Claudia Neumann soll das EM Finale kommentieren

Sport 1Claudia Neumann kommentiert für das ZDF Fußballspiele und das ist gut so. Kennen Sie Sabine Töpperwien? Seit 2001 ist sie Sportchefin von WDR 2, dem Radiosender, der federführend für die Fußball-Bundesligaübertragung ist. Bis heute ist Sabine als Reporterin in den Hörfunkübertragungen zu hören und sie macht ihre Sache super. Seit der Fußball-Weltmeisterschaft 1994 in den USA war sie bei allen Fußball-Großereignissen als Journalistin für das Radio tätig. Seit 1989 ist Sabine bei den Bundesligaspielen als Kommentatorin nicht mehr wegzudenken. Ein Ohrenschmaus für jeden Fußballfan, wenn in der Bundesligakonferenz Sabine die spannende Situation auf dem Rasen schildert. Wenn also Hetzkampagnen beim ZDF wegen Claudia Neumann als Kommentatorin auftauchen, muss Mann/Frau sich fragen, ob das überhaupt Fußballfans sind. Den richtigen Fans muss Sabine bekannt sein. Sabine ist live im Stadion und kommentiert Partien wie Gladbach gegen Bremen oder andere Spiele. Sie ist nicht mehr die einzige Frau, die die Bundesliga kommentiert, Martina Knief vom Hessischen Rundfunk ist ebenso regelmäßig zu hören. 

Mit Claudia Neumann ist eine weitere Frau mit am Start und das ist auch gut so. Die Journalistin Claudia Neumann war die erste Frau, die am 11. Mai im deutschen Fernsehen mit Wales gegen Slowakei ein Spiel einer Männer-EM kommentiert hat. Die Partie Italien gegen Schweden in Toulouse war ihr zweiter Einsatz in Frankreich. Die Sportjournalistin hat übrigens bereits als erste Frau bei der Frauen-Fußball-WM2011 kommentiert.

Zwei EM-Spiele hat Claudia Neumann für das ZDF kommentiert, zweimal musste sie danach einen sexistischen Shitstorm über sich ergehen lassen. Das ZDF setzt sich zur Wehr – einen dritten Einsatz wird es für Neumann allerdings nicht geben. Warum nicht? Jetzt erst recht:  „Beim heutigen EM Finale kommentiert für Sie Claudia Neumann“ ! Genau, das fordern wir!

Nach „Fifa 16“-Shitstorm: US-Frauenteam eines der meistgespielten Fußballteams!

Als Electronic Arts ankündigte, mit „Fifa 16“ erstmals Frauenteams in die populäre Fußballspielserie zu integrieren, liefen die Foren und sozialen Medien heiß. Der Hersteller wurde von Tausenden Fans wüst beschimpft und die Einführung weiblicher Athleten vielfach mit sexistischen Kommentaren überschüttet. Die am häufigsten genannten Argumente der Kritiker: EA solle sich lieber auf die Verbesserung der Kernspielelemente konzentrieren und mit Frauenteams würde sowieso niemand spielen. Zwei Monate nach dem Marktstart zeichnet sich allerdings ein anderes Bild. Wie EA-COO Peter Moore im Dezember 2015 bekanntgab, belegt das weibliche US-Nationalteam weltweit den 23. Rang von insgesamt 600 spielbaren Teams in „Fifa 16“ und lässt damit zwar keine Top-Clubs wie Barcelona oder Arsenal, aber zahlreiche starke Erstligisten und männliche Nationalteams hinter sich.

Nur wenige interessieren sich für die Leistungen der Damen, obwohl die ziemlich erfolgreich sind. Insgesamt wurden die Nationalspielerinnen schon zwei Mal Weltmeister und acht Mal EM-Sieger. Sie zählen zu den besten Mannschaften der Welt.

Bei der Fußballweltmeisterschaft der Männer 2014 stand die ganze Nation Kopf. Alle fieberten mit Schweini und Co. Jeder Sieg wurde frenetisch gefeiert. Die Frauen-WM 2015 hingegen erhielt deutlich weniger Aufmerksamkeit von Medien und Fußballfans. Und nicht nur das, die Weltmeisterinnen aus den USA erhielten nur 2 Million Dollar Siegesprämie, die Männer hingegen bekamen 2014 sogar 33 Millionen Dollar mehr, also 35 Millionen Dollar. Nun ja, die FIFA ist eh in Ungnade gefallen – mit all ihren Skandalen, die nun häppchenweise serviert werden.

Die Fußballweltmeisterinnen aus den USA nahmen nicht einfach mehr diesen Unterschied zwischen Mann und Frau hin und ließen Taten folgen.Sie sorgten weltweit für Schlagzeilen, denn anstatt sich einfach nur für den WM-Titel 2015 bejubeln zu lassen, machten sie auf die Ungerechtigkeit bei der FIFA aufmerksam. Der unverblümte, mittlerweile zurückgetretene FIFA EX-Präsident Sepp Blatter wurde einst zitiert mit den Worten, dass im Frauenfußball kürzere Shorts getragen werden sollten, um die Beliebtheit des Spiels zu erhöhen.

„Wir sollten nicht weiter entscheiden, wer wichtiger ist, unsere Söhne oder unsere Töchter, unsere Ehemänner oder unsere Ehefrauen, sondern dass Menschen gleich behandelt werden sollten“, sagte Deborah Skinnner Larkin von der Nationalen Stiftung für Frauensport. FIFA, der Veranstalter des World Cup, sagt, das Preisgeld hinge von den Einkünften ab.

Vor fünf Jahren brachte die Frauen-Weltmeisterschaft fast 73 Millionen Dollar ein. Die WM der Männer 2010 in Südafrika generierte fast 4 Milliarden. Jene Spieler erhielten 348 Millionen oder 9 Prozent der gesamten Einnahmen. Die Damenmannschaft bekam mit 13 Prozent einen höheren Prozentsatz, aber die Endsumme war immer noch viel geringer, nämlich 10 Millionen.

Wir brauchen mehr männliche Verbündete, die sagen, dass das nicht akzeptabel ist,“ sagte Larkin. Siehe: #Equal Pay – FIFA Siegesprämie: Weltmeisterinnen $2 Millionen – Weltmeister $35 Millionen

Seit Jahren kämpfen wir Frauen doch für Gleichberechtigung. Aber gerade im Sport zeigt sich, dass es gar keine Gleichberechtigung gibt.

Die Damen in der Bundesliga verdienen im Monat durchschnittlich 800 Euro. Ein männlicher Kollege würde über diese Summe wohl nur müde lachen. Hummels, Schweinsteiger und die anderen Stars der Liga sahnen im Schnitt eine Million pro Arbeitsjahr ab.

2014/15 gewannen in Deutschland bei den Frauen und den Männern erstmals die selben Vereine die nationalen Titel. Doch die Unterschiede sind noch immer groß: Während der Etat der Bayern-Damen geschätzt bei rund 1 Mio Euro liegt, umfasst er bei den Herren geschätzt rund 200 Mio. In Wolfsburg liegen die Damen bei gut 3 Mio, die Herren bei etwa 90 Mio.

Es sind vorwiegend Männer, die im Frauensport entscheiden.

Bereits in den Sechzigern beschäftigte man sich mit der Gleichberechtigung im Sport. Die Frau galt von je her als schwach. Frauen durften  nicht an einem schweißtreibenden Sport teilnehmen. Sportliche Wettkämpfe entsprachen nicht dem gängigen Bild vom Wesen einer Frau. Siegeswille und Durchsetzungsvermögen galten als männliche Attribute.

Aus 1965 (!) „Auch die Sportmedizin, die ein gewichtiges Wort im Frauensport spricht, hat fast ausschließlich männliche Vertreter. Die Argumente gegen einen extremen Leistungssport der Frau, aber auch gegen den Langstreckenlauf und andere Ausdauer- und Kraftsportarten, scheinen biologisch fundiert: Die Frau sei schon nach ihrem Körperbau für den Sport weniger geeignet als der Mann, sie sei kleiner, leichter und schwächer; ihre Muskulatur sei weniger trainierbar, und kräftig entwickelte Muskeln seien ihrer Schönheit abträglich; ihre Lebensaufgabe als Mutter und Gattin werde durch Wettkampfsport gestört.“

Professorin Metheny von Universität Los Angeles befasste sich schon vor über 50 Jahren speziell mit dem „Image“ der Frau in den USA. Warum gibt es fast nur schwarze Läuferinnen in den USA, warum kaum eine weiße Hürdenläuferin, Diskus- oder Speerwerferin? Weil das gesellschaftliche „Image“ der weißen Frau in den USA solche Tätigkeiten nicht zuließ. Sie würde dabei ihre Heiratschancen verlieren und ihr Sozialprestige. Sie kam zu dem Fazit, dass die griechische Mythologie immer noch eine Rolle spielt.

  1. Ihrem Ideal von Supermännlichkeit entsprachen: Zeus, Poseidon, Ares, Apollo, Hermes, Hephaistos und die Halbgötter Herakles und Theseus.
  2. Entsprechend werden die weiblichen Tugenden (und Laster) der Göttinnen: Demeter, Hera, Hestia, Athene, Aphrodite und Artemis dargestellt.

Den griechischen Göttinnen fehlt es an körperlicher Stärke. Artemis ist intelligent und Athene ist geschickt, aber als Frauen ziehen sie die Männer nicht an. Demeter ist die magna mater terrae, der Grund, aus dem neues Leben kommt und wächst. Hera ist als Gehilfin des Zeus gezeichnet, ihm untergeordnet, wenn sie auch von Zeit zu Zeit gegen ihn rebelliert. Hestia, die Schwester des Zeus, ist das Heimchen am häuslichen Herde, die selbstlose Jungfer. Sie alle kommen für das moderne Image der Frau wenig in Frage.

Ganz anders dagegen Aphrodite, die Göttin der Schönheit, von allen Männern bewundert und geehrt. Aber sie kann auch grausam und verräterisch sein. Sie verlangt Tribut von ihren Bewunderern. Wehe dem Mann, der ihr Begehren nach Bewunderung nicht befriedigen kann. Auch der moderne Mann will der Aphrodite nicht auf dem Sportplatz begegnen.

Nun zu den Hetzkampagnen beim ZDF wegen Claudia Neumann.

Quelle Twitter

Quelle Twitter

An die Hetzer: Kennen Sie sich in der griechischen Geschichte aus? Solche Männer wie Sie wünschen sich immer noch, wie Herkules zu sein, doch wäre Herkules so gewesen wie Sie, dann hätte Hera ihn nie mit ihrer Tochter Hebe, der Göttin der Jugend, vermählt. Und Aphrodite, die Göttin der Schönheit, die bekanntlich grausam sein konnte, hätte kurzen Prozess mit Ihnen gemacht. Wenn Sie sich einen Gefallen tun wollen, dann sollten Sie mit Ihrem Kommentar nicht zeigen, dass Männer heute alles andere sind als modern, das macht sich gar nicht gut. Denn es gibt heute wesentlich mehr Aphroditen, wie Sie es sich wünschen – soviel zu der griechischen Mythologie. Ach ja , Herkules starb grausam – erlangte aber die Unsterblichkeit.

Sport6

Quelle Twitter

Viele der Hetzer sind auch uns bekannt. Immer wieder erleben wir, dass man(n) uns rät, wieder hinter den Herd zu gehen. Wir antworten, dass hinter dem Herd die Mauer ist, da wir eine Einbauküche haben.

Petition: Claudia Neumann soll das EM Finale kommentieren

 Petition richtet sich an ARD / ZDF

Nach jedem EM-Vorrundenspiel, das durch Claudia Neumann kommentiert wurde, ergießt sich ein Schwall von Chauvinismus & Hasskommentaren über die Kanäle der Social Media, insbesondere des ZDF.

Bei der Frage, wer ein Fußballspiel im Fernsehen kommentieren darf, scheint Vieles möglich zu sein. In vielen Köpfen gehören Frauen aber scheinbar nicht dazu.

Im Jahr 2016 darf es auch bei einer Fußball-EM der Herren keinen Platz für Chauvinismus und Sexismus geben.

Die Fähigkeit, ein wichtiges Fußballspiel zu kommentieren, ist keine Frage des Geschlechts, sondern eine Frage der Kompetenz.

ARD & ZDF haben mit der Kommentierung des EM Finales durch Claudia Neumann die Möglichkeit, ein deutliches Zeichen für die Gleichberechtigung zu setzen.

Die Unterzeichner dieser Petition sprechen sich dafür aus, dass Claudia Neumann das EM-Finale kommentiert (auch wenn das Finale von der ARD übertragen wird, Claudia Neumann aber zum Team des ZDF gehört).

Bitte hier unterzeichnen:  Petition unterschreiben
21 876 Unterstützer/innen haben bereits unterzeichnet.

Offener Brief

Hasskommentare nicht hinnehmen

Der DJV fordert den ZDF-Intendanten Bellut und den ZDF-Fernsehrat auf, auch juristisch gegen die Hasskommentar-Verfasser vorzugehen, die die Sport-Journalistin Claudia Neumann beleidigen.

Neumann hat bislang zwei Spiele während der Fußball-EM der Männer in Frankreich kommentiert und wird deswegen mit unzähligen frauenfeindlichen und hasserfüllten Kommentaren überschüttet.

Der Fachausschuss Chancengleichheit und der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall hatten bei der gestrigen Fachausschuss-Sitzung daher einen offenen Brief an den Intendanten und den Fernsehrat des ZDF formuliert, in dem sie diese auffordern, die frauenfeindlichen, entwürdigenden und gewaltandrohenden Äußerungen auch juristisch prüfen zu lassen und ggf. rechtliche Schritte einzuleiten.

„Es ist gut, dass das ZDF sofort reagiert und Stellung bezogen hat gegen die Kommentare. Aber wir erwarten auch, dass die Verfasser im Rahmen juristischer Möglichkeiten zur Verantwortung gezogen werden“, fordert Mechthild Mäsker, Vorsitzende des DJV-Fachausschusses Chancengleichheit. „Gerade der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist hier in der Pflicht, ein deutliches Signal zu setzen“. Quelle 

Sollte der Shitstorm gegen Claudia Neumann nicht Anlass dafür sein, dass wir Frauen nach unseren Leistungen bewertet werden und nicht nach Geschlecht? Die moderne Hippolyte wird selber entscheiden können, was sie tun soll und darf, auch im Sport.

Wir bitten ARD und ZDF jetzt erst recht darum, dass Claudia Neumann das EM Finale kommentieren soll.

„Mehr Stolz, ihr Frauen! Wie ist es nur möglich, dass ihr euch nicht aufbäumt gegen die Verachtung, die euch noch immer trifft. – Auch heute noch? Ja, auch heute noch. (…) “
Hedwig Dohm (1831-1919), deutsche Schriftstellerin, Publizistin, Dramatikerin und Frauenrechtlerin

Netzfrau Doro Schreier

#Equal Pay – FIFA Siegesprämie: Weltmeisterinnen $2 Millionen – Weltmeister $35 Millionen

Frauenarmut – man hat uns einfach vergessen

Abtreibung – eine Frage des Geschlechts

Equal Pay Day – hurra – heute erinnert man sich an uns Frauen – und immer noch gleiche Arbeit weniger Lohn!

Pressefreiheit in Gefahr – auch in Deutschland werden Blogger angegriffen, zum Beispiel von N24 aus dem Hause Springer

Korruption, Menschenrechtsverletzungen – Fußball-WM in Katar droht zum Skandal-Event zu werden!

Die EM2016 als Werbeveranstaltung! Wenn der Ball rollt, steigt der Umsatz von Coca Cola und damit auch das Risiko, krank zu werden

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