Der Aufschrei ist groß, nachdem bekannt wurde, dass die Türkei angeblich den Sex mit Minderjährigen legalisiert hat. Mittlerweile werden sogar wegen Vorwürfen gegenüber der Türkei einzelne Botschafter einbestellt. In der Türkei wurde beim Verfassungsgericht die Entscheidung getroffen, dass sexuelle Handlungen, bei denen 12- bis 15-Jährige beteiligt sind, nicht mehr prinzipiell als Kindesmissbrauch zu ahnden sind. Das Gericht begründet diese Entscheidung unter anderem damit, dass bislang bei allen sexuellen Handlungen mit unter 15-Jährigen das gleiche Strafmaß galt.
Die Gefahr, von einem Mann erschossen, erstochen oder totgeprügelt zu werden, ist für eine Frau in der Türkei größer, als bei einem Autounfall oder an Krebs zu sterben. Gewalt gegen Frauen sei die Haupttodesursache unter Frauen zwischen 15 und 44 Jahren in der Türkei. Siehe Weltfrauentag Türkei: Mit Tränengas und Gummigeschosse gegen Frauen-Demo
Immer mehr Kinder werden in Flüchtlingsunterkünften zwangsverheiratet. Besonders häufig betroffen sind vor allem minderjährige Mädchen aus Syrien. Auch in der Türkei habe sich die Zahl der Zwangsehen erhöht. Siehe Children of Syria – Weibliche Flüchtlinge: Ausbeutung statt Schutz – IS exekutieren 250 Frauen
Nachdem die Schwedische Außenministerin Margot Wallström sich per Twitter empört und die Gerichtsentscheidung in Ankara beschuldigt hatte, das Gesetz würde den Sex mit Minderjährigen legalisieren, wurde der schwedische Botschafter ins türkische Außenministerium bestellt.
„Es ist ein Skandal für eine Außenministerin, so einen Tweet zu posten, zumal diese auf falsche Nachrichten oder Spekulation basieren,“ so der Außenminister Mevlüt Cavusoglu in einem Fernsehinterview. Er fügte hinzu, dass der schwedische Gesandte in seinen Dienst gerufen worden war.
Doch nicht nur der schwedische Botschafter wurde einbestellt, auch der österreichische. Wegen einer Schlagzeile auf Bildschirmen am Wiener Flughafen hat das türkische Außenministerium den österreichischen Vertreter des Botschafters einbestellt. Die Überschrift, wonach die Türkei Sex mit Kindern unter 15 Jahren erlaube, „befleckt das Bild der Türkei und ist falsch“, sagte ein türkischer Diplomat. Die Schlagzeile gehörte zu einem Bericht der österreichischen „Kronenzeitung“. Österreichs Vertreter wurde den Angaben zufolge bereits am Samstagabend einbestellt. Das Außenministerium in Wien bestätigte dies der Nachrichtenagentur APA. „Wir nehmen die Reaktion der Türkei in der Angelegenheit zur Kenntnis, verweisen aber in dem Zusammenhang zugleich auf die Pressefreiheit“, erklärte ein Ministeriumssprecher.
Laut einem Bericht in der englischsprachigen türkischen Zeitung Hürriyet Daily News wird das Urteil als „Katastrophe“ für die Rechte der Kinder in dem Land mit Sorge gesehen. Kinderschänder können nun frei herumlaufen, weil es keine neue Verordnung gibt.
Ab 2017 tritt die neue Regelung in Kraft, der Kinderschutz fällt weg. Das bedeutet, dass Sex-Verbrechen nicht mehr speziell, sondern wie bei Erwachsenen geahndet werden – mit der Begründung, dass Kinder zwischen 12 und 15 Jahren sehr wohl über die Bedeutung eines sexuellen Aktes reflektieren könnten. Nunmehr können Täter behaupten, dass ein Kind freiwillig zum Sex einwilligte. Die Frage, die sich stellt ist: Wem wird das Gericht letztendlich glauben, dem Missbrauchten oder dem Missbraucher?
Nicht nur in anderen Ländern ist die Empörung groß, auch türkische Kinderschutz-Organisationen und Frauenvereine sind empört und wehren sich.
Kinderheirat ist ein weltweites Problem.
Die Türkei ist laut „Girls not brides“ das Land mit den meisten Kinderheiraten in Europa. Etwa 15% der Mädchen werden vor dem 18. Geburtstag verheiratet. Die Dunkelziffer dürfte laut Girls not brides“ weitaus höher sein. Genau darüber haben wir in unserem Beitrag Children of Syria – Weibliche Flüchtlinge: Ausbeutung statt Schutz – IS exekutieren 250 Frauen berichtet.
Nachdem sich 2014 eine 14-jährige erschossen hatte, war die Debatte über Kinderheirat in der Türkei aufs Neue entflammt.
Kader war gerade Mutter ihres zweiten Kindes geworden. Kurz darauf wurde sie mit Schussverletzungen aufgefunden, tot. Als der Selbstmord in die Medien gelangte, geriet die türkische Gesellschaft in Aufruhr. Wenige Todesopfer erreichten eine derart große Aufmerksamkeit, die Innenministerin veranlasste sogar eine eigene Untersuchung zu Kaders Tod. Der Grund ist: Kader war gerade einmal 14 Jahre alt, als sie sich das Leben nahm. Sie war noch ein Kind, als sie heiraten musste und knapp zwölf Jahre alt, als sie ihr erstes Kind gebar.
Kader ist nicht das einzige Mädchen, das schon im Kindesalter heiraten musste. Kinderheirat ist in der Türkei ein präsentes Thema. Laut einer Statistik des türkischen Innenministeriums heirateten in den letzten drei Jahren fast 135 000 Kinder unter 18 Jahren. Davon waren über 95 % Mädchen. In ländlichen Regionen ist die Anzahl der Kinderbräute und -bräutigame besonders hoch, doch die Zwangsheirat betreffe nicht einzelne Regionen, sondern sei laut der Frauenrechtsorganisation Ucan Supurge überall in der Türkei gegenwärtig. Der Grund, warum vor allem viele Mädchen noch im Kindesalter vermählt werden, ist oftmals die Überzeugung, Frauen müssten jungfräulich in die Ehe gehen. Besonders drastisch trifft diese Vorstellung Mädchen, die Opfer sexuellen Missbrauchs wurden. Um ihre Ehre und die ihrer Familie wieder herzustellen, werden sie häufig gezwungen, ihren Vergewaltiger zu heiraten. Quelle Aktiv gegen Kinderarbeit
Türkei: Das Geschäft mit dem Flüchtlingsschmuggel und Sexhandel
Auf Grund ihrer körperlichen Unterlegenheit und ihrer Abhängigkeit von der Anerkennung durch Erwachsene sind Kinder leichte Opfer – sowohl Jungen als auch Mädchen. Aber auch hier sind Mädchen häufiger betroffen. Leider finden immer noch Kinderhochzeiten in vielen Ländern statt und auch sexuellem Missbrauch und Gewalt sind sie oft schutzlos ausgesetzt, in größerem Ausmaß als Jungen.
Maha ist nur 13 Jahre alt und wurde verheiratet. Ihr Ehemann ist 10 Jahre älter. Maha wollte weiter zur Schule gehen und später studieren. Zwangsehen in Flüchtlingslagern gehören zu den dramatischen Folgen des Syrienkonfikts. Die Zahl der Kinderehen steigt unter den syrischen Flüchtlingen rapide an. Siehe: Children of Syria – Weibliche Flüchtlinge: Ausbeutung statt Schutz – IS exekutieren 250 Frauen
Letztes Jahr im August heiratete Mafe Zafur (15) ihren Cousin Ibrahim Zafur in einer islamischen Heirat. Das Paar zog in die Türkei, aber die Ehe endete nach sechs Monaten, als ihr Ehemann sie abrupt aus der gemeinsamen Wohnung warf. Mafe, die keinen anderen Platz zum Schlafen hatte, fand gemeinsam mit ihrem Bruder (19) und einem anderen Cousin Unterschlupf in einem verschrotteten Lastwagen.
Am 8. März nahm sich Mafe das Leben, Berichten zufolge mit einer Schrotflinte. Der einzige Besitz, den man bei ihr fand, war die handgeschriebene Heiratsurkunde.
Mafe Zafur war eine von vielen jungen Syrerinnen, die Opfer von Kinderehen werden. Menschenrechtsgruppen berichten von noch größerem Missbrauch, den Banden an den schätzungsweise drei Millionen Syrern verüben, die in die Türkei geflohen sind.
Ein detaillierter Bericht über weibliche Flüchtlinge, Asylbewerberinnen und Immigrantinnen in der Türkei, der bereits 2014 von dem Verband für Menschenrechte und Solidarität mit den Unterdrückten (auf Türkisch als Mazlumder bekannt) veröffentlicht wurde, spricht von frühen und erzwungenen Ehen, Polygamie, sexuellem Missbrauch, Menschenhandel, Prostitution und Vergewaltigung, die Syrerinnen in der Türkei von Kriminellen zu erleiden hätten.
Hier ein Beitrag – Turkey: Child Marriages | European Journal
Für viele sind Frauen und Mädchen keine menschlichen Wesen, die es verdienen, menschlich behandelt zu werden. Sie sind nur Sexobjekte, deren Leben und Würde keinen Wert haben.
Netzfrau Doro Schreier
Zwangs- und Kinderheirat – Terror hat einen Namen – „IS“ – sie entführten wieder Frauen und Kinder
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