Nach Deutschland wird so viel Kaffee importiert, dass die Einnahmen aus der Kaffeesteuer jedes Jahr rund eine Milliarde Euro bringen. Ob jeden Tag am Morgen zum Aufstehen oder zum Kuchen am Sonntag – der Kaffee ist für viele ein wichtiger Lebensbestandteil. Doch wie gut ist unser Kaffee?
Erst mal einen Kaffee trinken! Kaffeekult ist »in«: Verschiedene Sorten, unterschiedliche Röstungen und Kaffeeautomaten sorgen für guten Geschmack – aber nicht für ein gutes Gewissen. Nachdem wir uns mit dem aufmunternden Inhaltsstoff Koffein gestärkt haben, befassen wir uns heute mit dem Thema Kaffee.
Ob als Cappuccino, Espresso oder einfach aus der Filtermaschine: Kaffee ist das Lieblingsgetränk der Deutschen. Noch vor Mineralwasser und Bier! Rund zwei Tassen trinkt jeder Deutsche im Schnitt am Tag.
War Ihnen bekannt, dass im August 2001 die Bewohner_innen von vier ugandischen Dörfern im Bezirk Mubende gewaltsam von der ugandischen Armee vertrieben wurden, weil die Regierung das Land der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe für den Aufbau der Kaweri Kaffeeplantage verpachtet hatte? Durch die Vertreibung wurden die Dorfbewohner_innen obdachlos, verloren ihren gesamten Besitz und ihren Zugang zu Ackerland. Einige starben an den Folgen. Bis heute hungern sie infolge der Vertreibung und kämpfen vor Gericht um eine Entschädigung. Die Neumann Kaffee Gruppe hat sich bisher nicht auf die Seite der Vertriebenen gestellt, sondern mit dazu beigetragen, dass sich das seit 2002 geführte Gerichtsverfahren in die Länge zieht.
In allen Kaffee-Anbauländern werden Pestizide in großen Mengen verspritzt. Die schlimmsten Pestizide sind dabei, die man sich vorstellen kann, beispielsweise solche, die von den Behörden als krebserregend eingestuft werden. Im Endprodukt sind diese Pestizide aber nicht mehr nachweisbar. Das hat „Öko-Test“ schon viele Male untersucht. Das sagen auch alle Untersuchungen der Überwachungsbehörden: In dem Kaffee, den wir trinken, und auch in den Kaffeebohnen sind die Gifte nicht nachweisbar. Von den 500 000 Tonnen Kaffee, die in Deutschland jedes Jahr verkauft werden, haben gerade mal gut 8000 Tonnen ein Fairtrade-Label. Das sind nur etwa 1,5 Prozent.
Auf 99 Prozent der Kaffeeplantagen wachsen nur zwei verschiedene Sorten Kaffee: Arabica und Robusta, die im Nachhinein noch vermischt werden. Im Prinzip bekommt der Verbraucher also immer den gleichen Kaffee serviert, egal, welche Marke er kauft. Der einzige Unterschied besteht also nur in der Röstung, im Mischverhältnis der beiden Sorten und in der Qualitätskontrolle. Viele Hersteller lassen ihren Kaffee nur stichprobenartig kontrollieren, was zu starken Qualitätsschwankungen führt.
Kapselkaffee boomt
Dass es Menschen geben soll, die 60 Euro für ein Kilo Kaffee bezahlen, davon berichteten wir ausreichend. Nein, diese Menschen bezahlen nicht für den Geschmack, sondern dafür, dass dieser so schön in Aluminium verpackt ist. Der Kaffee kommt immer öfter aus der Kapsel. 2013 wurden weltweit Kaffee- und Espresso-Kapseln im Wert von 10,8 Mrd. US-Dollar verkauft. Auch in Deutschland hält der große Wachstumstrend für Pad- und Kapselsysteme an. Vor allem der Absatz von Kaffee in Kapseln stieg 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 27 Prozent auf 12 700 Tonnen an. Und 2016 boomt der Kapselkaffee weiter: Knapp ein Drittel der Haushalte haben inzwischen eine Kapsel- oder Padmaschine – obwohl Filterkaffee deutlich günstiger ist. Seit der Nespresso-Hersteller, der das Patent für die Technik besitzt, nicht mehr der einzige Anbieter ist, gibt es diese teuren Kapseln auch beim Discounter und anderen traditionellen Kaffeeanbietern. Das Geschäft mit den teuren Kaffeekapseln boomt. Auf die Idee musste erst mal jemand kommen: Weniger Kaffee für mehr Geld! Siehe Kapselwahnsinn – Kaffee, Tee, Babymilch, Cola und Suppen – Die große Abzocke durch hohe Folgekosten
Kaffee, das braune Gold
Rein statistisch betrachtet trinkt jeder von uns 150 Liter Kaffee im Jahr, also ungefähr einen halben Liter am Tag.
Früher war Kaffee ein Luxusprodukt. Wir erinnern uns noch an die Zeiten, als Oma die hölzerne Kaffeemühle zwischen die Knie klemmte, um die Kaffeebohnen mit der Handkurbel zu mahlen. Dieses duftende Pulver wurde dann in einen Tropfbehälter mit Filtertüte gegeben und aufgebrüht. Der Kaffee duftete herrlich, dazu noch einen gebackenen Kuchen und schon war der Sonntagnachmittag gerettet.
Heute überbieten sich die Supermärkte mit Billigangeboten. Der Kaffee gehört genauso zu den alltäglichen Lebensmitteln wie Wasser und Brot. Sogar die Milch kommt nun als Milchschaum und die Spezialitäten gibt es an jedem Kiosk zu kaufen.
Kaffee und Gesundheit – Acrylamid steckt in Filterkaffee
Kaffee gilt als Muntermacher, soll die Konzentration fördern, aber auch Entwässern und den Blutdruck erhöhen. Dazu erklärt Ernährungsberaterin Christiane Hohl, dass im Kaffee enthaltenes Koffein eine stark anregende Wirkung hat. Bei Menschen, die wenig Kaffee trinken und ihn nicht gewohnt sind, kann tatsächlich sogar kurzfristig der Blutdruck erhöht sein. Man wisse aber inzwischen, dass dies bei Menschen, die an Kaffee gewöhnt sind, nicht der Fall ist, so die Expertin.
Außerdem wisse man inzwischen, dass Kaffee sehr gute Eigenschaften hat. Zum Beispiel enthält er viele Antioxidantien, die freie Radikale im Körper fangen. Dazu kommen Mineralien wie Kalium und Magnesium sowie das sehr wichtige Vitamin B3, auch Niacin genannt, das für viele Stoffwechselvorgänge im Körper wichtig ist.
Unerwünschte Stoffe entstehen beim Rösten wie der als krebserregend bekannte Stoff Acrylamid. Durch langsame und schonende Röstung kann die Bildung jedoch gering gehalten werden.
Der Acrylamid-Gehalt muss übrigens auf der Kaffeepackung nicht angegeben werden. Die meisten Kaffees bleiben aber unter dem zulässigen EU-Grenzwert. Grundsätzlich gilt: Der krebserregende Stoff bildet sich um so weniger, je schonender geröstet wird. Doch gerade große Industrie-Röstereien erhitzen aus Kostengründen die Bohnen oft in kürzester Zeit auf um die 400 Grad. Zu Acrylamid lesen Sie bitte: EFSA warnt: Acrylamid – Krebsgefahr aus Lebensmitteln (Kaffee, Röstkartoffelerzeugnisse, bestimmte Babynahrungsmittel u.v.m
In einer Stichprobe der NDR-Wirtschaftssendung „Markt“ überschreiten vier von acht Filterkaffees den in Deutschland gültigen Signalwert für Acrylamid. Der Stoff steht im Verdacht, krebserregend zu sein.
Mehr dazu lesen Sie hier: http://www.ndr.de/ratgeber/verbrauche…
Dazu auch die Dokumentation – Alles Bohne?
Teurer Kaffee – wie Hersteller bei der Qualität schummeln
Vollendeter Kaffeegenuss, beste Qualität und ausgewählte Bohnen – so werben die Hersteller. Die Reporter von „Vorsicht, Verbraucherfalle!“ finden heraus, was tatsächlich im Pulverkaffee steckt: Pflanzenfaserreste und Stöckchen etwa, fein vermahlen. Und Wasser. So wird der Kaffee gestreckt – auf Kosten der Verbraucher, doch meist ganz legal. „Vorsicht, Verbraucherfalle!“ ist den gesetzlichen Lücken auf der Spur. Und bringt den Herstellern die Fremdstoffe im Kaffee kurzerhand zurück.
Muntermacher oder Laster?
Mit dieser Zubereitungsvariante wurde der Geschmacksvergleich getestet. Dabei treten an:
- Aldi Amaroy für 3,29 Euro pro 500 Gramm,
- Jakobs Krönung für 5,69 pro 500 Gramm,
- Tchibo Beste Bohne für 5,99 pro 500 Gramm,
- Dallmayr Ethiopia für 6,49 Euro und der
- Fairtrade-Kaffee von Darboven für 6,70 Euro pro 500 Gramm.
- Infos aus unter SWR MARKTCHECK beißt zu
Verbraucher bezahlen Wasser im Kaffee mit
Nach dem Rösten werden Kaffeebohnen mit Wasser abgekühlt. Davon bleibt einiges im Filterkaffee: In der Stichprobe lagen die Kaffees von Aldi, Jacobs Auslese und Mövenpick nur knapp unter dem gesetzlichen Grenzwert von fünf Prozent Wasser. Verbraucher bezahlen das Wasser mit – bei Mövenpick zum Beispiel 32 Cent pro Packung. In kleinen Röstereien wird Kaffee häufig noch an der Luft gekühlt. Das dauert länger und ist somit teurer, dafür enthalten luftgekühlte Kaffeebohnen in der Regel nur ein bis zwei Prozent Restwasser.
Nun wird es ekelig: Abfall in gemahlenem Kaffee…und Wasser zahlt man auch mit –
Und wenn Sie wissen wollen – wie viel Müll im gemahlenen Kaffee drin ist, dann schauen Sie sich bitte dieses Video an: Abfall im Kaffee, keine echte Kaffeebohne.
Man trinkt nicht mehr nur zu Hause, man trinkt unterwegs, also „to go“, zum Mitnehmen.
Das Müllproblem lassen wir heute mal außen vor. Obwohl, einige Fakten können ja nicht schaden:
Dieses Bechersyndrom verursacht täglich circa 18 Mio. Coffee-to-go-Becher in deutschen Mülleimern. Diese sind nicht recyclebar und schädigen unsere Umwelt. Jeder Deutsche trinkt, wie schon erwähnt, durchschnittlich 150 Liter Kaffee pro Jahr, davon bereits über 40 % als Coffee-to-go.
Wenn wir dann noch die Kaffeekapseln berücksichtigen, müssen wir uns wirklich fragen, wo dieser Müll noch hin soll! Dann die Rohstoffe, die wir allein schon für diese Bequemlichkeiten benötigen! Schon erstaunlich, wenn wir an frühere Zeiten zurück denken, als Kaffee noch als Spezialität für den Sonntagnachmittag galt und ein Luxusgut darstellte.
Jahrhundert der „Ex und Hopp“- Mentalität
Wir leben in einer Zeit, die wir auch das Jahrhundert der „Ex und Hopp“- Mentalität nennen können. Gerade am Beispiel Kaffee wird es ganz deutlich. Heute sitzt man nicht mehr bei einer Tasse Kaffee, man läuft. Heute mahlt man nicht mehr den Kaffee, nein, man benutzt Kapseln oder Pads. Heute werden Kaffeefilter nicht mehr auf den Kompost geworfen, sondern überall findet man diese Becher irgendwo in der Natur zurückgelassen. Das „Ex-und-Hopp“-Jahrhundert hinterlässt seine Spuren, nicht wie die so-genannten Steinzeitmenschen mit Höhlenmalerei, sondern mit so viel Müll, dass wir uns fragen sollten, wann wir die Grenze erreicht haben, damit wir überhaupt noch Platz zum Wohnen finden. Lesen Sie dazu: „Togo” ist überall – Wir bechern uns durchs Leben
Kaffee – vom Luxusgut zum Billigprodukt – Die Kaffeebarone
Wie schon erwähnt, überbieten sich die Supermärkte mit Kaffee – es gibt in der Tat noch Menschen, die sich Kaffee in herkömmlichen Packungen kaufen. 500 Gramm gibt es bei Aldi etwa für 3,79 €.
Der größte Kaffeeanbieter ist nach wie vor Nestlé, gefolgt von Mondelez (vorher Kraft) und D. E. Master Blenders, Green Mountain und Tchibo. Zu Nestlé haben wir bereits sehr viel geschrieben. Das kann bei uns auf der Webseite nachgelesen werden. Nestlé ist in fast allen Segmenten der Nahrungsmittel Marktführer. Auch zu Mondelez haben wir bereits Informationen zur Verfügung gestellt, die hier entnommen werden können: Das sind die 10 größten Lebensmittelhersteller der Welt!
Zu Tchibo werden wir noch ausführlich berichten, aber in der Liste tauchen zwei Kaffeekonzerne auf, bei denen wir doch erwähnen müssen, um welche es sich handelt. Informationen zu Tchibo finden Sie hier: Wie kam Tchibo zu Kosmetik (Nivea), Klebemittel (Tesa) und Wundpflege (Hansaplast) und was macht Nestlé im Aufsichtsrat?
Aber wussten Sie, dass Mondelez hinter der Kaffeesorte Jacobs Kaffee steckt? Außerdem gehören dazu noch Onko und Kaffee HAG. Und mehr noch: die Familie Reimann, der wiederum Douwe Egberts gehört, hat nun einen neuen Kaffee-Giganten geschaffen, der nicht mehr nur Senseo vertreibt, auch die Jacobs Kaffee-Marken.
Von Kaffee und Parfüms über edle Schuhe bis zu Schmerzmitteln: Das Beteiligungsgeflecht von Deutschlands diskretester Industriedynastie Reimann ist mehr als 30 Milliarden Euro wert. Aber die JAB Holding Company, wie das Unternehmen vollständig heißt, ist noch mehr: ein Familienunternehmen im Besitz der öffentlichkeitsscheuen Reimann-Dynastie und eine neue Art von Anlagegesellschaft für Superreiche, so die Wirtschaftswoche.
Die wichtigsten Marken des Reimann-Reiches – Kaffee:
Carte Noire, Douwe Egberts, Jacobs, Senseo, Tassimo, Kaffeehausketten in den USA: Peet’s, Caribou
Familie Reimann hatte D. E. Master Blenders vom amerikanischen Konzern Sara Lee übernommen, nachdem sie schon zuvor zwei kleinere Kaffee-Hersteller gekauft hatte. Sie verdient ihr Geld ansonsten noch mit Parfum, Kosmetik und Mode.
Die Reimanns sind eine der reichsten Familien in Deutschland und hat ihr Vermögen mit dem Ludwigshafener Spezialchemiekonzern Benckiser und dessen Verkauf an die britische Reckitt Benckiser gemacht. Wenn der Name der Reimanns für viele unbekannt sein sollte, hier einige Produkte der Reimanns: Calgon-Entkalker, Kukident-Zahnprothesenreiniger und Durex-Kondome. Außerdem gehörte zu der JAB Holding der Investmentarm der deutschen Milliardärsfamilie Reimann, die Marken wie Belstaff und Jimmy Choo vertreibt.
Noch vor drei Jahren hatte diese Familie überhaupt nichts mit Kaffee zu tun und wird nun größter Anbieter nach Nestlé. Mit Senseo gehört Douwe Egberts auch die Erfindung von Kaffeepads und ist mit Tassimo einer der schärfsten Rivalen von Nestlé im Kapselgeschäft. Wo Menschen ja bereits 60 € pro Kilo Kaffee bezahlen. Ein ertragreiches Geschäft, wie man sieht.
Keurig Green Mountain Inc. (KGM; vorher Green Mountain Coffee Roasters Inc.) ist ein Großhändler für Kaffee und Zubehör. Er vertreibt diverse Kaffeesorten, die zu ca. einem Viertel den Fair-Trade-Kriterien (gerechte Vergütung der Erzeuger) entsprechen. Etwas unter zehn Prozent der eingekauften Kaffeesorten wurden mit natürlichen Produktionsverfahren (kein Pestizideinsatz) hergestellt. Der Konzern betreibt strategische Kooperationen mit namhaften Kaffeehäusern, u. a. Starbucks. Gegründet wurde sie als Café in Vermont. Siehe Kapselwahnsinn – Kaffee, Tee, Babymilch, Cola und Suppen – Die große Abzocke durch hohe Folgekosten
Das waren nun einige Eckpunkte und Zusatzinformationen zu den einzelnen Kaffeeproduzenten. Auch hier können wir sehen, dass nur einige wenige Konzerne den Preis bestimmen.
Die amerikanische Kaffeekette Starbucks hat sich in den Städten breitgemacht und erfindet immer neue Variationen. McDonald’s hat nun McCafé. Der Schweizer Weltkonzern Nestlé schickt George Clooney als Reklamefigur vor und verkauft gemahlenen Kaffee in Milliarden von Einzelkapseln: Nespresso, what else?
Spielverderber wie wir Netzfrauen weisen auf den Berg von Alu-Müll hin und rechnen den Kilo-Kaffeepreis aus, der bei 60 Euro liegt. Wir brauchen keine blitzenden High-Tech-Maschinen oder sollten den Kaffee „To Sit“ einführen. Nur frisch und schonend gemahlener Kaffee entfaltet sein volles Aroma. Dieses Aroma ist auch gern ein paar Euro mehr wert, denn der sollte möglichst FAIR produziert worden sein. Aber den gibt es nicht für 3,79 € wie bei Aldi zu haben. Wer zahlt den billigen Kaffee? Dazu wollen wir Ihnen heute eine Dokumentation zeigen. Denn Bilder sagen oft mehr aus als viele weitere Worte.
Bittere Ernte – Preis des billigen Kaffees
Der NDR-Autor Michael Höft hat sich auf die Suche nach der Frage gemacht, wer den eigentlichen Preis für den billigen Kaffee zahlt. Er war bei Kaffeeröstern und auf Plantagen. In Brasilien wollte er herausfinden, unter welchen Bedingungen die Arbeiter auf den Plantagen unseren Kaffee ernten. Wie viel Chemie wird auf die Pflanzen gesprüht?
Nach vielen vergeblichen Versuchen gelingt es dem Kamerateam mithilfe eines Insiders schließlich doch noch, auf Kaffeeanbauplantagen im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais zu drehen und mit Plantagenbesitzern zu sprechen. Was Autor Michael Höft auf den Feldern erlebt, übertrifft all seine Erwartungen. In den Giftdepots der Farmer finden sich Unmengen von verschiedenen Pflanzenschutzmitteln, auch hochtoxische Chemikalien, die in Europa längst verboten sind wie das Pestizid Endosulfan. Dieses Nervengift steht im Verdacht, starke Fehlbildungen bei Babys im Mutterleib hervorzurufen, aber auch Krankheiten wie Krebs und Parkinson.
Aber es geht auch anders. Am Ende der Reise besucht das Kamerateam eine Bioplantage. Hier werden keine Pflanzenschutzmittel verwendet und die Arbeiter erhalten fairen Lohn. Aber dafür kostet der Kaffee fast doppelt so viel. Ein Preis, den die meisten Verbraucher bisher nicht bezahlen wollen.
Im Film wird die Neumann-Kaffee-Gruppe aus Hamburg erwähnt. Diese Kaffee-Firma profitiert von der Vertreibung in Uganda. Der ehemalige Entwicklungsministerr Niebel forderte im August 2013 die Helfer der Organisation Fian auf, ihre Menschenrechtsarbeit in Uganda zu Ungunsten eines deutschen Kaffeeproduzenten zu beenden. Im April 2013 berichtete Panorama 3 über Vertreibungen in Uganda. Die „Neumann Kaffee Gruppe” hatte 2001 mit Hilfe der ugandischen Regierung eine neue große Kaffeeplantage im Distrikt Mubende eingerichtet. Dafür mussten viele Siedler weichen. Da sie nicht freiwillig gehen wollten, keine Hilfe und auch, trotz Anrechts, kaum oder gar keine Entschädigung erhielten, blieben sie auf ihrem Land. Wochen später rückte dann die ugandische Armee an, vertrieb die Kleinbauern, zerstörte Häuser, Felder und tötete viele Tiere. Die Plantagenchefs wollen davon bis heute im Vorfeld nichts gewusst haben. [Siehe: Niebel gegen Menschenrechtsgruppe – Entwicklungshilfe – Die deutsche Wirtschaft bereichert sich auf Kosten der Armen]
„Wir Arbeiter produzieren den ganzen Kaffee, doch am Ende bleibt für uns nur ein Grab auf dem Friedhof,“ Zitat einer armen Frau in dem Video, die verzweifelt darüber ist, dass die Pestizide ihren Sohn schwer krank zur Welt kommen ließen und darüber, dass die Arbeiter für unseren Kaffee nicht mal genügend Geld zum Leben bekommen.
In dem Beitrag wurde der Gebrauch von Fungiziden gezeigt. Die Kaffeebohnen werden zur Trocknung ausgelegt und regelmäßig mit Fungiziden besprüht. Nach jedem Regen erneut. Die Plantagen-Betreiber haben viel zu große Angst, dass die Konzerne ihnen den Kaffee nicht abnehmen, dass die Bohnen nicht perfekt aussehen, also sprühen sie, soviel sie können. Alle Verbraucher, die diese Produkte erwerben, sind verantwortlich dafür, dass Menschen wie der Arbeiter in diesem Beitrag, mit 40 Jahren schwer erkranken, ihre Medikamente, zum Teil von Novartis, deren Tochtergesellschaft die Pestizide herstellt, nicht bezahlen können. Denn auch an den Folgen dieser Gifte wollen die Konzerne noch verdienen.
Dieser Raubbau an der Natur und die schlimmen Arbeitsbedingungen in den Anbauländern geht schon lange viel zu weit. Ackerland wird von den Konzernen aufgekauft und die dort lebenden Menschen werden vertrieben. Nur um billiger produzieren zu können. Die Konzerne zerstören die Lebensräume mit Anbau von Monokulturen und dies in nur wenigen Jahren. Den Menschen, die dort einst selbst für ihre Lebensgrundlage sorgten, indem sie die Ackerflächen nutzten, bleibt nur noch, für einen Hungerlohn auf diesen Plantagen zu arbeiten.
So beginnt ein Kreislauf mit negativen Folgen: Die dortigen Menschen sind verzweifelt, denn sie sind nicht mehr in der Lage, ihre Familien zu ernähren. In der Hoffnung, bessere Arbeit zu finden, ziehen sie dann in die Städte. Die ehemaligen Bauern produzieren nun keine Nahrungsmittel mehr auf ihren Feldern, denn diese werden ja für den Kaffee benötigt. Wenn also keine Nahrungsmittel mehr produziert werden, müssen Lebensmittel aus dem Ausland eingeführt werden, und das übernehmen dann diese Konzerne, die vorher die Ländereien durch Monokulturen zerstört haben oder diese noch verwenden. Damit diese Lebensmittel auch noch günstig sind, werden sie subventioniert. Das bedeutet mit den Steuergeldern. Und damit schließt sich der Kreis. Letztendlich sind wir mit unserem Handeln dafür verantwortlich, was auf dieser Welt passiert. [Siehe: Geiz ist NICHT geil – Wie an europäischen Lebensmitteln die Welt verhungert]
Diesen Kreislauf heißt es zu durchbrechen und dies können wir nur schaffen, wenn wir fordern, denn wer nichts fordert, bekommt auch nichts.
Bitte schauen Sie sich das folgende Video an. Es wird genau beschrieben, was in Uganda auf den Kaffeeplantagen geschieht:
Neumann Kaffee Gruppe (Hamburg): Vertreibung von Bauern für den Kaffee-Import in Uganda
Geschäfte ohne Rücksicht auf Verluste? – Alternativ Hafenkonferenz (Hamburg 30. /31. Mai 2015 )
Im August 2001 wurden die Bewohner_innen von vier ugandischen Dörfern im Bezirk Mubende gewaltsam von der ugandischen Armee vertrieben, weil die Regierung das Land der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe für den Aufbau der Kaweri Kaffeeplantage verpachtet hatte. Durch die Vertreibung wurden die Dorfbewohner_innen obdachlos, verloren ihren gesamten Besitz und ihren Zugang zu Ackerland. Einige starben an den Folgen.
Bis heute hungern sie infolge der Vertreibung und kämpfen vor Gericht um eine Entschädigung. Die Neumann Kaffee Gruppe hat sich bisher nicht auf die Seite der Vertriebenen gestellt, sondern mit dazu beigetragen, dass sich das seit 2002 geführte Gerichtsverfahren in die Länge zieht. Zu Beginn des Panels wurde der Film „Der Fall Mubende“ (30 Min, 2015, Enger Filmproduktion) gezeigt.
Referent: Peter Kayiira Baleke
(Sprecher der Vertriebenen der Kaweri-Kaffeeplantage)
Wir fordern mehr Rücksichtnahme auf die Arbeiter weltweit. Ausbeutung muss Schnee von gestern sein. Diese gesundheitsschädlichen Gifte müssen global verboten werden und diese Monopolisierung der Konzerne, die sowohl das Saatgut, die dazugehörigen Pestizide und anschließend auch noch die Medikamente für die daraus entstehenden Krankheiten vertreiben, müssen verboten werden.
Nur einige wenige Konzerne entscheiden darüber, was wir kaufen, wie es produziert wird und wie hoch der Preis ist, aber ganz viele Verbraucher entscheiden, ob es gekauft wird. Wir entscheiden!
Mit diesem Satz schließen wir diesen Beitrag und trinken nun eine fair gehandelte, frisch gemahlene und aufgebrühte Tasse Kaffee in der Hoffnung, dass Sie sich uns anschließen werden.
© Netzfrau Doro Schreier
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