Die neue brasilianische Regierung braucht Wachstum und könnte den Amazonas opfern, um es zu erlangen – Brazil’s new government needs economic growth and may sacrifice the Amazon to get it

Belomontelzur englischen Version Die neue brasilianische Regierung braucht Wachstum und opfert dafür den Amazonas – die grüne Lunge der Welt. Nicht nur der Regenwald ist in Gefahr, auch die Bildung. Auf der einen Seite Wachstum und Subventionen für Konzerne, auf der anderen Seite neue Reformen unter dem Motto : Sparsamkeit. Das kommt uns sehr bekannt vor. In Bildung sparen finden die Schüler und Studenten in Brasilien gar nicht in Ordnung und sie haben sich kurz nach Bekanntgabe der vorläufigen Maßnahmen (MP) durch die Regierung von Michel Temer (PMDB) auf der Avenida Paulista in São Paulo versammelt. „Wir wurden nicht gefragt, wir wollen bei den Entscheidungen beteiligt werden.“ so die ELA, eine der Gruppen, die zu den Demonstrationen in São Paulo aufgerufen hat.

Die rund 1300 vor allem im Großraum São Paulo ansässigen deutschen Firmen sind der größte Wirtschaftsstandort außerhalb Deutschlands. Brasilien ist zudem Deutschlands größter Handelspartner in Lateinamerika.

Temer kündigte sofort nach der Übernahme der Interimspräsidentschaft ökonomische Maßnahmen an: Erhöhung der Steuern, neue Privatisierungen und Reduzierung der Sozialausgaben. Brasilien zählt 200 Millionen Einwohner. Das Durchschnittsalter liegt bei 29,3 Jahren in Deutschland liegen wir bei 44 Jahren. Wenn auch der Zugang zu öffentlichen Universitäten kostenlos ist, können sich meist nur Bewerber von Privatschulen qualifizieren. Die Regierung von Dilma Rousseff hatte auf Grund dessen eine Quote eingeführt, die es auch armen Schülern ermöglichte zu studieren. Doch wir wissen alle, welche Folgen es gerade für Bildung hat, wenn hier der „Rotstift“ angesetzt wird. Aber alles auf Kosten der Bedürftigen, damit die westlichen Länder ihren Profit aus Brasilien schlagen können?

Am 05.September protestieren über 100 Tausend in Sao Paulo gegen President Michel Temer

Am 05.September 2016 protestieren über 100 Tausend in Sao Paulo gegen Präsident Michel Temer

Nicht nur in Brasilien demonstrieren Menschen gegen die Machtübernahme durch die Regierung von Michel Temer, auch hier in Deutschland wurde am 01. Oktober 2016 in Hamburg demonstriert und zwar von den Organisationen LPALC (Iniciativa por la libertad de los pueblos de América Latina y el Caribe) und Colombianos por la paz. Sie demonstrierten, um darauf aufmerksam zu machen, was zurzeit in Lateinamerika passiert! Ihr Vorwurf: In Argentinien werden die Errungenschaften der alten Regierung vernichtet, in Brasilien wurde die Amtsinhaberin entmachtet, die Destabilisierungsversuche der Rechten in Venezuela, die mörderische neue Regierung in Peru, die massive Hinrichtung der Studenten in Mexiko und die Hetze gegen den Friedensprozess in Kolumbien!

Wie sehr sich die Investmentbanker dieser Welt freuen, sehen an folgenden Meldungen aus einer Anlageempfehlung zu Investitionen in Lateinamerika:

„In Argentinien: Mauricio Macri feierte einen spektakulären Wahlsieg im Dezember. Die argentinische Bevölkerung machte Schluss mit den sozialistischen Experimenten der Regierung Kirchner. Das ist das Ende von Enteignungen, Exportbeschränkungen, Preisdiktaten und der Ausplünderung des privaten Pensionssystems.

In Peru löste im Juni der liberale ehemalige Weltbank-Ökonom Pedro Pablo Kuczynski den linksnationalistischen Ollanta Humala als Präsidenten ab.“

Ein ganzer Kontinent mit 500 Millionen Menschen erwacht, macht sich frei und eröffnet einen gigantischen Marktplatz, so die Investmentbanker. 

In unserem kürzlich veröffentlichen Beitrag: ‚ES HERRSCHT KRIEG‘ – Brasiliens Amazonasgebiet – ‚IT’S A WAR‘ – Brazil’s Amazon, haben wir Ihnen bereits berichtet, dass  Brasilien gemessen an seinen Ressourcen wohl das reichste Land der Welt ist: Gold, Uran, Diamanten, Gas, Öl, Nickel und vieles mehr.  In Brasilien wurde zuletzt die Ex-Präsidentin Dilma Rousseff aus dem Amt gehoben. Die westlichen Investoren behaupten, sie hätte „erfolgreich“ und jahrelang jedes Wirtschaftswachstum am Zuckerhut abgewürgt. Daraus können wir schlussfolgern, dass der Raubbau jetzt erst recht vonstatten gehen wird. Während Ackerland in vielen europäischen Ländern für Investoren nicht mehr erschwinglich ist, ernten die großen Agrargiganten in Brasilien 4 Mal im Jahr und das zu günstigen Bedingungen.

Unter der Regierung Temers wird den Reichsten alles erlaubt. Holz des Waldes rauben und Rinder auf die entstehende Savanne treiben? Klar. Die Menschen ermorden, wie 2005 die amerikanische Nonne Dorothy Stang, die die Waldeinwohner gegen den Raub ihrer Lebensgrundlage unterstützte? Kein Problem. Dazu auch Ein Völkermord um Platz für eine großflächige Landwirtschaft zu schaffen! Guarani-Kaiowá: Another Native Leader Murdered by Land Owners

Ein zentraler Punkt, den wir oft nicht verstehen, ist die entscheidende Rolle, die die brutale Gewalt spielt in der Auseinandersetzung zwischen den Ärmsten und den Reichen in Brasilien und die Hemmungslosigkeit, mit der die Reichsten ermorden lassen, wen immer sie als lästig empfinden, wer immer ihnen bei ihren Geschäften hinderlich ist. Dies ist etwas, das leicht zu übersehen ist: Dass die Reichsten ihre kultivierte Sprechweise, ihre Bücherschränke und Theateraufführungen den Morden denen verdanken, die sie berauben.

Die Armen wollen den Wald schützen, von dem sie leben. Sie schützen damit die Erde, von der wir alle leben.

Die Guarani-Kaiowá kämpfen seit Jahrzehnten für die Durchsetzung ihrer von der brasilianischen Verfassung garantierten Landrechte. Im Zuge der Ausbreitung des Zuckerrohr-, Mais- und Sojaanbaues sowie der Rinderzucht wurden sie immer mehr von ihren angestammten Territorien vertrieben. Der Verlust ihres Lebensraumes bedeutet eine Verletzung ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte.
In den letzten Jahren spitzte sich die Situation dramatisch zu. Während die Kaiowá von der jeweiligen Regierung mit Versprechungen ruhig gestellt wurden, sichern die jetzigen Landbesitzer ihre Positionen durch Einfluss auf die Entscheidungsträger sowie mit Hilfe privater Milizen. So ist geplant, die indigenen Landrechte durch Gesetzesänderungen aufzuweichen; wiederholt kam es zu gewalttätigen Angriffen gegen die Kaiowá.

„Noch nie besaß der Mensch so viele Ressourcen, eine solche Anhäufung an Wissen, eine so große Menge an Kapital, so viele Möglichkeiten, das Schicksal des Planeten zu ändern. Man könnte meinen, wir seien auf einem Blindflug, geblendet durch die Attraktivität der Kultur des Marktes, ohne uns daran zu erinnern, dass der wichtigste Schlüssel nicht der Markt, sondern das Leben ist.“ José „Pepe“ Mujica

Luiz Inacio da Silva, Lula genannt, Vorsitzender der brasilianischen Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores), war Präsident von 2003 bis 2011. Er war eines der Kinder gewesen, die mit 12 Jahren anfangen mussten zu arbeiten. Er putzte Schuhe auf der Straße und verkaufte Kleinigkeiten. Mit 14 begann er mit der Fabrikarbeit und verlor mit 19 seinen linken kleinen Finger bei einem Arbeitsunfall in einer Autofabrik. Er musste zu mehreren Krankenhäusern laufen, bevor er eins fand, das seine Fingeramputation behandelte. Er trat der Metallergewerkschaft bei und wurde in der Zeit der Militärdiktatur Streikführer. Es sei eine Schande, dass er Präsident ist, weil er nicht reden könne, so die Aussage der „Reichen“. Seine Sprechweise repräsentierte nicht die kultivierte Aussprache und Grammatik der Oberschicht, sondern das Portugiesisch der brasilianischen Armen. Was für eine Schande!

Lula war der beliebteste Präsident in der Geschichte der brasilianischen Republik. Ein wichtiger Teil der Anerkennung und Unterstützung, die er bei den BürgerInnen genießt, kam von den Programmen der „Bolsa Familia“ und „Fome Zero,“ die seine Regierung verwirklichte. Diese Programme garantierten vielen hungernden Familien das Nötige zum Leben. Millionen weniger Kinder wurden zur Arbeit gezwungen und gehen stattdessen zur Schule. 20 Millionen Menschen wurden aus der Armut befreit. Die reiche weiße Oberschicht sah dies nicht gerne. Aber Bürgerorganisationen und Anti-Hunger-AktivistInnen erzwangen die Akzeptanz der Umsetzung von Lulas Wahlprogramm, „Null Hunger“ in Brasilien.

Nach zwei Amtszeiten in Folge durfte Lula da Silva bei der Präsidentschaftswahl 2010 nicht erneut kandidieren. Zu seiner Nachfolgerin suchte er Dilma Roussef aus, Tochter wohlhabender Eltern und Parteigenossin der Arbeiterpartei, die in den 70er Jahren als Guerilla im Widerstand gegen die brasilianische Militärdiktatur gefangen und gefoltert worden war. Dilma wurde 2010 zur Präsidentin gewählt.

Dann nach vier Jahren:

Dilma2Dilma hatte in der Wahl am 05.10.2014 zwei Gegenkandidaten: den Enkel einer prominenten Familie, Aécio Neves von der „Sozialdemokratischen Partei,“ der den „Management Shock“ in seinem Heimatstaat Minas Gerais durchsetzte, um Sozialausgaben zu kürzen und ein investitionsfreundliches Klima zu schaffen und Marina Silva, Tochter einer bitterarmen Familie im Amazonas und Mitarbeiterin von Chico Mendes. Ende Oktober 2014 dann die Stichwahl, die  Dilma Rousseff nur knapp gewann. Brasilien hatte gewählt. Sie mussten entscheiden, ob Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei oder der wirtschaftsnahe Aécio Neves von der Sozialdemokratischen Partei die Regierung bildet. Wollte Dilma ihrer zweiten Amtszeit gerecht werden, bedeutete es einige Schranken für die Reichsten. Die Armen werden mehr unterstützt. Bildung und Gesundheitswesen erhalten etwas mehr. Die Fortschritte des letzten Jahrzehnts werden nicht rückgängig gemacht.

Hatte Dilmar überhaupt eine Chance, weiterhin als Präsidentin zu bleiben? In einem Land, wo bereits 2014 zur Fussball-WM nicht nur Indigene demonstrierten, sondern auch Lehrer und Kommunalbeamte zusätzlich zu der ohnehin schon entsetzen ärmeren Bevölkerung. Hunderttausende demonstrierten gegen die immensen Kosten für die Fußball-WM, gegen Korruption und Mängel in Schulen, Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen. Dieser Protest hielt weiterhin an, denn zu den Kosten für die Fussball-WM kamen die Kosten für die Olympiade 2016.

Wem es bislang entgangen sein sollte: Großverdiener bei den Megaereignissen ist Deutschland. Wachstumsmarkt Brasilien – Sportevents in Brasilien – Anstoß für gute Geschäfte – schrieb damals die IHK auf all ihren Seiten. Viele Milliarden flossen in die Töpfe zahlreicher deutscher Unternehmen – die Städteplanung wurde gleich mit übernommen. Zwangsräumungen waren kein Problem für diese Unternehmen, nach Deutschland kamen diese Nachrichten eh nicht, denn wer von den Medien berichtet schon von solchen Schandtaten?

Dazu schreibt Germany Trade Invest am 30. 09. 2016, die übrigens zum Wirtschaftsministerium unter der Leitung von Sigmar Gabriel gehört:

„Mit der erfolgreichen Absetzung von Dilma Rousseff und der Bestätigung von Michel Temer als Präsident scheint sich Brasiliens politische Lage stabilisiert zu haben. Auch wirtschaftlich gesehen könnte eine Trendwende beginnen, wie einige Indikatoren zur Jahresmitte hin andeuten. Für an Brasilien interessierte Unternehmen könnte dies ein guter Zeitpunkt sein einzusteigen, denn noch sind die Terminkalender der Manager in Brasilien frei und der Wechselkurs relativ günstig für Investitionen.(…)

Mit der Absetzung von Dilma Rousseff ging die 13-jährige Ära der Arbeiterpartei PT (Partido dos Trabalhadores) und einer eher linksorientierten Wirtschaftspolitik zu Ende. Der bisherige Übergangspräsident Michel Temer wurde als Präsident bis 2018 bestätigt. Er steht für ein liberaleres Wirtschaftsprogramm und verspricht schnelle Maßnahmen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Dazu gehören Privatisierungen und Konzessionen im Infrastrukturbereich, die Kontrolle von Inflation und Staatsausgaben sowie Reformen des Arbeitsmarktes und des Rentensystems. Auch im Erdölsektor werden Neuerungen erwartet. So sollen die Regeln zur lokalen Wertschöpfung gelockert werden und es wird ein Ende der Vorrangstellung des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras bei der Ölförderung im Tiefseegebiet Pré-Sal erwartet…“

Deutschland und Brasilien sollten von einander lernen und gemeinsam wachsen, so wie es in einer guten Partnerschaft sein sollte. „Das Fundament dafür ist unsere Wertegemeinschaft“, sagte Bundespräsident Gauck zum Auftakt des Deutschlandjahres und der 31. deutsch-brasilianischen Wirtschaftstage 2013. Den Beziehungen neuen Schwung geben und die Bedeutung der siebtgrößten Volkswirtschaft für Deutschland unterstreichen – zumal Brasilien gerade dabei ist, auch England und Frankreich zu überholen, so Gauck. Die rund 1300 vor allem im Großraum São Paulo ansässigen deutschen Firmen – der größte Wirtschaftsstandort außerhalb Deutschlands – sind ein wesentlicher Faktor der brasilianischen Wirtschaft. Brasilien ist zudem Deutschlands größter Handelspartner in Lateinamerika.

Bereits zu der Fussball-WM berichteten wir, dass  Brasilien über 90 Mrd. Dollar in Stadien und Infrastruktur für die Fußballweltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016 steckte. „Wir laden die deutsche Industrie ein, mit Investitionen an unserem Wachstum teilzunehmen“, sagte Brasiliens Wirtschaftsminister im Gespräch mit dem Handelsblatt. Daraus ging auch hervor, dass Thyssen-Krupp ein neues Stahlwerk baut. MAN übernahm die LKW-Fertigung in Resende von Volkswagen. Die EADS-Tochter Eurocopter baut ein neues Hubschrauberwerk in Brasilien und die EADS-Verteidigungssparte vereinbarte ein Joint Venture mit dem brasilianischen Odebrecht-Konzern. Zu den Konzernen, die sich große Hoffnungen machen, gehört Siemens. Siemens ist hier seit mehr als 100 Jahren aktiv – hier will der Konzern keinesfalls zurückstecken. Zuletzt machte Siemens in Brasilien einen Umsatz von knapp 1,4 Mrd. Euro. Aufträge gab es zum Beispiel für die Lieferung von 25 U-Bahn-Zügen nach São Paulo und für die Ausrüstung des Wasserkraftwerks Jirau.

Für den Bereich der Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung (ZnE) mit Lateinamerika hat die Bundesregierung ein Lateinamerikakonzept ausgearbeitet. Und da passt es, wenn laut Bundeswirtschaftsministerium Deutschland aktuell heißt:

„Unternehmer sind Temer wohlwollend gesonnen, so sagte der Präsident des Industrieverbandes von São Paulo FIESP (Federação das Indústrias do Estado de São Paulo): „Es ist an der Zeit, eine neue Seite aufzuschlagen, die Differenzen hinter sich zu lassen, die Ärmel hochzukrempeln und Brasilien zusammen wieder aufzubauen.“

Unsere Meinung ist, dass das Fällen des Amazonaswaldes aufhören muss. Die Rinderweiden, die McDonald’s bedienen und die Staudämme, die den abgeholzten Wald überdecken, müssen gestoppt werden. Davon ist jedoch nichts in Sicht, es fängt gerade erst richtig an, auch der Genozid an der Indigenen Bevölkerung. Wozu die großen Konzerne fähig sind, sehen Sie in diesem Beitrag: #StandingRockSioux – Das geschieht, wenn Ölkönzerne mit US Regierung, Gerichten,Politikern, Polizei und Medien sich verbünden! Facebook zensiert, Tränengas aus der Luft, Militär…That`s happened when Big Oil goes to bed with the U.S. government, courts, governor, county sheriff and media!

Auch für José „Pepe“ Mujica: Er betonnt immer wieder, dass der Ausgang zu Dilma Rousseffs Machtenthebung schon lange vorher entschieden war. Für ihn ist und bleibt es ein Putsch. „Diese ganze Diskussion im Senat war ein gigantischer Schwindel, “ so Pepe. 

Unsere Netzfrau Ursula Rissmann-Telle hat für Sie einen Beitrag aus The Conversation übersetzt, den Sie nach den vorherigen Informationen nun besser verstehen dürften:

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Archiv – Protest WM 2014

Die neue brasilianische Regierung braucht Wachstum und könnte den Amazonas opfern, um es zu erlangen

Das Amtsenthebungsverfahren gegen Dilma Rousseff, egal ob im Staatsstreich oder nicht, zeigt eine grundlegende Umorientierung des modernen Brasiliens. Für Einige im Land bedeutet diese Krise eine Chance. Diese Politiker und Geschäftsleute nutzen diesen Umbruch aus, um Umweltgesetze zurückzufahren und der riesigen natürlichen Rohstoffe habhaft zu werden, die in den geschützten Regionen des Amazonas liegen.

Die neue Regierung unter Michel Temer stehen einem Haushaltsdefizit von 10%, einer Arbeitslosenrate von 10,9% und starken Rufen nach Sparsamkeit gegenüber. Es sieht danach aus, dass eine Reihe erfolgreicher sozialpolitischer Maßnahmen beendet werden und dass die Rechte von Arbeitnehmern geschwächt werden: entwürdigende Arbeitsbedingungen und strapaziöse Schichten dürfen wieder sein – Sklaverei wird neu definiert.

Dennoch möchte Temer Brasiliens Image einer Nation aufrechterhalten, die sich dem Umweltschutz verschrieben hat. Wenigstens stand der Klimawandel bei der Eröffnungsfeier der Olympiade in Rio 2016 im Mittelpunkt und die Botschaft „Brasilien ist grün“ wurde in Milliarden von Haushalte auf dem ganzen Planeten übertragen.

Jedoch sind diese Aussagen bezüglich der Umweltziele und -maßnahmen höchst zweifelhaft. Unter Präsidentin Dilma Rousseff und ihrem Vorgänger nahmen die Entwaldung, der Bergbau, die Agrar-Industrie und der Bau von Staudämmen in großem Stil wieder zu.

Temer hat eine Reihe von grünen Politikern in sein Team geholt wie José Samey Filho von der Grünen Partei als Umweltminister und José Serra als Außenminister. Jedoch wird eine wirtschaftliche Verjüngung zu jedem Preis unvermeidlich jene Politik überschatten, deren Ziel die Bewahrung der Umwelt ist.

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BHP-Vale Brazil

Anfang des Jahres veröffentlichte Temer ein Dokument namens „Eine Brücke in die Zukunft“, in dem er seine Pläne für die Zukunft Brasiliens und seiner Wirtschaft darlegt. Darin werden die Umwelt, das Amazonasgebiet und der Klimawandel mit keinem Wort erwähnt.

Aktivisten befürchten, dass die neue wirtschaftsfreundliche Regierung Staudamm-, Bergbau- und andere umweltschädigende Projekte beschleunigt, indem Umwelteinwirkungen kleingeredet werden. Ein vorbereiteter Gesetzesentwurf würde im Fall einer Verabschiedung die Fortsetzung von Infrastrukturprojekten OHNE Rücksicht auf mögliche Umwelteinflüsse und indigenes Land ermöglichen. Das öffnet beschleunigten Umweltschäden Tor und Tür – und das im Namen wirtschaftlicher Erholung und Weiterentwicklung.

Umweltaktivisten durften sich kürzlich darüber freuen, dass das Projekt eines 10Milliarden-$-teuren Staudamms in sensibler Umwelt gestoppt wurde, aber es steht zu befürchten, dass solche Freude wohl eher verfrüht ist.

Eine Schlüsselrolle hinter diesem Gesetz nimmt Senator Blairo Maggi ein, Brasiliens „Sojabohnenkönig“ und früherer Empfänger der „Goldenen Kettensäge“, die Greenpeace an „Personen verleiht, die am meisten zur Zerstörung des Amazonasgebiets beigetragen haben“. Temer ernannte ihn kürzlich zum Landwirtschaftsminister.

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Archiv Soja-Anbau boomt Der „Sojabohnenkönig“ machte sein Vermögen mittels Verwandelns von Regenwäldern in Farmen.

Maggi ist ein bedeutendes Mitglied der Landwirtschaftlichen Parlamentsfront (Agricultural Parliamentary Front (auch „ruralistas“ genannt), die schon seit langem für eine Landreform streitet, damit geschützte Wälder für landwirtschaftliche Flächen, Rinderzucht oder Bergbau abgeholzt werden können, die dann zusammen mit den anderen Produkten in Übersee verkauft werden können. Im Jahr 2014 betrachteten Bergbaufirmen insgesamt 28,4 % der geschützten Flächen des Amazonas als wirtschaftlich vielversprechend. Diese Gebiete – um der Umwelt und der Landrechte indigener Völker willen geschützt – werden unter der Temer-Regierung weitere Über- und Eingriffe erleiden.

In den vergangenen Monaten hat diese erstarkende Lobby Präsident Temer eine Liste von Forderungen unterbreitet, darunter einer Landreform und mehr Subventionen für die Landwirtschaft. Bei einem Arbeitsessen mit diesen „ruralistas“ ging Temer anscheinend diesen Forderungen nach.

Bei einer ihrer letzten Handlungen als Präsidentin, so der Guardian, unterstützte Rousseff Beanspruchungen von Indigenen auf Landgebiete und erkannte eine Anzahl von quilombolos (Landgebiete, die von Nachkommen geflohener Sklaven besetzt werden) an. Unter Temer stehen politische Maßnahmen wie diese nun auf dem Prüfstand.

Die „Ruralisten“ wollen ferner der Exekutive die Zuständigkeit für Gebietsmarkierungen nehmen und sie der Legislative zuschustern, wo sie die Mehrheit haben. Der Gesetzesentwurf, der die o. g. Änderung anvisiert, wurde schon 2000 vorentworfen und ist nun auf den Arbeitszettel der Regierung nach Jahren der Flaute zurückgekehrt.

Indigene Gruppen fordern Ihre Rechte und den Schutz ihres Landes ein.

„Diese „Landreform“-Pläne konzentrieren sich weitgehend auf den Amazonas-Regenwald, wo die Abholzung weitergehen wird dank gewinnverheißender Gelegenheiten für die Landwirtschafts- und die Bergbauindustrie. Knappere Landeshaushalte bedeutet auch weniger Geld für diejenigen, deren Aufgabe es ist, illegale Holzfäller und Bergbaufirmen von geschützten Gebieten fernzuhalten. In einem Land, in dem 50 Umweltaktivisten allein im Jahr 2015 ermordet wurden – das ist die höchste Zahl weltweit – wird Widerstand unweigerlich in Gewalt resultieren.

Dass Brasilien Schritte unternimmt, um die Vereinbarung von Paris über den Klimawandel von 2015 zu unterzeichnen, mag man als gewissen Silberstreif am Horizont ansehen. Aber angesichts der schlimmsten Talsohle, in der sich die brasilianische Wirtschaft seit Jahrzehnten befindet, verbleibt ein bitterer Nachgeschmack. Senator Roberto Requião, der gegen das Amtsenthebungsverfahren gestimmt hatte, drängt die Regierung dazu, „in die Hufe zu kommen…. denn Konflikte werden nicht zu vermeiden sein“. Die Gefahr bei all dem ist klar: Wie so oft in Zeiten der Rezession ist die Umwelt das neue Schlachtfeld Brasiliens und sie wird ihr erstes Opfer sein, das rasch in Vergessenheit gerät.

Archiv Belo Monto

Archiv Belo Monto

Brazil’s new government needs economic growth and may sacrifice the Amazon to get it

theconversation.com

The impeachment of former president Dilma Rousseff, coup or not, represents a fundamental realigning of modern Brazil. For some in the country, the crisis is an opportunity. These politicians and businessmen are now exploiting the upheaval to roll-back environmental laws and get their hands on the vast natural resources found in protected regions of the Amazon.

The new government led by Michel Temer faces a budget deficit of 10%, an unemployment rate of 10.9% and strong calls for austerity. It looks set to terminate a number of successful social policies, and proposes to weaken worker rights by redefining slavery to exclude “degrading conditions” and “exhausting shifts”.

Nonetheless, Temer will want to maintain Brazil’s international brand of a nation committed to the environment. After all, climate change was put centre stage at the opening ceremony of the 2016 Rio Olympics and a clear message was beamed into billions of homes across the planet: Brazil is green.

Yet these environmental credentials are questionable. Under president Dilma Rousseff and her predecessor, Lula, deforestation returned, large-scale mining and agriculture was expanded, and more dams were built.

Temer has appointed a number of environmentalist politicians to prominent positions such as the Green Party’s José Sarney Filho, now environment minister, and José Serra, the foreign minister. But economic rejuvenation at all costs will inevitably overshadow policies aimed at conservation.

Earlier this year, Temer published a document titled “A bridge to the future”, which outlined his plans for the future of Brazil and its economy. The environment, the Amazon and climate change were not mentioned.

In particular, campaigners fear the new, pro-business government will fast-track dams, mines and other damaging schemes by weakening environmental impact assessments. A proposed bill, if passed, would allow for infrastructure projects to continue regardless of potential impacts on the environment and indigenous lands. This opens the door for accelerated environmental damage in the name of economic recovery and growth.

Though activists cheered the recent cancellation of a $10 billion hydroelectric dam on environmental grounds, it seems such celebrations may prove to be premature.

A key figure behind this bill is senator Blairo Maggi, Brazil’s soybean king and a former recipient of Greenpeace’s Golden Chainsaw awarded to the “person who most contributed to Amazon destruction”. Temer has recently appointed him Minister of Agriculture.

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The Soy King made his fortune turning rainforest into farms

Maggi is a prominent member of the Agricultural Parliamentary Front (or ruralistas) that have long argued for land reform so that protected forests can be chopped down for crops, cattle and mining, with the products sold abroad. As of 2014, 28.4% of protected areas in the Amazon were of interest to mining companies. These lands – protected by concerns for both the environment and indigenous communities – will likely witness further encroachment under Temer’s government.

In recent months, this increasingly strong lobby has submitted a list of demands to President Temer, including land reform and increased subsidies for agriculture. Over lunch with the ruralistas, Temer seemingly committed to exploring these demands.

In one of her last acts as president, the Guardian reports, Rousseff supported indigenous land claims and acknowledged a number of quilombolos (lands occupied by the descendants of runaway slaves). Under Temer, policies like these are now under review.

The ruralistas also want to transfer responsibility for land demarcation from the executive to the legislature, where they dominate. The bill proposing this change was first drawn up in 2000 and is now back on the agenda after years in the doldrums. If passed, it would likely sound a death knell for future territory protection.

These “land reform” schemes largely focus on the Amazon rainforest, where deforestation will likely continue thanks to lucrative opportunities in agriculture and mining. Tighter government budgets will also mean less money for those charged with keeping illegal loggers and miners out of protected areas. In a nation where 50 environmental defenders were murdered in 2015 – the most in the world – resistance will likely result in violence.

A silver lining can be found in Brazil taking steps towards ratifying the 2015 Paris Agreement on climate change. Yet, with the Brazilian economy in its worst slump for decades, a bitter medicine remains likely.

Senator Roberto Requião, who voted against impeachment proceedings, urged the new government to “Get yourselves into the trenches … conflict will be inevitable.” The danger, as it so often is in times of recession, is that the environment will be the new Brazil’s battlefield, and its forgotten first victim.

Netzfrauen Ursula Rissmann-Telle und Doro Schreier
deutsche Flagge
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