menschenrechtsgruppen haben diese Entscheidung scharf kritisiert und Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass Hunderttausende Flüchtlinge gefährdet werden.
Muthoni Wanyeki, Ostafrika-Regionaldirektor von Amnesty International, gab dem ‘Independent’ gegenüber an: “ Diese rücksichtslose Entscheidung der Regierung von Kenia ist eine Abkehr von der Pflicht, Gefährdete zu beschützen und wird Tausende Leben bedrohen.
“Es könnte dazu führen, dass Tausende Flüchtlinge unfreiwillig nach Somalia oder in ein anderes Herkunftsland zurückgehen, wo ihr Leben immer noch gefährdet ist. Das ist eine Verletzung der kenianischen Pflicht unter internationalem Recht.“
Liesbeth Aelbrecht, Direktorin der Kenia Mission von ‘Ärzte ohne Grenzen’ sagt, dass diese Entscheidung ein weiteres Beispiel der eklatanten Missachtung von Millionen von Flüchtlingen weltweit sei.
Frau Aelbrecht sagte: “Ärzte ohne Grenzen ruft die Regierung dazu auf, die Entscheidung zu überdenken und – zusammen mit den internationalen Organisationen, die bereits in den Lagern arbeiten – weiter für die Flüchtlinge zu sorgen und den Hundertausenden, die es so bitter nötig haben, akzeptable Lebensbedingungen zu gewährleisten.
Lt. Human Rights Watch gibt es keine Hinweise darauf, dass ein Zusammenhang zwischen somalischen Flüchtlingen und den Terrorattacken in Kenia besteht.
Bereits im Juni 2015 wurden die Essensrationen in Kenias Flüchtlingslagern (damals noch 500 000, also um 100 000 weniger, als 2016) um ein Drittel gekürzt, da das UN WFP (United Nations World Food Program) von seinen Mitgliedern keine entsprechende Unterstützung erhielt.
#RefugeeCrisis: #Kenya is planning to close the Dadaab camp (largest camp in the world) displacing 300,000 refugees pic.twitter.com/Ib6p6zLV72
— Thomas van Linge (@arabthomness) 9. Mai 2016
Kenya to close all refugee camps and displace 600,000 people
http://www.independent.co.uk
‚This reckless decision by the Kenyan government is an abdication of its duty to protect the vulnerable and will put thousands of lives at risk,‘ Amnesty International warns
Kenya plans to close all of its refugee camps in a move that would displace more than 600,000 people.
The country’s government said it was shutting down the camps due to “very heavy” economic, security and environmental issues. Those due to close include Dadaab, the largest refugee camp in the world, home to more than 300,000 people on the Kenya-Somalia border.
Karanja Kibicho, Kenya’s secretary for the Ministry of Foreign Affairs and International Trade, cited the influence of terror group Al-Shabaab as among the risks of keeping the camps open.
Mr Kibicho said in a statement: „Kenya, having taken into consideration its national security interests, has decided that hosting of refugees has come to an end.
„The Government of Kenya acknowledges that the decision will have adverse effects on the lives of refugees and therefore the international community must collectively take responsibility on humanitarian needs that will arise out of this action.“
It is not yet clear when the closures will begin, but the Kenyan government has already disbanded the Department of Refugee Affairs, which worked with humanitarian organisations for the welfare of the refugees. The closures mean Somali asylum seekers would be forced to return to the situation they fled.
Mwenda Njoka, interior ministry spokesman, added: „The message is clear; we are closing the camps and we will not accept more refugees in the country.“
Human rights groups lambasted the decision, expressing concern at the hundreds of thousands of refugees it could put in danger.
Muthoni Wanyeki, Amnesty International’s REGIONAL director in East Africa, told The Independent: “This reckless decision by the Kenyan GOVERNMENT is an abdication of its duty to protect the vulnerable and will put thousands of lives at risk.
„It could lead to the involuntary return of thousands of refugees to Somalia and other COUNTRIES OF ORIGIN, where their lives may still be in danger. This would be in violation of Kenya’s obligations under international law.”
In pictures: Global refugee crisis
Liesbeth Aelbrecht, Medecins sans Frontieres’ head of mission in Kenya, said the move was another example of the “blatant neglect of MILLIONS of refugees” around the world.
Ms Aelbrecht said: „MSF is urging the GOVERNMENT to reconsider this call, and – alongside the international organisations already present in the camp – to continue to provide humanitarian assistance and ensure acceptable living conditions for the hundreds of thousands of people who desperately need it.“
Somalian refugees queue for tents at Kenya’s Dadaab refugee camp (Getty)
Human Rights Watch told The Independent there was no “credible evidence” linking Somali refugees to any terrorist attacks in Kenya.
Last year, food rations in the camp were cut due to a lack of FUNDS.
Netzfrau Lisa Natterer
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