Eine Partnerschaft zwischen einer Bostoner Gesundheitsklinik und einem Gemüseladen vor Ort zeigt, was wirtschaftliche Entwicklung bewirken kann, wenn die öffentliche Gesundheit absolute Priorität bekommt. Gute Nahrung trägt entscheidend zu einer guten Gesundheit bei. Schon Hippokrates, der berühmte griechische Arzt des Altertums, forderte: Die Nahrung sollte unsere Medizin sein.
Und da sagt man immer, der Einzelne habe keinen Einfluss. Das Zeichen, das viele einzelne US-Amerikaner gesetzt haben, wird von den Konzernen verstanden: ökologische und biologische Lebensmittel.
Jeder, der an Amerika denkt, denkt automatisch an Fastfood und ungesunde Ernährung. Waren Fastfood-Ketten ein Teil des American Way of Life, so setzen die an Fast-Food gewohnten Amerikaner immer stärker auf gesunde Lebensmittel. Bio-Supermärkte sprießen im ganzen Land wie Pilze aus dem Boden. An der Spitze der Bewegung steht Whole Foods, die ausschließlich „natürliche“ Lebensmittel in den Supermärkten vertreiben. Keine der angebotenen Lebensmittel und anderen Produkten enthalten künstliche Zusätze. Bislang hatte sich Whole Foods auf wohlhabende Regionen beschränkt, denn hier war die vermeintliche Kundschaft zu finden, die es sich leisten konnte. Doch auch in ärmeren Regionen wird expandiert. Galt es noch vor einiger Zeit, für gesunde Lebensmittel Apothekenpreise bezahlen zu müssen, hat sich dies gravierend geändert. Die Konkurrenz will etwas vom großen Kuchen abhaben und so setzt auch der zweitgrößte Discounter in USA auf Bio – Target. Die Target Corporation gehört zu den größten Einzelhändlern der USA, ist nach Wal-Mart der zweitgrößte Discounter des Landes und folgt dem Konzept von Whole Foods.
Immer mehr Restaurants können es sich nicht mehr leisten, nichts Gesundes auf der Karte zu haben, und sie preisen diese auch mit der Kalorienzahl an und mit dem Zusatz „Wellness“. Sogar in Schulen werden mittlerweile 100% biologische Mahlzeiten angeboten – alles Produkte aus nachhaltigem Anbau und frei von genveränderten Organismen.
In den USA hat sich seit einigen Jahren ein medial sehr präsentes Gesundheitsbewusstsein entwickelt. Der Kampf gegen Übergewicht – vor allem bei Kindern – wird offensiv angegangen. Dass Colas und andere Softdrinks absolute Kalorienbomben sind, wird den meisten Kindern bereits in der Schule beigebracht, dementsprechend sehen auch die Umsätze der Konzerne aus, die „ungesunde“ Lebensmittel anbieten – sie gehen zurück. Wer als Konzern nun nicht aufpasst und dem Verbraucher nicht biologische Lebensmittel anbietet, hat verloren.
Aber immer noch leben etwa 13,5 Millionen Menschen in den USA nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums in sogenannten „Food Deserts“, zu deutsch „Lebensmittel-Wüsten“. In diesen Gegenden bekommt man vielleicht noch einen Apfel oder eine Banane, aber dann wird das Angebot an Frischwaren auch schon dünn. Stattdessen sind die Regale voll mit Fertiggerichten. Selbst in den riesigen Supercentern des weltgrößten Einzelhändlers Wal-Mart ist die Auswahl an Obst und Gemüse begrenzt.
Zu viel und zu billiges Junkfood in den sogenannten „Food Deserts“, genau dagegen kämpfen viele private Initiativen, von denen wir Ihnen schon einige positive Beispiele vorgestellt haben, wie die Medizinstudenten der Saint Louis University mit ihrem mobilen Bio-Bauernmarkt für Nahrungsmittelwüsten. Oder Dr. Ron Weiss, der die Pflanzen anbaut, die er seinen Patienten verschreibt.
Eine Partnerschaft zwischen einer Bostoner Gesundheitsklinik und einem Gemüseladen vor Ort zeigt, was wirtschaftliche Entwicklung bewirken kann, wenn die öffentliche Gesundheit absolute Priorität bekommt
Dieser Artikel wurde erstmalig von Shelterforce veröffentlicht. Es klingt unwahrscheinlich, dass Sue Joss und Jason Barbosa Partner in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung sind. Sie ist die altgediente leitende Geschäftsführerin eines größeren gemeinnützigen Anbieters für Gesundheitspflege in Brockton, Massachusetts, im Süden von Boston. Er ist Leiter eines familienbetriebenen Lebensmittelgeschäfts, das einst sein eingewanderter Vater in derselben Arbeiterstadt gründete. Sie haben verschiedene Vorgeschichten, praktizieren unterschiedliche Geschäftsmodelle und meistern unterschiedliche finanzielle Zwänge. Dennoch haben sie einen gemeinsamen Stamm von Kunden, darunter eine große Zahl Anwohner mit niedrigen Einkommen, von denen viele mit chronischen Gesundheitsproblemen zu kämpfen haben.
Drei Jahre zuvor führten sie erste gemeinsame Gespräche: Gab es eine Möglichkeit, Arbeitsplätze zu schaffen, ihre eigene regionale Wirtschaft aufzubauen und Verlust und Zerstörung zu verringern, und all das, während sie den Menschen dabei helfen, länger und gesünder zu leben?
Ihre Antwort auf diese Frage befindet sich in einem Gewerbegebiet Ecke Pleasant Street und Warren Avenue, das seit 22 Jahren verlassen dagestanden hatte. Joss und Barbosa ließen nebeneinander ein neues nachbarschaftliches Gesundheitszentrum (Brockton Neighborhood Health Center = BNHC) und einen neuen Vicente’s Tropical Supermarkt bauen. Seit der Eröffnung 2015 sind sie sowohl durch die Nähe und durch ein gemeinsames Konzept miteinander verbunden: den Menschen zu helfen, sich besser zu ernähren.
BNHC und Vicente konnten gemeinsam eine vielfältige Mischung öffentlicher, privater und wohltätiger Fördergelder nutzen, darunter 12 Millionen $, die durch die gemeinsame Bürgerinitiative LISC und den Healthy Futures Fund zusammen gekommen waren. Das Projekt wurde stark durch regionale Politiker und Gemeindevorsteher unterstützt, aber nichts wäre zustande gekommen, hätten Joss und Barbosa nicht Stunde um Stunde geopfert, um zu reden, zu verhandeln, zu planen und das Projekt voranzutreiben.
Der grundlegende Gedanke hinter dieser Partnerschaft: Gute Nahrung trägt entscheidend zu einer guten Gesundheit bei. Ein Viertel der Bewohner Brocktons lebt in Armut. Unter ihnen leiden viele an Diabetes und Fettleibigkeit. Viele von ihnen sind Immigranten in der ersten Generation. Weil die Ernährung für sie ein wichtiger kultureller Aspekt ist, ist es nur geboten, bei der Bewältigung von chronischen Gesundheitsproblemen die Aufmerksamkeit auf die Ernährung zu richten.
„Jahrelang beobachten wir, wie die Menschen in dieser ‚Ernährungswüste‘ mit zunehmendem Alter kränker werden, als sie unter anderen Bedingungen würden“, sagt Joss, langjährige Geschäftsführerin des BNHC. „Wir wollten den Zugang zu frischen und erschwinglichen Lebensmittel in Brockton und zu soliden Informationen über Ernährung und den Menschen dadurch eine gute Wahl ermöglichen. Wir wollten sie lehren, Essen so zuzubereiten, dass sie Ihre Traditionen weiter pflegen und zugleich sich besser ernähren können“.
Das Ergebnis ist eine große Reichweite dieses Projekts und eine Vor-Ort-Ausbildung, die auf den Erfahrungen von BNHC und Vicente basiert. Das Gesundheitszentrum bietet ärztliche Grundversorgung, Notfallversorgung, Zahn-, Augen- und psychische Gesundheitsdienste an, dazu auch Programme für Teenager und Ernährungsberatung. Klinikärzte verschreiben „Gemüserezepte“ an Patienten als Teil von Maßnahmen zur Förderung der Herzgesundheit und zur Gewichtsreduktion. Sie raten Patienten, an kostenlosen Ernährungs- und Kochkursen teilzunehmen, die in einer Schauküche vor Ort stattfinden. Begleitete Supermarkteinkäufe helfen den Menschen, Bezeichnungen auf Lebensmittelpackungen besser zu verstehen und ungesunde Bestandteile durch gesunde auszutauschen. Zusätzlich bietet der Supermarkt Programme an, die Menschen zur Wahl von gesunden Lebensmitteln anspornen und die sie erschwinglich halten.
„Wir legen Wert darauf, dass die Lebensmittel frisch in unseren Markt kommen, und bewegen auf diese Weise etwas in unserer Gemeinde“, sagt Barbosa, dessen Familie schon lange im Lebensmittelsektor tätig ist. „Wir wissen, dass wir mehr Menschen zum Verzehr frischen, gesunden Essens anregen, und das macht unsere Partnerschaft so wertvoll“.
Joss und Barbosa stellen auch die wirtschaftliche Auswirkung ihrer Partnerschaft fest: etwa 200 Arbeitsplätze in der Umgebung, von Gesundheitsexperten über Einzelhandelskaufleuten bis hin zu Verwaltungsaufgaben. „Die Menschen sehen, dass es hier Arbeit und Hoffnung gibt. Das wird uns auch in der Zukunft wachsen lassen“, sagt Barbosa.
Man muss abwarten, ob diese gemeinsamen Anstrengungen auf lange Sicht die Gesundheitslage in Brockton verbessern werden. Die beiden Einrichtungen sind erst seit ein paar Monaten geöffnet und ihr Programm wird sich weiterhin nach den regionalen Bedürfnissen ausrichten. Was aber jetzt schon spürbar ist: ein pulsierendes Gewerbegebiet hilft dabei, Zerstörung und Kriminalität zu verdrängen und gesundheitsorientierte Erzeugnisse und Programme zu installieren, die den Anwohnern nutzen — so etwas nennen wir Erfolg. Wie immer bei der Entwicklung von Gemeinden sind solche Programme die erfolgreichsten, die wirklich ganz unten beginnen, von einem tiefen Verständnis der wirklichen Bedürfnisse der Nachbarschaft unter Anwohnen und Führungskräften. Brockton ist ein weiterer Beweis dafür, dass es funktioniert.
How a Health Clinic Made a Local Grocery Store Part of Its Prescription
A partnership between a Boston health clinic and a local grocery shows what economic development can do when it makes community health a priority.
This article was originally published by Shelterforce. Sue Joss and Jason Barbosa might seem to be unlikely economic development partners. She is the veteran CEO of a major nonprofit health care provider in Brockton, Massachusetts, just south of Boston. He is the operations manager of a family-run grocery company launched by his immigrant father in the same working class city.
They come from different backgrounds, operate different business models, and manage different financial pressures. But they have a common customer base that includes a large number of low-income residents, many of whom grapple with chronic health conditions.
Three years ago, they began to talk: Was there a way they could create jobs, grow their local economy, and reduce blight, all while helping people live longer and healthier?
Their answer to the question sits at the corner of Pleasant Street and Warren Avenue on a commercial site that had been abandoned for the last 22 years.
Joss and Barbosa led the side-by-side development of a new Brockton Neighborhood Health Center (BNHC) and a new Vicente’s Tropical Supermarket. Opened in 2015, they are connected both physically and programmatically by a shared purpose: to help people eat better.
Together, BNHC and Vicente’s tapped into a complex mix of public, private, and philanthropic funding to help open the doors, including $12 million assembled from the Local Initiatives Support Corporation’s (LISC) national lending pool and Healthy Futures Fund. The project had strong support from local policymakers and community leaders, but nothing would have happened had Joss and Barbosa not spent many hours talking, planning, and driving it forward.
The thinking behind the partnership was basic: Good nutrition is a critical component of good health. Indeed, with nearly one in four Brockton residents living in poverty—along with high rates of diabetes and obesity, and a population of immigrants and first-generation residents for whom food is a cultural touchstone, it would be difficult to tackle chronic health conditions without a focus on food.
“We’ve seen for years what happens in a nutritional food desert: people become sicker as they age than they otherwise would,” said Joss, long-time CEO of BNHC. “Our goal was to identify ways to expand access to fresh, affordable food in Brockton, to offer solid nutritional information so people can make smart choices, and to teach people how to cook in ways that protect their traditions but help them eat better.”
The result is a level of community outreach and on-site education built on the expertise of both BNHC and Vicente’s. The health center offers a range of primary care, urgent care, dental, vision, and mental health services, along with teen programs and nutrition counseling. Clinicians write “veggie scripts” for patients as part of efforts to promote heart health and weight reduction. They urge patients to enroll in free nutrition and cooking classes, taking advantage of an on-site demonstration kitchen. Guided supermarket tours help people better understand nutrition labels and make healthy ingredient substitutes. In addition, the store is testing incentive programs that both encourage healthy choices and keep food affordable.
“We’re focused on ‘fresh’ when it comes to our market and making a difference in the community,” said Barbosa, whose family has a long history in the supermarket business. “Knowing we could inspire more people to eat fresh, healthy food made this partnership worthwhile.”
Joss and Barbosa also recognized the potential economic impact of their partnership: some 200 jobs for people in the surrounding community, from health professionals to retail clerks to administrative staff. “People see that there is work and there is hope and we can grow with that in the future,” Barbosa said.
It remains to be seen whether this joint effort will significantly shift long-term health trends in Brockton. The two businesses have had their doors open for just a few months, so programming will continue to evolve based on local needs. But the immediate impact on this community is clear: a vibrant commercial corner is helping push out blight and crime in favor of health-focused products and programs that benefit nearby residents—we call that success.
As is often the case in community development, the most successful programs and projects are those that rise up from the ground level, from a deep understanding among residents and local leaders about what their neighborhoods need. Brockton is another example that proves the point.
Netzfrau Ursula Rissmann-Telle
Das könnte Sie auch interessieren:
New York „Eine Stadt macht satt“ – Gemüse von den Dächern Brooklyns
Eine andere Welt ist pflanzbar – Another world is plantable
New York „Eine Stadt macht satt“ – Gemüse von den Dächern Brooklyns
Singapur – Die vertikale Revolution: Agrarwolkenkratzer lösen Hungerproblem