In unseren Discountern und Supermärkten, aber auch in Baumärkten werden zu jeder Jahreszeit Schnittblumen und Topfpflanzen angeboten. Aldi ist sogar der größte deutsche Blumen-Verkäufer. Erst gestern verschenkte ein Aldi-Markt massenhaft Blumen, darunter Rosen, da angeblich das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen war. Haben Sie sich schon einmal gefragt, woher die Blumen kommen?
Wir haben bereits mehrere Beiträge über Blumen aus Afrika geschrieben und auf die dortigen Verhältnisse hingewiesen. Die Blumenindustrie ist eine globalisierte Industrie. Sie verlagert sich zunehmend in Länder, die klimatisch und preislich die günstigsten Verhältnisse bieten. So wandern seit den 1970er Jahren immer mehr Blumenbetriebe von Europa und Nordamerika nach Afrika und Lateinamerika. Deutschland ist der größte Markt für Schnittblumen innerhalb der EU.
Moderne Sklavenarbeit in der afrikanischen Blumenindustrie. Die afrikanischen Arbeiter, die meisten sind junge Frauen, erhalten nach Aussage von FIDA Uganda weniger als 50 $ pro Monat, müssen unter schwierigen Bedingungen arbeiten, und wenn sie sich über mangelnde Sicherheitsvorkehrungen beschweren, werden sie entlassen. „Das ist echte Sklaverei“, sagt Eunice Musiime, Leiterin der Akina Mama wa Afrika, eine internationale NGO für Frauenrechte mit Sitz in Uganda. Eine aktuelle Nachricht über sexuelle Belästigungen, schlechte Bezahlungen und Umgang mit schädlichen Chemikalien in der Blumenindustrie erschüttert auch Kenia. Mitarbeiter von zwei Blumenfarmen in Nakuru County haben in einer Petition den Senat darüber informiert.
Kenia zum Beispiel ist einer der größten Exporteure von Schnittrosen der Welt. Täglich werden 500 Tonnen Blumen von Kenia aus weltweit in 60 verschiedene Länder geflogen. Die afrikanischen Arbeiter, meist Frauen, sind auf der untersten Stufe der Blumenindustrie und arbeiten oft unter menschenunwürdigen Bedingungen. Wie hoch der Preis der billigen Blumen ist, zeigen aktuelle Fälle aus Uganda und Kenia.
In Uganda mussten nach einem Zwischenfall in Gewächshäusern Frauen ins Krankenhaus.
Schwierigkeiten beim Atmen, Bauchschmerzen und Erbrechen traten auf, nachdem die Blumen, die sie schneiden sollten, einen Tag vorher mit einer giftigen Chemikalie begast worden waren. Mehr als 80 ugandische Frauen beschuldigen einen in der Niederlande beheimateten Blumenexporteur, dass die Arbeiterinnen unter schwersten Bedingungen arbeiten müssten und einem toxischen Begasungsmittel ausgesetzt seien, nur damit der Blumenexporteuer von der lukrativen internationalen Blumenindustrie profitiert. Die Niederlande sind der weltweit größte Blumenexporteur, doch die Blumen werden schon lange nicht mehr in den Niederlanden angebaut.
The Uganda Association of Women Lawyers (FIDA) bestätigte, dass nach dem Vorfall am 14. Oktober 2016 mindestens vier Frauen noch Wochen danach im Krankenhaus bleiben mussten, nachdem der Blumenexporteur ROYAL VAN ZANTEN die Blumen in den Gewächshäuser mit Metam-Natrium begasen ließ. Die FIDA prüft eine mögliche Klage gegen Royal van Zanten, nachdem sie Beweise gesammelt haben. Weitere Tests werden durchgeführt, ob die Frauen dauerhaft gesundheitliche Schäden davongetragen haben.
Metam-Natrium ist als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft und gilt laut der US Environmental Protection Agency als sehr giftig für Säugetiere, Vögel und Fische. Der Einsatz kann zu Geburtsschäden und zum Tod des ungeborenen Kindes führen. Laut der US Environmental Protection Agency darf dieses Begasungsmittel nur eingeschränkt verwendet werden und empfiehlt mindestens fünf Arbeitstage keine Berührung mit den Pflanzen
Metam-Natrium ist ein in den 1950er Jahren entwickeltes und vielfältig eingesetztes Insektizid, Herbizid, Fungizid und Nematizid.
In der Europäischen Union wurde auf Grund nicht beigebrachter Daten 2009 entschieden, Metam nicht mehr als zugelassenen Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln zu führen. 2010 stellte ein Hersteller einen neuen Antrag auf Zulassung und reichte die fehlenden Studien nach. 2012 entschied die Kommission, Metam als Wirkstoff in der EU zuzulassen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist kein Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff zugelassen.
Die Arbeiterinnen in Uganda erheben schwere Vorwürfe gegen Royal Van Zanten. Sie wurden nur 24 Stunden nach der Begasung mit dem gesundheitsschädlichen Metam-Natrium eingesetzt. Dies verstößt gegen die Sicherheitsbestimmungen. Außerdem wurden sie von Royal Van Zanten bedroht, dass sie ihre Arbeitsplätze verlieren würden, sollten sie sich in der Klinik in Behandlung begeben.
„Diese Maßnahmen tragen zur Gewalt gegen Frauen durch diese grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung bei“, sagte Irene Ovonji Odida, die Leiterin einer Vereinigung von Anwältinnen der FIDA Uganda in der Washington Post. „Unserer Ansicht nach verletzen diese Aktionen von Royal Van Zanten sowohl die ugandischen Gesetze, die der Europäischen Union als auch globale Standards für Unternehmen für Menschenrechte.“
Royal Van Zanten bestätigte, dass etwa 45 Frauen durch den Einsatz von Metam Natrium erkrankten. Sie seien behandelt worden, so der Personalleiter Sam Wambi von der Royal Van Zanten in Uganda.
Royal Van Zanten betreibt zwei Chrysanthemen-Farmen außerhalb Ugandas Hauptstadt Kampala und beschäftigt mehr als 1200 Ugander. Viele von ihnen sind junge Frauen. Sie erhalten nach Aussage von FIDA Uganda weniger als 50 $ pro Monat, müssen unter schwierigen Bedingungen arbeiten, und wenn sie sich über mangelnde Sicherheitsvorkehrungen beschweren, werden sie entlassen. „Das ist echte Sklaverei“, sagte Eunice Musiime, Leiterin der Akina Mama wa Afrika, eine internationale NGO für Frauenrechte mit Sitz in Uganda.
Laut Royal Van Zanten auf deren Webseite:
Royal Van Zanten ist ein innovativer Familienbetrieb, welcher mit der Züchtung von Zierpflanzen International erfolgreich ist. Dies erreichen wir durch kontinuierliche Verbesserung der Genetik, durch den Zusammenschluss von Veredelungs-, Vermehrungs- und Anbautechnologien und durch die intensive Zusammenarbeit mit Partnern aus der Branche. Das Sortiment von Royal Van Zanten besteht aus Schnitt- und Topfalstroemeria, Aster, Bouvardia, Celosia, Freesia, Lilien, Limonium, Multiflora, sowohl Schnitt- als auch Topfpflanzen und Statice.
Quelle: Ugandan incident prompts concern for flower farm workers
Ein Video von Ende November 2016
Arbeiterinnen in Blumenindustrie in Kenia klagen über schlechte Bezahlung, sexuelle Belästigung und den Umgang mit schädlichen Chemikalien
Naivasha ist eine Stadt im Nakuru County in Kenia. In Kenia befinden sich 64 der insgesamt 180 Blumenfarmen mit zusammen 2000 ha Anbaufläche rund um den Lake Naivasha. Bereits 2013 berichtete Afrika.Info, dass die Arbeiterinnen in der Blumenindustrie wenig geschützt sind. Catherine Mumbi hat als ehemalige Beschäftigte in der Blumenindustrie nur schlechte Erfahrungen gemacht. Erst wurde sie schwerkrank, dann sexuell belästigt und zum Schluss gefeuert. Zwei Monate lang musste Mumbi wegen eines Leberleidens in einem Krankenhaus behandelt werden. Als es ihr besser ging, wollte sie an ihren Arbeitsplatz zurück. Doch die Rückkehr hätte nur funktioniert, wäre sie ihrem Vorgesetzten sexuell entgegengekommen. Doch für einen solchen Deal war Mumbi nicht zu haben. Charles Kasuku, ein Sozialarbeiter aus Naivasha, hat unlängst an einer Untersuchung der Arbeitsbedingungen in Kenias Blumenindustrie mitgewirkt. Wie er berichtet, kommt es vor, dass die Aufschriften auf den Chemikalienkanistern überklebt werden, um die Toxizität mancher Substanzen zu verschleiern. Wie er berichtet, sind die ersten Kampagnen gegen die Verwendung von Brommethan (Methylbromid), einem Begasungsmittel für den Pflanzenschutz, in Kenia 1998 angelaufen. Doch noch zeigen Untersuchungen, dass der Wirkstoff auch weiterhin im Gartenbau zum Einsatz kommt. Der Einsatz von Agrargiften erklärt seiner Meinung nach, warum in vielen Gesundheitszentren im Umfeld der Blumenfarmen auffallend viele Menschen mit merkwürdigen Krankheitsbildern behandelt werden. „Erst kürzlich ist jemand an den Folgen sogenannter ‚chemischer Komplikationen‘ gestorben.“ …So der Bericht aus 2013.
Am 28.11 2016 berichtete The Star in einem Artikel, dass genau in der Stadt, nämlich Naivasha, Arbeiterinnen über schlechte Bezahlung, sexuelle Belästigung und den Umgang mit schädlichen Chemikalien klagen. Es handelt sich um zwei Blumenfarmen in Nakuru County. Die beiden Betriebe, die in dem Artikel erwähnt wurden, sind Aquila Farm und Homegrown Flamingo Holdings Flower.
[ Anmerkung Reaktion: Vor einiger Zeit wurde die Homegrown Blumenfarm zu „Finlays Horticulture“ umbenannt. Der ursprüngliche Wunsch blieb aber erhalten: Heute garantiert die Fairtrade-Zertifizierung auch nach außen, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter unter fairen Bedingungen arbeiten und Löhne gezahlt bekommen, die über dem kenianischen Durchschnittslohn liegen, so ein Beitrag auf www.fairtrade-code.de. Sollte es sich wirklich um dieses Unternehmen handeln, die jetzt mit den Vorwürfen konfrontiert wurde, müssten nach unserer Ansicht die Bedingungen noch einmal überprüft werden]
Sexuelle Belästigung ist in der Blumenindustrie weit verbreitet. Besonders dann, wenn Arbeitnehmerin aus gesundheitlichen, aber auch familiären Gründen der Arbeit fern bleiben müssen und dann ihren Arbeitsvertrag wieder aufnehmen wollen. So heißt es in der Petition, die dem Senat für Arbeit und Soziales vorgelegt wurde. Der Senator Stewart Madzayo hat 60 Tage, diese Angelegenheit zu untersuchen und einen Bericht anzufertigen. Der Senat wurde gebeten, die Namen der sich an der Petition beteiligten Personen nicht zu veröffentlichen, da diese Angst vor eventuellen Konsequenzen haben.
In der Petition wird auch auf den Einsatz von Chemikalien hingewiesen, wo laut Schutzbestimmungen für die Dauer von 30 Tagen nach Einsatz von giftigen Chemikalien die Gewächshäuser versiegelt bleiben müssen. Diese Schutzvorkehrungen werden von diesen beiden Blumenfarmen jedoch nicht eingehalten. Dieses soll gerade in der Blumenindustrie laut Beitrag eine gängige Praxis sein. Betroffen seien ca. 50 % der Betriebe in dem Blumensektor.
Der Blumenindustrie, vor allem der mit Sitz in Naivasha, wird schon länger vorgeworfen, aus reiner Profitgier die Arbeiter zu missbrauchen und die Sicherheitsbestimmungen zu verletzen. Kenia ist der drittgrößte Exporteur von Schnittblumen in der Welt, für rund 35 Prozent aller Verkäufe gehen in die Europäische Union. Kenias Rosen, Nelken und Sommerblumen sind auch sehr beliebt in Russland und in den USA. Jeden Tag werden aus Kenia 500 Tonnen Blumen exportiert. Zu welchem Preis – das haben Sie nun in diesem Beitrag erfahren können.
Quelle: Naivasha flower firms on spot over poor pay
Die Rosen, die der Aldi-Markt wegen angeblich ablaufendem Haltbarkeitsdatum verschenkte, kommen zum Teil von der Sher Ethiopia Blumenfarm. Ethiopia ist einer der weltweit größten Rosenproduzenten und gehört zur familiengeführten SHER Holding mit Sitz in den Niederlanden.
Sher Ethiopia beliefert nicht nur Aldi, sondern auch EDEKA mit fair gehandelten Rosen, denn im Februar 2012 wurde Sher Ethiopia auch Fairtrade-zertifiziert Angegeben wird der Ort Zway.
Zway ist laut Wikipedia einer der Süßwasserseen im Großen Afrikanischen Grabenbruch in Äthiopien. Er liegt etwa 100 km südlich von Addis Abeba an der Grenze der Region (oder kililoch) Oromiyaa und der Region der südlichen Nationen, Nationalitäten und Völker. Der Ort Zway befindet sich am westlichen Ufer des Sees. Später ließen sich die Oromo am See nieder.
Rosen für Europa aus einem von Dürre geplagtem Land stürzen Oromo in die Armut. Seit Beginn der Proteste im vergangenen November 2015 in den Regionen Oromo und Amhara sind mehr als tausend Menschen von der Armee erschossen worden. Siehe: Diktatur Äthiopien – Folter, Misshandlung und Unterdrückung – Ethiopia declares state of emergency over protests
Für viele sind es Blumen der Liebe, für die Oromo jedoch sind es Blumen des Leids: Rosen, die in Äthiopien gepflanzt werden. Für die Anlage von Rosenplantagen wurden sie vertrieben. Siehe auch Gesellschaft für bedrohte Völker > Rosen für Europa stürzen Oromo in Armut
Wenn Blumen sprechen könnten, dann würden sie von miserablen Arbeitsbedingungen, Hungerlöhnen, Gesundheitsrisiken und ökologischem Desaster in der Blumenindustrie Afrikas und Lateinamerikas berichten.
Fotos. D. Schreier
Netzfrau Doro Schreier
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