Wir müssen reden. Gestern verstarb Chester Bennington.
Er wählte den Freitod. Daraufhin habe ich für die Netzfrauen zu Chester etwas geschrieben, wie ich es häufig mache, wenn jemand geht.
Es war das erste Mal, dass es sich um einen Freitod handelte. Zurzeit bin ich selber betroffen, denn der Sohn meiner Freundin hat auch vor kurzem den Freitod gewählt. Die quälende Frage: Warum? Immer wieder reden wir und gerade dieses Reden hilft. Aber die Frage WARUM wird nicht mehr beantwortet.
Jetzt haben sich einiger unserer Follower über meine Worte empört:
Wir würden uns aber sehr viel herausnehmen, so eine Leserin und wollte uns gleich entliken. Und es gab viele solcher Kommentare, einige gingen sogar unter der Gürtellinie.
Ja, ist auch gut so, dass diese uns entliken. Ich möchte hier erklären warum.
Es waren nur ein paar Worte, die ich geschrieben hatte, und sie waren auch nur persönlich gedacht. Nicht jeder fühlt gleich.
Wir hochsensiblen Menschen tun uns oft sehr schwer auf dieser Welt. Viele Künstler sind ebenfalls hochsensibel. aber auch gerade deswegen sind sie Künstler. Sie verarbeiten das Gefühlte entweder in einem Song, in einem Bild oder versuchen, es in Worte zu fassen.
Ein Hochsensibler war auch Freddie Mercury. In seinem Song „Love of my life“ hat er auch seine Gefühle verarbeitet. Er hat auch sein ganzes Leben kämpfen müssen. Anders sein ist nicht einfach in dieser schnelllebigen Zeit. Enttäuschung ist das Schlimmste, was uns passieren kann. Wir vertrauen nur wenigen Menschen, dann aber ganz. Und werden wir dann genau von diesen Menschen enttäuscht, stirbt etwas in uns.
Jetzt können Sie sagen, dass es normal ist, doch bei Hochsensiblen sind diese Gefühle noch stärker ausgeprägt.
Noch ein Beispiel wäre Leonardo da Vinci. Da er die Gefühle der Menschen richtig spürte, hat er sich in den Kirchen einen Extra-Raum bauen lassen. Dort war er vor den Gefühlen anderer sicher.
Als er sich eines Tages in eine junge Frau verliebte, verweigerte die Oma der jungen Frau die Freundschaft der beiden. Der Grund: Leonardo galt als Sonderling. Er war anders.
So hat meines Wissens Leonardo auch nie geheiratet. Vielleicht ist es die Frau, die heute als Mona Lisa berühmt ist.
Was ich damit sagen möchte: Hochsensibel zu sein ist ein Fluch. Man kann sich sehr schnell in die Situation anderer Menschen hineinversetzen, aber man wird auch von anderen Menschen „ausgesaugt“ und man leidet.
Also kommt sehr schnell die „graue“ Zeit, die heute auch als Depression bekannt ist. Doch Depressionen gibt es in unterschiedlicher Form.
Der eine fällt in ein tiefes Loch und kommt nicht heraus, andere schaffen es wieder allein. Auch und gerade dadurch, dass sie Menschen finden, die sie verstehen, oder dass sie ein neues Glück finden.
Doch eines haben sie alle gemeinsam: den Kampf mit sich. Man führt permanent einen Kampf. Und dann flüchtet man in die Einsamkeit, genau das hat auch Chester beschrieben.
Man will niemanden sehen, mit niemanden sprechen. Man sehnt sich nach dem Menschen, der man mal war. Deshalb tun auch Erinnerungen so weh, ob nun ein Lied, mit dem man sich in Verbindung bringt, oder einfach nur Orte.
Ich selber habe auch eine solche Zeit hinter mir. Eine Zeit der Stille nenne ich diese Zeit. Sie begann, als ich mich entschied, nicht mehr im Hamsterrad leben zu wollen und, wie ich kürzlich schrieb, nicht die Erwartungen der anderen erfüllen. Ich musste mich suchen, denn ich hatte mich auf dem Weg des Erfolges verloren.
Meist nun sind wir Hochsensiblen ja auch noch erfolgreich, weil wir uns in andere Menschen versetzen können. Weil wir oft die richtigen Worte finden und Gefühle beschreiben können.
Ich habe die Zeit der Stille gewählt, nachdem ich aus meinem Beruf ausstieg und die Anonymität wählte. Ich dachte auch: einfach schlafen, nie mehr aufwachen. Dieser Kampf muss ein Ende haben. Doch ich hatte etwas Wertvolles, eine Tochter, die mir die Augen öffnete, und wo ich wusste, dass dieser Kampf sich lohnt.
Also kämpfte ich mich ins Leben zurück, fand einen ganz lieben Partner und wurde wieder glücklich. Ich hatte gesiegt, und wenn ich heute mal wieder merke, dass eine „graue“ Zeit kommt, dann male ich ein Bild, schreibe ein Gedicht oder ich schreibe Ihnen schöne Zeilen über das Leben.
Ich habe Menschen um mich, die mich so akzeptieren, wie ich bin, eben anders.
Die Sozialen Netzwerke machen uns das Leben nicht einfach, denn wie Sie sicher wissen, erlebe ich seit zwei Jahren heftiges Cybermobbing. Aber auch damit habe ich gelernt umzugehen.
Also, noch einmal zu dem Freitod und meinen Worten zum Tod von Chester.
Er hatte seinen Kampf mit Drogen lindern wollen, das nennt man auch seine Gefühle betäuben. Doch es ist nur Betäuben, die Gefühle kommen wieder und sind eine Last.
Drogen machen süchtig und so beginnt ein neuer Kampf. Man ekelt sich vor sich selbst und sehnt sich nach dem Menschen, der man mal war.
Er hat den Kampf mit sich verloren. Leid tun mir seine Kinder. Er hat sechs Kinder und diese Kinder werden immer daran denken, dass sie einen Vater hatten, der sie einfach alleine gelassen hat.
Sprechen sie mal mit Menschen, in deren Kindheit die Mutter oder der Vater den Freitod wählte.
Ich war auf Beerdigungen, wo ein Mensch den Freitod wählte, wo wir nie gedacht hätten, dass dieser Mensch so gelitten hat.
Oft sind es Menschen, die lachen, lustig sind und doch im Inneren so traurig .Oft sind es Menschen unmittelbar neben einem. Und dann fragen sich die Menschen: Warum bist du gegangen?
Wie sagte ich einmal zu einem Mitarbeiter, der seinen besten Freund durch einen Freitod verlor, übrigens war der, der den Freitod wählte, Vater zweier kleinen Kinder:
Man redet, ja. Aber redet man wirklich über alles?
Will man den anderen wirklich zuhören, will man sich mit den Problemen der anderen beschäftigen?
Jeder hat seine Last zu tragen und da bleibt meist nicht viel Zeit für andere.
An alle, die auch das Gefühl haben, dass das Leben zu einer Last wird, sei gesagt: Umbringen kann man sich immer noch.
Klingt blöd, aber hilft.
Also Mut, redet, sucht euch Hilfe. Wir mögen anders sein, aber macht uns dies nicht gerade zu etwas Besonderem?
Den Lesern, die sich auf Grund meiner Worte empört haben, sei gesagt: Jeder hat seine Meinung und die darf man schreiben. Uns deswegen zu entliken, ist schon ein Zeichen, dass Sie unserer Worte gar nicht wert sind.
Egoismus, Gleichgültigkeit und Erfolgsdruck in unserer heutigen Gesellschaft sind der Grund, warum sich heute viele für den Freitod entscheiden.
Doch glauben Sie mir, es ist nicht die Lösung. Halten Sie durch, es lohnt sich.
Netzfrau Doro Schreier
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