Paracelsus-Kliniken: Insolvenz trotz steigender Umsatzerlöse? Krankenhäuser gehören nicht an die Börse!

Eine Klinikkette ist pleite? „Dem Menschen verpflichtet. Nicht der Börse,“ schreibt Paracelsus-Kliniken Deutschland in ihrem Jahresrückblick 2016, mit einem Umsatzerlös von 409 224 000 Euro. Erleben wir gerade das, was mit Air Berlin passierte, jetzt auch bei den Krankenhausbetreibern? 

In Deutschland teilen sich wenige große Unternehmen das Geschäft mit den Kliniken:  Die vier größten – Helios, Rhön, Asklepios und Sana – haben drei Viertel des privaten Krankenhausmarktes im Griff. Was bei einer Privatisierung des staatlichen Tafelsilbers passieren kann, sehen wir tagtäglich an Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen und Reha-Kureinrichtungen. Diese BIG4  sind nicht anders als die anderen BIG4 – ob Investmentgesellschaften, Lebensmittelgiganten u. s. w.. Ihr Ziel: Gewinnmaximierung!

Diese Klinikbetreiber haben die Macht: Fresenius/Helios, Asklepios, Sana-Kliniken und Rhön-Klinikum. Dann wären da noch die in Osnabrück ansässige Paracelsus-Kliniken und die Schön-Klinik am Chiemsee. 

Was, wenn sich die Paracelsus-Kliniken und die Schön-Klinik verschmelzen würden? Nur ein Gedanke, doch durchaus denkbar. Wir erklären Ihnen warum!

Die Insolvenz von Air Berlin und die Übernahme durch Lufthansa

Im August 2017 das große Entsetzen, denn mitten in der Hauptreisezeit meldete Air Berlin Insolvenz an und erhielt noch rasch eine Bürgschaft aus Steuergeldern in Höhe von 150 Millionen Euro. Und nicht nur Erdogan hat sich sicher über die Millionen gefreut, denn die ESAS Holding A.S aus der Türkei war zu der Zeit Großaktionär von Airberlin,  sondern auch die Lufthansa. Nur ein halbes Jahr vor der Insolvenz, und zwar am 01. Februar 2017 wurde Th. Winkelmann CEO. Er kam von der Lufthansa! G. Becht wurde am 11. 7. 2017 Aufsichtsratsvorsitzender und war vorher bei der Deutschen Bahn.

Zu den größten Aktionären der Air Berlin PLC gehörten zu der Zeit Etihad Airways und die ESAS Holding A.S aus der Türkei! Großaktionär bei der Lufthansa ist BlackRock, Inc. (3,30 % 27.03.2017)
Und kurz vor der Insolvenz von Air Berlin wird rein zufällig am 26. 07. 2017 der Hedgefond Lansdowne Partners International Ltd. mit 3,07 % Großaktionär von der Lufthansa. Bereits im August 2017 stand fest, dass die Lufthansa und ihre Aktionäre die großen Gewinner sein werden. Und spätestens Ende dieses Jahres steht fest, dass die größten Gewinner die Aktionäre sind, denn seit Jahresbeginn hat sich der Wert ihrer Anteile an der Deutschen Lufthansa AG sogar verdoppelt.

Ein Gewinner ist auch der erst im Februar 2017 von der Lufthansa zur Air Berlin gewechselte Thomas Winkelmann. Sein Vertrag läuft bis 2021. Air Berlins Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem CEO können sich bis Ende Januar 2021 auf ca. 4,5 Millionen Euro summieren. Dieser Wechsel hat sich gelohnt.

Paracelsus-Kliniken und Schön-Klinik

Am 21. Dezember 2017 stellt einer der größten privaten Klinikbetreiber, und zwar die Paracelsus-Kliniken beim Amtsgericht Osnabrück einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.

Seit Juli 2017 ist Michael Schlickum neuer Finanzchef und war vorher bei der Schön Klinik Gruppe acht Jahre für das zentrale Finanzmanagement verantwortlich, bevor er als kaufmännischer Geschäftsführer und Klinikleiter zu den Acura Ruland Kliniken wechselte. Im September 2016 kehrte der 46-Jährige zur Schön Klinik Gruppe als Klinikleiter der neu erworbenen Klinik in Düsseldorf zurück, so die Presseerklärung. 

Jetzt erfahren wir, dass der Alleingesellschafter Dr. Manfred Krukemeyer sich laut noz vollständig aus dem operativen Geschäft zurückziehen wolle und die Sanierung den externen Experten überlasse.

Dr. Manfred Krukemeyer war alles andere als ein Profitgeier wie die BIG4:  Fresenius/Helios, Asklepios, Sana-Kliniken und Rhön-Klinikum. In einem Interview 2012 sagte Dr. med. Manfred Georg Krukemeyer, Gesellschafter der Paracelsus-Kliniken: „Krankenhäuser gehören nicht an die Börse“!

Außerdem sagte er in diesem Interview: „Rhön hat in den vergangenen 25 Jahren eine beachtliche Erfolgsgeschichte hingelegt. Und für eine optimale Patientenversorgung ist Wachstum generell der strategisch richtige Weg. Wenn jetzt aber zwei Gruppen – Helios und Rhön – fusionieren, stellt sich die Frage: Wem bringt das was? Den Patienten, den Ärzten oder nur den Aktionären? Ziel darf auf keinen Fall nur die Gewinnmaximierung für gierige Investmentbanker sein.“

Hintergrund: Fresenius Helios – Klinikkette Rhön – Klinikbetreiber Asklepios – Die B. Braun Melsungen AG, ein deutsches Pharma- und Medizinbedarfs-Unternehmen

Fresenius Helios wollte die große Klinikkette Rhön erwerben, doch damit waren der private Klinikbetreiber Asklepios und der Medizinproduktehersteller B.Braun nicht einverstanden. 2014 hieß es dann: Rhön-Übernahme: Fresenius einigt sich mit Asklepios und B. Braun.

Der Gesundheitskonzern Fresenius, der private Klinikbetreiber Asklepios und der Medizinproduktehersteller B. Braun hatten ihren Streit über den Erwerb von 43 Krankenhäusern und 15 medizinischen Versorgungszentren der Rhön-Klinikum AG durch Fresenius Helios beigelegt. Im Gegenzug schloss Fresenius Helios einen langfristigen Rahmenliefervertrag mit dem Medizinproduktehersteller B. Braun.

Asklepios wiederum soll neben Fresenius Helios und der Rhön-Klinikum AG Gründungsmitglied und gleichberechtigter Partner eines geplanten „Netzwerks Medizin“ werden. Fresenius Helios werde diesen Eintritt in das Netzwerk mit einer einmaligen Zahlung von fünf Millionen Euro an Asklepios unterstützen, heißt es in der Pressemitteilung laut aerzteblatt.de. 

Bereits im Jahr 2005 erwarb Fresenius die Helios Gruppen von der Familie des Gründers Lutz Helmig. Mit der Übernahme der 43 Rhön Kliniken im Jahre 2013 sind die Helios Kliniken zur klaren Nummer 1 der Privatkliniken in Deutschland aufgestiegen.

Info: B. Braun entwickelt, produziert und vertreibt Produkte und Dienstleistungen für die Medizin und hat sich zu einem weltweiten Konzern und führenden Versorger des Gesundheitsmarktes entwickelt. 2013 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von 5,17 Mrd. Euro. Mehr zu B. Braun: Nicht nur künstliche Intelligenz sondern auch intelligente Implantate – Hüftgelenke mit Microchips – Signale aus der Hüfte!

Die Rhön-Klinik-AG, die 2010 aggressiv auf den Markt der ambulanten ärztlichen Versorgung drängte, zählt zum Bertelsmann-Imperium, so ein Beitrag aus 2010 aus der SüddeutschenZeitung. So sollen der  mittlerweile verstorbene Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium  Dr.Schröder

und der Gesundheitsökonom Prof. Lauterbach gut dotierte Beraterverträge mit der Rhön-Klinik-AG gehabt haben. Der B. Braun-Konzern ist der größte Anteilseigner des Rhön-Klinikums. Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte der SPD, war früher Aufsichtsratsmitglied bei den Rhön-Kliniken und zwar vom 2001 bis 2013.

Siehe auch: Pressefreiheit? Die Macht der Medienmogule Bertelsmann und Springer – alle in einem Boot mit den Konzernen – Es ist gut zu wissen, wem welche Medien gehören

Übersicht der größten Privatkliniken Deutschlands

( Die Datenerhebung wurde anhand der Unternehmensinformationen der Privatkliniken durchgeführt und stammen wenn möglich aus 2016, ansonsten aus 2015) Quelle: praktischarzt.de

Screenshot www.praktischarzt.de

Die Insolvenz von  Paracelsus

Drei Monate hat Paracelsus nun Zeit, einen Sanierungsplan aufzustellen. „Dieser Schritt war notwendig, damit der Klinikverbund mit 40 Einrichtungen an 23 Standorten die Chancen einer nachhaltigen Sanierung im Interesse seiner Patienten, Mitarbeiter und Gläubiger nutzen kann“, teilte das Unternehmen laut NDR mit.

Insolvenz trotz steigender Umsatzerlöse?

2015 waren es 372 512 000 Euro und in 2016 stieg der Umsatz auf 409 224 000 Euro.

Screenshot – Jahresbericht 2016 – Paracelsus-Kliniken

Zum Vergleich: Im Geschäftsjahr 2016 erwirtschaftete die Schön Klinik SE-Gruppe an ihren 17 Standorten in Deutschland eine Gesamtleistung von EUR 796,8 Mio. und damit 5,1 % mehr als im Jahr 2015.

Die Schön Klinik ist eine Klinikgruppe in privater Trägerschaft (Familie Schön) mit den Schwerpunkten Orthopädie, Neurologie, Psychosomatik, Chirurgie und Innere Medizin. Laut eigenen Angaben behandeln sie an 23 Standorten in Bayern, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein sowie Großbritannien mit 10 000 Mitarbeitern jährlich 300 000 Patienten. (2013 behandelten sie noch 94 000 Patienten).

In einem Interview 2012 sagte Dr. med. Manfred Georg Krukemeyer, Gesellschafter der Paracelsus-Kliniken: „Krankenhäuser gehören nicht an die Börse“!

Doch schaut man sich diese Klinikbetreiber an, die die Macht haben:  Fresenius/Helios, Asklepios, Sana-Kliniken und Rhön-Klinikum, dann sind Krankenhäuser schon längst an der Börse.

Aktionäre von Fresenius/Helios

http://www.4-traders.com/FRESENIUS-436083/company/

Größten Aktionäre  RHÖN-KLINIKUM AG

Stand: 28. November 2017

Asklepios Kliniken Verwaltungsgesellschaft mbH/Dr. gr. Broermann 25.10 %
B. Braun Melsungen AG 25.00 %*
Eugen Münch (HCM SE) 14.56 %
Ingeborg Münch 5.44 %
Landeskrankenhilfe V.V.a.G 3.19 %

Auf die Frage: Ist ein Börsengang von Paracelsus denn definitiv ausgeschlossen? Was, wenn Sie dringend zusätzliches Kapital für Investitionen benötigen?…

… antwortete der Alleingesellschafter Dr. Manfred Krukemeyer im Dtsch Arztebl 2012 : „Ja, selbst für diesen Fall. Aber Investitionen sind ein wichtiges Stichwort: Die sind für die Krankenhäuser derzeit überlebenswichtig, weil die dualistische Finanzierung in einigen Bundesländern beendet wird. Wenn die Länder sich aber aus der Krankenhausfinanzierung verabschieden, dann tun sie das bewusst, weil sie wollen, dass der Markt sich selbst reguliert. Damit kommt die Privatisierungswelle erst so richtig ins Rollen.“

Jetzt wird Krukemeyer sich laut noz vollständig aus dem operativen Geschäft zurückziehen und die Sanierung den externen Experten überlassen. Am 21. Dezember 2017 stellt der größte private Klinikbetreiber Paracelsus-Kliniken beim Amtsgericht Osnabrück einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.

Bundesweit betreuen insgesamt ca. 6000 Mitarbeiter jährlich mehr als 100 000 stationäre Patienten.

Zum Vergleich: die  Schön-Kliniken: 10 000 Mitarbeiter jährlich 300 000 Patienten.

Ist es wie bei Air Berlin? Bevor die Insolvenz beantragt wurde, kam der neue Vorstand von der Lufthansa. Jetzt meldet  Paracelsus-Kliniken Insolvenz an und seit Juli 2017 ist Michael Schlickum neuer Finanzchef bei Paracelsus-Kliniken und war vorher bei der Schön Klinik Gruppe.

Die Paracelsus-Kliniken hatten schon immer eine Maxime: „Allein auf Rendite zu setzen, zahlt sich nicht aus. Natürlich wollen und müssen auch wir Umsatz machen. Aber mit dem Geld, das wir verdienen, bedienen wir keine Anteilseigner!“ Und wie sieht die Maxime in Zukunft aus?

Kranke Menschen sind längst Kunden und keine Patienten, die ein Recht auf GUTE Pflege haben!.

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Diese Klinikbetreiber haben die Macht! Fresenius/Helios, Asklepios, Sana-Kliniken, Rhön-Klinikum: Das Geschäft mit unserer Gesundheit

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