Türkei – die Hölle auf Erden für Journalisten – Paradox: EU zahlte Türkei über 400 Mio. Euro für Justiz und innere Angelegenheiten!

Türkei9#FreeErol  #FreeSebnem  #FreeAhmet – Wir sind entsetzt über die Verhaftung des langjährigen Korrespondenten der Organisation, Reporter ohne Grenzen –  Erol Önderoglu, am 20. Juni 2016. Ein Gericht in Istanbul verurteilte den Journalisten und Menschenrechtsaktivisten am Montag wegen angeblicher Terrorpropaganda, weil er eine pro-kurdische Zeitung unterstützt hatte.

Auch Amnesty International fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung von Erol Önderoglu und von Sebnem Korur Fincancı, der Präsidentin der türkischen Menschenrechtsstiftung TIHV, und dem Schriftsteller und Aktivisten Ahmet Nesin. Sie wurden ebenfalls in Haft gesetzt.

Die Pressefreiheit wurde zu Grabe getragen, schrieben wir Netzfrauen im März, nachdem die regierungskritische Zeitung «Zaman» und auch die mit dem Blatt eng verbundene Nachrichtenagentur Cihan unter staatliche Zwangsaufsicht gestellt worden war. Danach folgte der ARD-Fernsehkorrespondent Volker Schwenck des SWR , der von türkischen Behörden am 19. April 2016 festgesetzt wurde.

Im Mai verurteilte ein Gericht in Ankara die Journalisten Can Dündar und Erdem Gül von der Zeitung Cumhuriyet. Dündar wurde wegen der Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen zu fünf Jahren und zehn Monaten sowie Gül zu fünf Jahren Haft verurteilt. Während des Prozesses gab ein Attentäter in einer Prozesspause mehrere Schüsse auf Dündar ab, verfehlte aber den Journalisten. Ein Fernsehreporter wurde durch einen der Schüsse leicht am Bein verletzt..

Über den Vorwurf angeblicher Verbindungen zu einer Terrororganisation muss nun noch in einem separaten Verfahren entschieden werden. Ende Mai 2015 hatte Cumhuriyet Belege für eine Beteiligung des türkischen Geheimdienstes an Waffenlieferungen an Islamisten in Syrien veröffentlicht.

Auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen hat sich die Türkei zuletzt auf Platz 151 von 180 Staaten verschlechtert. Während der gewaltsamen Proteste rund um den Gezi-Park 2013 wurden Journalisten sowohl von Demonstranten als auch von Sicherheitskräften gezielt angegriffen. Strenge Internetgesetze ermöglichen das Blockieren kritischer Webseiten. Im März 2014 ließ die Regierung vorübergehend Twitter sperren.

Die jetzigen Vorgehen sind keine Einzelfälle. Schon Ende Oktober hatte die Staatsanwaltschaft den regierungskritischen Medienkonzern Koza Ipek unter staatliche Aufsicht gestellt, zu dem die Fernsehsender Kanaltürk und Bugün TV sowie die Zeitung Bugün gehören.

Nachdem der Bundestag die Armenien-Resolution beschlossen hatte, reagierte die Türkei heftig, zog ihren Botschafter aus Berlin ab und drohte mit weiteren Konsequenzen. Ankara leugnet bis heute den Völkermord an Hunderttausenden Armeniern vor hundert Jahren. Der Bundestag hatte die Vertreibung der Volksgruppe hingegen als Genozid bezeichnet.

Wie weit darf ein Mann gehen, den man einen „Verbündeten“ nennt und in dessen Land die Gewalt eskaliert – Gewalt, die auch auf unsere Straßen überspringen könnte? Einem Mann, der verspricht, seine Kampfjets gegen den IS-Terror starten zu lassen, dessen Bomben jedoch seit Monaten ganz andere treffen und die Arbeit von Journalisten behindert?

Paradox: die Türkei erhielt von der EU schon über 400 Millionen Euro im Jahr 2011 und 2012 für – man staune – den Bereich Justiz und innere Angelegenheiten.

Türkei

Türkei

Bei der Zusammenarbeit mit der Türkei, dem Land mit dem höchsten indikativen Budget, liegt ein Schwerpunkt auf Reformen in den Bereichen Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit (Unabhängigkeit der Justiz, Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismus) und Grundrechte (Gleichberechtigung, Minderheitenschutz). Dieser Politikbereich wird mit 1581 Mio. Euro unterstützt. Aktuelles Thema ist ein zielgerichteter Mitteleinsatz für das Management der Migration im Hinblick auf die Syrienkrise. In wirtschaftlicher Hinsicht stehen die Themen Umwelt (Wasser, Abwasser), Verkehrsverbindungen, Förderung von Verkehrsmitteln mit niedrigem Schadstoffausstoß, Energieeffizienz und erneuerbare Energien sowie Wettbewerbsfähigkeit im Fokus. Hierfür sind 1526 Mio. Euro vorgesehen. Für den Politikbereich Bildung, Beschäftigung und Sozialpolitik (u. a. Förderung der Einbeziehung von Frauen, Jugendlichen und benachteiligten Gruppen) sind es 435 Mio. Euro, für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung 912 Mio. Euro. Mehr Informationen- Finanzielle Hilfe: Milliarden Euro für EU-Beitrittskandidaten (incl. Türkei) und neue Grenzzäune

Can Dündar, der regierungskritische Chefredakteur der Zeitung „Cumhuriyet“, der kürzlich zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt wurde und auf den auch ein Anschlag verübt wurde, hielt sich am Dienstag in Brüssel auf, um sich in Europa Gehör zu verschaffen. Geplant war auch ein Treffen mit dem Präsidenten des EU-Parlaments, Martin Schulz. „Die Türkei ist die Hölle auf Erden für Journalisten“, sagte Dündar vor Journalisten. Dündar und sein Kollege Erdem Gül wurden vor einem Monat wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente von einem türkischen Gericht verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Auf Grund des Deals getraue sich kaum jemand in der EU, seine Stimme gegen die Türkei bzw. Erdogan zu erheben. Das sei beschämend und mache ihm Angst, sagte Dündar, der auf Einladung der Grünen-Fraktionschefin im EU-Parlament, Rebecca Harms, nach Brüssel gereist war. An ein Zustandekommen des Deals glaubt der Journalist ohnehin nicht. Für die Visaliberalisierung verlangt die EU von der Türkei 72 Bedingungen, von denen einige noch nicht erfüllt sind. Es spießt sich vor allem an einer Änderung der Terrorgesetze in der Türkei. Erdogan will sich hier nicht bewegen. „Dank dieser Gesetze kann er Kritiker wie mich bestrafen“, sagte Dündar.

Wir Netzfrauen haben zu dem Deal EU-Türkei erst heute den Beitrag: Flüchtlingskrise Libanon: Während Türkei Milliarden Euro erhält – geht Libanon leer aus veröffentlicht.

Human Rights Watch erhebt schwere Vorwürfe gegen Türkei

Die Türkei hält die Grenze zu Syrien nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) seit August 2015 geschlossen. Syrische Flüchtlinge können deswegen nicht mehr legal ins Nachbarland kommen. HRW hat den türkischen Grenzschützern mehrfach vorgeworfen, Gewalt gegen fliehende Syrer anzuwenden, obwohl das Land offiziell eine „Politik der offenen Tür“ verfolge.

Den Menschenrechtsbeobachtern zufolge wurden dabei seit Anfang des Jahres 60 Syrer erschossen. Erst vor ein paar Tagen berichteten wir: Türkei erschießt elf Flüchtlinge aus Syrien, auch Frauen und Kinder! – Turkish border guards ’shot Syrian children‘. Bereits im Mai 2016 berichtete die regierungsnahe Zeitung „Yeni Safak“, dass die Türkei an der Grenze zu Syrien eine Selbstschussanlage zum Schutz vor illegalen Grenzübertritten baue. Dabei handele es sich um „intelligente Wachtürme“, die mit Wärmebildkameras und Maschinengewehren ausgerüstet seien.

Zusätzlich bekommt die Türkei in diesem Jahr noch einmal eine Erhöhung von 36 auf 50 Millionen Euro Entwicklungshilfe! Siehe Erdogans Doppelspiel wird mit Millionen Euro Entwicklungshilfe belohnt

Erneut schwerer Schlag gegen die Pressefreiheit in der Türkei

„Es ist unfassbar, dass die Türkei nicht einmal davor zurückschreckt, ihre zutiefst undemokratischen Antiterrorgesetze gegen derart prominente Verteidiger der Pressefreiheit einzusetzen“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. „Önderoglu arbeitet seit 20 Jahren für Reporter ohne Grenzen. Wir fordern die sofortige Freilassung unseres Korrespondenten und aller anderen in der Türkei inhaftierten Journalisten.“

Anklage gegen mehr als 30 Journalisten

Neben Önderoglu wurden am Montag auch die Vorsitzende der türkischen Menschenrechtsstiftung, Sebnem Korur Fincanci, und der Journalist und Autor Ahmet Nesin verhaftet. Zusammen mit 31 weiteren Journalisten sind sie angeklagt, weil sie sich an einer Solidaritätsaktion für die pro-kurdische Zeitung Özgür Gündem beteiligt hatten. Seit dem Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai hatten diverse Prominente symbolisch für einen Tag den Posten der Chefredaktion übernommen, um ihre Solidarität mit der Zeitung zu demonstrieren, die unter immer stärkerem Druck der Behörden steht.

Am 18. Mai veröffentliche Erol Önderoglu zudem mehrere Artikel in Özgür Gündem, die sich mit Machtkämpfen innerhalb der türkischen Sicherheitskräfte und dem Vorgehen der Behörden gegen kurdische Rebellen in Südost-Anatolien beschäftigen. Zwei Tage später wurde Anklage gegen ihn erhoben. Die Staatsanwaltschaft stützt sich dabei auf die umstrittenen Antiterrorgesetze, welche die türkische Regierung in großem Stil nutzt, um Kritiker und Oppositionelle mundtot zu machen.

Erol Önderoglu ist seit 1996 Korrespondent und Repräsentant von Reporter ohne Grenzen in Istanbul. Er verfasst Berichte über den Stand der Meinungsfreiheit in der Türkei für die unabhängige türkische Nachrichtenseite Bianet, arbeitet regelmäßig mit der OSZE zusammen und ist Mitglied im Vorstand von IFEX (International Freedom of Expression Exchange), einem weltweiten Netzwerk von NGOs, die sich für die Meinungsfreiheit einsetzen. Siehe Reporter ohne Grenzen 

Petition von «Reporter ohne Grenzen»

Sehr geehrter Herr Botschafter Karslıoğlu,

ich bin entsetzt über die Verhaftung des langjährigen Türkei-Korrespondenten von Reporter ohne Grenzen, Erol Önderoglu!

Önderoglu ist seit 1996 Korrespondent und Repräsentant von Reporter ohne Grenzen in Istanbul. Er verfasst Berichte über den Stand der Meinungsfreiheit in der Türkei für die unabhängige türkische Nachrichtenseite Bianet, arbeitet regelmäßig mit der OSZE zusammen und ist Mitglied im Vorstand von IFEX (International Freedom of Expression Exchange), einem weltweiten Netzwerk von NGOs, die sich für die Meinungsfreiheit einsetzen.

Bitte setzen Sie sich für die Freilassung von Erol Önderoglu ein. Es ist unfassbar, dass die Türkei nicht einmal davor zurückschreckt, ihre zutiefst undemokratischen Antiterrorgesetze gegen derart prominente Verteidiger der Pressefreiheit einzusetzen.
Ich fordere die sofortige Freilassung von Erol Önderoglu und aller anderen in der Türkei inhaftierten Journalisten.

Mit freundlichen Grüßen
[IHR NAME / INSTITUTION wird hier eingefügt]

Wir fordern die Freilassung von Erol Önderoglu, Sebnem Korur Fincancı und Ahmet Nesin und unterstützt die Petition #FreeErol von «Reporter ohne Grenzen».

Missbrauch des «Anti-Terror-Gesetzes

Amnesty International erachtet die Anklage und Haftanordnung als rein politisch motiviert. Die Verhaftung der drei AktivistInnen ist ein weiterer, erschreckender Fall der willkürlichen  Anwendung eines viel zu weit gefassten «Anti-Terror-Gesetzes» in der Türkei, auf Grund dessen in den letzten Jahren und Monaten zahllose Verfahren gegen kritische Stimmen angestrengt worden sind. Dies gilt insbesondere für jede von der offiziellen Darstellung abweichende Berichterstattung und Meinungsäußerung zu den Militäroperationen im Südosten der Türkei. Die Justizorgane werden dabei mehr und mehr zu einem Repressionsinstrument der Regierung. Siehe Amnesty International 

Schlag gegen langjährige Menschenrechtsverteidiger

Amnesty International glaubt, dass Önderoglu und Fincancı auf Grund ihres langjährigen und prominenten Engagements für die Menschenrechte ins Visier der Behörden gerieten. Fincancı hatte als Präsidentin der türkischen Menschenrechtsstiftung TIHV unlängst Menschenrechtsverletzungen im Zuge der Militär- und Polizeioperationen im kurdischen Südosten der Türkei angeprangert. Önderoglu berichtete als Vertreter von «Reporter ohne Grenzen» in der Türkei und Mitarbeiter des unabhängigen Nachrichtenportals «Bianet» seit Jahren über Repressalien gegen JournalistInnen. Auf Einladung der Schweizer Sektion von Amnesty International trat er erst kürzlich in der Schweiz an drei öffentlichen Veranstaltungen auf.

Türkei und ausländische Journalisten

Einreiseverbote der Türkei auch gegen Bürger westlicher Staaten gibt es immer wieder, wie jetzt auch die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke bestätigt bekam, die zum Thema eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt hatte. Demnach wurden der Bundesregierung in den vergangenen fünf Jahren 29 Personen bekannt, die von den türkischen Behörden an der Einreise in die Türkei gehindert wurden und nach Deutschland oder ins benachbarte Ausland zurückgewiesen wurden. „In den meisten Fällen wurde dies begründet mit dem Verdacht, die Einreisewilligen stünden mit der PKK in Verbindung“, erklärte dazu Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt.

Eine Statistik zu Einreiseverboten führt die Bundesregierung nicht, doch sind ihr allein sechs Einzelfälle bekannt geworden, in denen Journalisten oder andere Medienbeschäftigte betroffen waren. Grundsätzlich gilt ein Einreiseverbot laut türkischem Ausländergesetz für maximal fünf Jahre, kann aber „aus besonderen Gründen der öffentlichen Sicherheit“ um bis zu zehn Jahre verlängert werden, berichtete Der Tagesspiegel. 

Wir berichteten schon mehrfach über zahlreiche Anschuldigungen gegen Erdogan und seine Familie in Anbetracht deren Beteiligung an diversen Verbrechen. Dazu gehört auch die Unterstützung des Islamischen Staates, einer terroristischen Organisation, die einen unmittelbaren Affront gegen den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen darstellt. Gegen Bilal Erdogan, Sohn des türkischen Präsidenten, wird wegen Geldwäscheverdacht ermittelt. Siehe: Noch mehr Skandale um Erdogans Familie – Erdogan’s Family Caught in New Scandal First appeared

Wie bereits in unserem Beitrag Erdogan FAMILY will Onassis überholen – Treffen Sie den Mann, der ISIS finanziert: Bilal Erdogan, der Sohn des türkischen Präsidenten erwähnt, taucht immer wieder ein Name auf, der scheinbar Hauptagitator im Handel mit dem ISIS-Öl ist: der Name des Sohns des türkischen Präsidenten Reep Erdogan: Bilal Erdogan. In dem Beitrag hatten wir uns auch die Schiffsflotte der Söhne des Ministerpräsidenten angeschaut und festgestellt: Der Erdogan-Clan will Onassis überholen – Fracht: Öl.

Wie weit darf ein Mann gehen, den man einen „Verbündeten“ nennt und in dessen Land die Gewalt eskaliert – Gewalt, die auch auf unsere Straßen überspringen könnte? Ein Mann, der verspricht, seine Kampfjets gegen den IS-Terror starten zu lassen. dessen Bomben jedoch seit Monaten ganz andere treffen und die Arbeit von Journalisten behindert?

Netzfrauen

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