Als die Banken Gangster wurden – Frau Janßen und der Kontoauszugsdrucker

 Lange Schlangen vor den Schaltern, das gilt für Bankgeschäfte schon lange nicht mehr. Möglich wurde das durch die Einführung von Selbstbedienungsgeräten. Zuerst in Form von Bankomaten, durch immer umfangreichere Selbstbedienungszonen im Eingangsbereich der Kreditinstitute und letztendlich sogar außerhalb der Bankgebäude.

Das  „Do-it-yourself“-Verfahren wurde eingeführt, wer hätte es gedacht, um das Personal durch stählerne Mitarbeiter zu ersetzen. Der Bankkunde wurde zu einem „lästigen“ Zeitdieb. Das verbleibende Personal konnte sich nun stärker auf die profitablere Beratungstätigkeit konzentrieren. Ihm steht ein Dschungel an Produkten zur Verfügung, bei denen der Kunde sich wirklich fragen muss, ob der Berater wirklich weiß, was er da berät? Oder arbeitet nicht schon im Hintergrund ein stählerner Kollege, der die Produkte „maßgeschneidert“ per Knopfdruck incl. vorgefertigter Formulare ausspuckt? Doch das war nicht immer so.

Wann wurden Banken „Räuber“? Wie nehmen Kreditinstitute den Kunden aus? Alles, was Banken nie verraten, Berater verschweigen und nur echte Profis wissen, werden wir Ihnen an dem Beispiel von Frau Janßen vorstellen. Erst einmal fangen wir dort an, als die Banken-Welt noch in Ordnung war.

Das war die Zeit, bevor Manfred Krug für die T-Aktie als „Volksaktie“ und die GottschalkBrüder wenig später für die „Aktie Gelb“ der Deutschen Post die Werbetrommeln rührten. Das war vor der Zeit, als der Ex-Chef der Deutschen Telekom, Ron Sommer, der heute bei Blackstone eine Führungsposition inne hat, sagte:  „Die T-Aktie wird so sicher wie eine vererbbare Zusatzrente sein“.

Frau Janßen und der Kontoauszugsdrucker

Eine kleine Anekdote aus meinem Leben als damals noch junge Bankerin:

Mein beruflicher Werdegang verschlug mich eines Tages in einen kleinen Ort zu einer kleinen Zweigstelle. Nachdem ich von den „wichtigsten“ Leuten im Dorf akzeptiert wurde, gehörte ich sozusagen zum Ortsgeschehen dazu. Wir befinden uns in den 1990ern.

Viele Nöte, nicht nur Geld, nein, auch Privates und Familiäres wurde in meinem Büro besprochen. Kurzum, Zeit war damals noch nicht Geld .

Eines Tages war es dann soweit: Meine kleine Filiale wurde technisch ausgestattet, ein Kontoauszugsdrucker, den wir liebevoll Drucki nannten, wurde installiert und schnell zur Attraktion.

Um den Drucki zu bedienen, brauchte man eine Karte. Der Run auf die Bankkarte war nach einer großen Werbekampagne so riesig, dass wir speziell für einen Samstag die Filiale öffnen mussten.

Nicht nur die Ausgabe der Karten wurde gefeiert, nein, auch die Einweihung von Drucki. Sogar die Landeszeitung schickte, nachdem sie von dem Stau vor meiner Filiale hörte, einen „fliegenden“ Reporter und die Ortsfeuerwehr regelte den Verkehr.

Kurzum, das neue Zeitalter hatte banktechnisch begonnen, der Beginn der (teil-)automatisierten Filiale, die Selbstbedienungszone, das „Do-it-yourself“-Verfahren. Was sogar damals viele Banker für unmöglich gehalten hatten, wurde Realität.

Nach anfänglicher Skepsis gewöhnten sich die Kunden schnell daran, dass ihnen nun die Kontoauszüge rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Bevor man in die Bank kam, um Überweisungen zu tätigen oder Bargeld zu holen, besuchten die Kunden erst Drucki. Rechnungen wurden damals noch dem Banker vorgelegt, der freundlicherweise den Skonto ausrechnete und dann die Überweisung ausfüllte. Der Kugelschreiber war noch mit das wichtigste Gerät eines Bankers incl. einer Rechenmaschine. Und sogar die Landwirte oder Gewerbetreibenden brachten am Monatsanfang die gesammelten Rechnungen in die Bank, damit der Banker diese dann überwies und abstempelte.

Danach besuchte man Drucki, um nachzuschauen, ob auch alle Rechnungen überwiesen waren. Laut wurde es, wenn dann Kunden mit hochrotem Kopf in die Filiale stürmten, wenn Beträge auf dem Kontoauszug fehlten. Nun ja, nicht immer war ausreichend Geld auf dem Konto vorhanden, das konnte auch Drucki nicht ändern. Das, was Drucki ausspuckte, war Tatsache und ließ sich nicht ändern. So kam es, dass viele mit einem lachenden Gesicht wieder nach Hause gingen, aber auch traurige Gesichter gab es, wenn Gehälter noch nicht überwiesen waren oder zum Beispiel die Energieversorger mal wieder zugeschlagen hatten. Heute gibt es sicherlich nach dem Besuch von Drucki mehr traurige Gesichter als lachende.

Eines Tages kam mein Kollege in mein Büro gestürmt und sagte ganz ängstlich: „Du, die alte Frau Janßen steht nun schon eine viertel Stunde am Drucki, aber so viele Auszüge kann sie doch gar nicht haben“. Wir wurden stutzig und schauten vorsichtig um die Ecke. Videoüberwachung gab es damals noch nicht. Tatsächlich, da stand Frau Janßen und bediente Drucki. Aber wieso hatte sie einen riesigen Berg Kontoauszüge vor sich liegen? Für die paar Umsätze? Ich öffnete die Tür und begrüßte Frau Janßen mit einem freundlichen Moin. „Oh, gut, dass Sie kommen, ich stehe nun schon solange hier und Drucki hört einfach nicht auf zu drucken. Dabei wollte ich doch schon längst bei Frieda sein, die wartet doch mit dem Tee“. Ich schaute sie verdutzt an und überlegte, welches Problem Drucki haben könnte. Er war sonst sehr zuverlässig. „Frau Janßen, was haben Sie denn mit Drucki gemacht“?

„Wie immer, Karte rein, dann druckt er. Jetzt aber steht auf dem Papier, keine Umsätze vorhanden und dann wirft er meine Karte raus, so wie jetzt gerade, sehen Sie? Und nun steht da wieder: „Bitte schieben Sie Ihre Karte in den dafür vorgesehenen Schlitz“, so geht das schon die ganze Zeit, er hört gar nicht auf“.

Ich konnte nicht antworten, Tränen liefen mir vor Lachen die Wangen runter. Mein Kollege, der immer noch neugierig die Situation beobachtete, rannte zu uns. Und als Frau Janßen auch ihm erklärte, was mit Drucki los war, setzte er sich auf den Boden und lachte mit. Mittlerweile hatte sich eine Menschansammlung gebildet und auch diese lachten und klärten Frau Janßen auf. Wie gesagt, ein kleiner Ort, man kennt sich und besondere Situationen verbreiten sich rasend schnell.

Denn wenn Sie schon mal einen Kontoauszugsdrucker, den es ja noch heute gibt, bedienen, so steht auf dem Display: „Bitte schieben Sie Ihre Karte in den dafür vorgesehene Schlitz“..oder so ähnlich, und wenn der „Drucki“ ihre Karte ausspuckt, dann ist der Vorgang als erledigt zu betrachten.

Frau Janßen bekam von dem Tag an ihre Kontoauszüge am Schalter und brachte uns selbstgebackenen Kuchen.

Ich erinnere mich noch gern an die alte, kleine Filiale, die es mittlerweile nicht mehr gibt. Nach einer Fusion von vielen wurde diese Filiale geschlossen, weil sie nicht mehr profitabel war. Denn wie Sie sich vorstellen können, kam nach Drucki der Geldautomat und nachdem sich die Kunden daran gewöhnt hatten, blieb erst noch eine „Do-it-yourself“- Zone und danach nicht mal mehr das. Denn mittlerweile ist in jedem größeren Discounter oder Einkaufszentrum ein Geldautomat oder man bezahlt bargeldlos.

Das was mit „Drucki“ begann, war schon damals der Beginn einer bargeldlosen Zeit.

Die alte kleine Filiale, da wurde oft gelacht, geweint und wurden viele Späße gemacht. Da hatte der Kunde noch eine dreistellige Kontonummer. Provisionen und Spekulationen, nein, das kannten wir noch nicht und hätten wir die Kunden um ihr Geld gebracht, wir wären mit der Mistgabel aus dem Dorf gejagt worden.

Fortsetzung folgt…denn Frau Janßen hat kurz vor der Finanzkrise Geld angelegt.

Netzfrau  Doro Schreier

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