Vergessen Sie Lappland. Die wahre Heimat von Weihnachten ist eine seltsame und unbekannte chinesische Stadt namens Yiwu. Die Stadt Yiwu in der ostchinesischen Provinz Zhejiang ist der größte Weihnachtsproduktionsstandort der Welt. Kinderspielzeug darf die Gesundheit und die Sicherheit der Kinder nicht gefährden, doch etwa 80 Prozent der Spielwaren für den europäischen Markt stammen heute aus China, gefährliche Chemikalien incl.
Allein im Jahr 2016 wurden für Babys und Kleinkinder unter 3 Jahre in Deutschland 529 Millionen Euro für Spielzeug ausgegeben.
Der Verkauf von Spielzeug steigt stetig. 15 Milliarden Euro beträgt der Jahresumsatz der Branche. Umsatzstärkster Monat ist der Dezember, wenn das Weihnachtsgeschäft die Kassen klingeln lässt. Und so manches Spielzeug wird zu einer Gefahr für die Gesundheit unserer Kinder.
Tickende Zeitbombe – Das verschmutzte Erbe Chinas
Etwa 80 Prozent des in Deutschland verkauften Spielzeugs wird in China produziert, sogar mithilfe von Steuergeldern. Moderne Sklavenarbeit in der Spielwarenindustrie: Kinderarbeit, Billiglohn, gefährliche Chemikalien und Überstunden über die gesetzlichen Grenze. Selbst deutsche Firmen wie Schleich produzieren in China.
Bereits 2011 ließ China verkünden, dass Chinas Spielzeugindustrie vor einer Herausforderung stehe, da die EU die Gesetze verschärfen wollte. Die neuen Regeln zur Sicherheit von Spielzeug, so sagten Marktexperten, werden die Kosten für chinesische Spielzeughersteller um mindestens fünf Prozent erhöhen und ihre ohnehin schon hauchdünnen Gewinne drücken. China, der weltgrößte Spielzeughersteller, nimmt rund 70 Prozent des Weltmarktanteils ein und macht rund 80 Prozent der europäischen Spielzeugimporte aus, so der Bericht aus 2011 von cntv.cn (!!)
Das tat dann auch die EU. Die EU lockerte die Grenzwerte für Blei, Barium, Antimon, Arsen und Quecksilber in Kinderspielzeug, die 2011 in Kraft trat. Zumindest hat der Rat der Europäischen Union am 27. März 2017 eine Richtlinie angenommen, mit der die Grenzwerte für Blei in Spielzeug deutlich gesenkt werden. Siehe: Vom Sinn oder Unsinn der Grenzwerte
Der Weihnachtsmann kommt nach Yiwu, um Geschenke zu kaufen.
Die Vereinten Nationen, die Weltbank, Morgan Stanley und andere Weltbehörden haben 2005 erklärt: „Der Yiwu-Markt ist der weltweit größte Großhandelsmarkt für allgemeine Waren.“ Und dieser Markt ist stetig gewachsen und Millionen von qm sind hinzugekommen. Es gibt dort nichts, was es nicht gibt, und im August ist es der größte Weihnachtsmarkt der Welt, wo der Weihnachtsmann seine Weihnachtsgeschenke kauft.
Yiwu ist eine Stadt 350 Kilometer westlich von Shanghai. Es hat eine Bevölkerung von 1,5 Millionen Einwohnern. Obwohl Yiwu nach chinesischer Norm eine kleine Stadt ist, ist es der Ort, an dem die Händler aus der ganzen Welt einkaufen. Es ist der Ausgangspunkt von 80 Prozent Weihnachtsschmuck und 60 Prozent Kinderspielzeug. Die Stadt Yiwu in der ostchinesischen Provinz Zhejiang ist Chinas größter Großhandelsmarkt für Rohstoffe und zugleich der größte Weihnachtsproduktionsstandort der Welt.
Dauerhaft leben hier in der Stadt rund 8000 ausländische Käufer, die unbarmherzig nach Produkten suchen, die dann verschifft werden. Im Jahr 2016 wurde eine Eisenbahnlinie gebaut, die Madrid mit Yiwu verbindet. Die Eisenbahn ist etwa 10 000 km lang, 741 km mehr als die Transsibirische und sie ist eine 21-tägige Pendelstrecke.
Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua werden in Yiwu mehr als 60% der weltweiten Weihnachtsdekorationen hergestellt, von denen ein bedeutender Teil auf diesem riesigen Großhandelsmarkt verkauft werden.Der International Trade Mart (Futian Market) ist in Yiwu mit 62 000 Ständen und dem Verkauf von 400 000 Arten von Produkten von 100 000 Lieferanten und mit 2 000 Kategorien und Produkten aus 40 verschiedenen Branchen der größte und er sieht eher wie eine ganzjährige Messe aus. Die Produkte von diesem Markt (65 Prozent) werden größtenteils in über 215 Länder und Regionen exportiert. Mehr als 90 Prozent der Geschäfte kaufen ihre Waren direkt vom Hersteller, daher auch günstige Fabrikpreise.
Im Oktober 2008 eröffnet das Yiwu International Trade Mart District 4 mit einem Komplex von 1 080 000 qm. Hier werden auf
16 000 Verkaufsständen mit 19 000 Lieferanten Socken, Alltagsbedarf, Schals, Handschuhe, Hüte, Schuhe, Gürtel, Krawatten, Handtücher, Wollartikel sowie Textilien angeboten.
Holzspielzeug kommen mittlerweile genauso aus China wie Puppen und Plastikfiguren.
Viele der Spielsachen, die hierzulande auf den Weihnachtswunschzetteln stehen, werden in einer von etwa 4000 Fabriken in Südchina hergestellt – darunter sind zahlreiche Produkte namhafter deutscher Marken. Darauf machte bereits ZDFzoom aufmerksam, getan hat sich seitdem nichts und der Umsatz steigt stetig.
Doch unter welchen Bedingungen entsteht das Spielzeug? Wie sind die Arbeitsbedingungen in den Fabriken?
Laut China Labor Watch ist die Welt der Spielwaren ein Paradies für Kinder, aber es ist eine Welt des Elends für die Menschen, die diese Spielwaren herstellen. Der Gründer der Organisation und Geschäftsführer Li Qiang sagte im Guardian vom 04. Dezember 2016 „Wir können nicht tolerieren, dass Kinderträume auf Kosten von Arbeitern erfüllt werden, die gegen unfaire Behandlungen kämpfen, um Spielwaren herzustellen.“ Die verdeckten Ermittler untersuchten vier Fabriken. Sie sammelten Lohnzettel und machten Fotos. Die dortigen Arbeiter bestätigten, dass sie Spielzeug für Disney, Mattel, Fisher-Price und McDonald’s herstellten. Sie machen mehr als 100 Überstunden im Monat – fast das Dreifache der gesetzlichen Grenze in China.
Der Toys Report 2017 offenbarte passend zur Weihnachtszeit desaströse Missstände in chinesischen Spielzeugfabriken. Extreme Überstunden in schlecht klimatisierten Fabriken, marginale Löhne und menschenunwürdige Unterbringung machen das Leben für die Arbeiter*innen unerträglich. Dazu kommen schwere gesundheitliche Gefahren durch den Umgang mit toxischen Substanzen und fehlende Schutzausrüstung:
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Keine funktionierende ArbeiterInnenvertretung
In keiner der vier Fabriken ist eine Gewerkschaft aktiv. Wo es eine Gewerkschaft gibt, kennen
die Arbeitskräfte deren Funktion nicht und es gibt keine regelmässigen Treffen. Bei Winson
ist die Gewerkschaft zwar präsent, doch sind die GewerkschaftsvertreterInnen in leitender
Funktion in der Produktion tätig, was die Wirksamkeit der Gewerkschaft einschränkt. -
Unwürdige Unterkünfte
Die von den Fabriken zur Verfügung gestellten Unterkünfte spotten jeder Beschreibung:
Acht oder mehr Personen werden in kleine Schlafsäle gepfercht, wo sie im Sommer unerträglicher
Hitze ausgesetzt sind. Zudem müssen sich zehn oder mehr Personen eine stinkende,
völlig verdreckte Toilette teilen. Wegen der schlechten Bedingungen, versuchen
viele ArbeiterInnen anderswo unterzukommen. -
Mangelnde Sicherheit
Das chinesische Gesetz zu Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz verlangt frei
zugängliche Notausgänge in allen Produktionsbereichen und den Unterkünften. Bei Early
Light und Winson versperren überall herumstehende Warenstapel den Weg und die Notausgänge.
Die Feuerlöscher in den Unterkünften von Qualidax wurden letztmals 2016 geprüft
und ihr Verfallsdatum ist über ein Jahr abgelaufen.
Die verdeckte Recherche von China Labor Watch, Solidar Suisse und der CIR zeigt die dunkle Seite der Spielwaren unterm Weihnachtsbaum: Exzessive Überstunden, fehlender Arbeitsschutz und menschenunwürdige Unterkünfte sind für Arbeiter*innen in Spielzeugfabriken Chinas unzumutbarer Alltag.Den Toys Report 2017 (auf Deutsch) können Sie hier lesen und herunterladen
Ein verdeckter Ermittler 2016 stellte fest, dass ein Unternehmen die Arbeiter zwingt, mit Isoamylacetat zu arbeiten. Das ist eine Substanz, die sehr stark nach Bananen riecht. Es wird als Lösungsmittel oder für das Weichmachen von Kunststoffen eingesetzt. An einer Produktionslinie kommen die Arbeiter in direkten Kontakt mit der Substanz.
INFOBOX – Isoamylacetat
Eigenschaften: Die entzündliche, farblose Flüssigkeit hat einen charakteristischen Geruch. Mit Luft mischt sich der Dampf leicht. Bei Temperaturen über 25°C bilden sich mit der Luft explosive Gemische. Mit starken Oxidationsmitteln erfolgt eine heftige Reaktion. Dabei besteht immer akute Brand- und Explosionsgefahr.
Symptomatik: Der Stoff kann inhalativ oder oral aufgenommen werden und reizt die Augen und die Atemwege. Bereits bei einer Temperatur von 20°C kommt es langsam zu einer toxischen Kontamination der Luft. Eine Einwirkung auf die Augen und / oder die Haut ist an einer Rötung und an Schmerzen zu erkennen. Die Haut wird ausgetrocknet. Nach einer oralen Aufnahme kommt es zu Übelkeit, Halsschmerzen und abdominellen Schmerzen. Eine inhalative Aufnahme bewirkt Kopfschmerzen, Mattigkeit, Müdigkeit und Halsschmerzen. Hohe Konzentrationen des Dampfes können Bewusstseinsstörungen bis zur Bewusstlosigkeit verursachen. Eine wiederholte oder länger andauernde Einwirkung entfettet die Haut.
Maßnahmen: Der Patient ist mit umluftunabhängigem Atemschutz aus der kontaminierten Umgebung zu retten. Es kann notwendig werden, den Patienten zu beatmen. Jeder Patient bekommt mindestens vier Liter Sauerstoff pro Minute. Kontaminierte Kleidung ist zu entfernen und die betroffene Haut ist ausgiebig mit Wasser zu spülen. Bei einer Einwirkung auf das Auge ist dieses zu anästhesieren und sorgfältig zu spülen. Alle weiteren Maßnahmen erfolgen symptomatisch. Eine klinische Überwachung hat auf jeden Fall zu erfolgen.
Vorsichtsmaßnahmen: Offene Flammen und Funkenbildung sind zu vermeiden. Es darf nicht geraucht werden. Die Haut und die Augen sind mit geeigneten Schutzmaterialien zu schützen. Quelle gifte.de
War Ihnen bekannt, dass es für die Spielwarensicherheit in China eine Entwicklungspartnerschaft mit der Privatwirtschaft gab? Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hatte von 2010 bis 2015 eine Partnerschaft in China mit Schleich GmbH und intelligent views GmbH. Deutschland gehört zu den Ländern, die China die meiste Entwicklungshilfe zukommen ließen.
Noch immer sind die Arbeitsbedingungen in Fabriken, die Spielwaren herstellen, erschreckend, und eigentlich sollte man doch glauben, dass eine Firma wie Schleich GmbH besser in Deutschland produzieren könnte, anstatt dass die Produktion in China durch Steuergelder gefördert wird! Der fränkische Hersteller Playmobil lässt nach eigenen Angaben die elektronischen Gimmicks wie Blinklichter oder Sirenen in China produzieren. Siehe auch unseren Beitrag: „Giftige“ Bescherung – 80% DER SPIELWAREN WERDEN IN CHINA HERGESTELLT – incl. gefährliche Chemikalien und unterstützt durch Steuergelder
Doch was nicht in China produziert wird, kommt zum Beispiel aus Tschechien. Internationale Konzerne wie Lego, Ravensburger oder Playmobil nutzen die Kostenvorteile des Standorts, um Spielwaren in Tschechien zu produzieren oder zu verpacken.
Die Arbeitskräfte sind in Tschechien immer noch billiger als beispielsweise in Südkorea. Daher lassen selbst asiatische Konzerne mittlerweile in Tschechien produzieren. Die Gesamtzuschüsse der EU für die Tschechische Republik:im Haushaltsjahr 2015 betrug 7,075 Milliarden EUR.
Wie die Arbeitsbedingungen in Tschechien sind, können wir nicht beurteilen. Allerdings hat 2013 eine Reportage der c’t in Tschechien eine Debatte über die Arbeitsbedingungen beim Elektronik-Produzenten Foxconn ausgelöst. Angestellte aus Vietnam, Bulgarien und der Mongolei arbeiteten die Mitarbeiter bei dem Auftragsfertiger im böhmischen Pardubice unter extremem Leistungsdruck, zu Niedriglöhnen und in zwölf Stunden langen Schichten praktisch ohne Pausen, fand ein Reporterteam des Magazins heraus. Foxconn wurde darauf 2014 zu einer hohen Strafe verurteilt.
Wie die GTAI schreibt, nutzen deutsche Spielzeughersteller seit langem auch das günstige Geschäftsumfeld. Die schwäbische Ravensburger AG hat ebenfalls eine Fabrik im Bezirk Pardubice und zwar in Policka. In dem Werk werden 35 Mio. Spielwaren hergestellt. Das Unternehmen plant nun eine neue Lagerhalle und eine weitere Linie zur Kunststoffbearbeitung.
Playmobil lässt im westböhmischen Cheb Halbteile sortieren und verpacken. Außerdem werden dort personalintensive Konfektionsarbeiten durchgeführt, zum Beispiel das Befüllen von Adventskalendern. Rumäniens Justiz prüfte letztes Jahr die Kinderarbeitsvorwürfe bei Ü-Eier-Produktion von Ferrero.
Nicht nur die Arbeiter und Arbeiterinnen, die diese Spielwaren herstellen, erkranken durch diese Chemikalien, sondern auch unsere Kinder. Als Kunde erfährt man meist nicht mal die Angabe des Herkunftslandes, denn das ist keine Pflicht!
Netzfrau Doro Schreier
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