Schneller, bunter, höher und weiter – das Angebot an Feuerwerkskörpern kennt keine Grenzen. Milliarden Euro an Feuerwerkskörpern verpuffen in der Luft, allein in Deutschland 137 Millionen Euro und lassen die Feinstaubwerte in die Höhe schnellen. Es wird wieder zu zahlreichen Unfällen kommen und die Partikel, die tief in Nase und Lunge dringen, sollen sogar Krebs auslösen. Und weil die Vorschriften in Deutschland weniger streng sind als in den Niederlanden, hat die niederländische Polizei sogar vor „Feuerwerks-Tourismus” nach Deutschland gewarnt. In den Niederlanden ist vor allem sogenanntes „schweres Feuerwerk” verboten. Dazu zählt etwa Bengalisches Feuer. Die Geldstrafen können bis zu 1500 Euro betragen.
Immer wieder kommt es dort, wo Silvesterknaller, China-Böller oder Silvesterraketen, neuerdings auch Batteriefeuerwerk, hergestellt werden, zu Explosionen. Seit 2013 berichten wir über die Herstellung von Feuerwerkskörper und ihre Folgen: Kinderarbeit in der Feuerwerksindustrie.
Doch weiterhin wird gekauft – schneller, bunter, höher und weiter, anstatt weniger.
Mindestens 50 Menschen starben, es waren junge Arbeiterinnen, als im Oktober 2017 eine Feuerwerksfabrik in Kosambi, Indonesien explodierte. Über 4000 kg brennbares Material befand sich zu der Zeit im Gebäude. Mittlerweile stellte sich heraus, dass keine Sicherheitsvorkehrungen vorhanden waren. Ein Vertreter des Mutterkonzerns von PT Panca Buana Cahaya Sukses sagte, dass das Unternehmen für die medizinische Behandlung aller Überlebenden bezahlen würde, lehnte es jedoch ab, sich zu dem Rechtsfall zu äußern. Die Genehmigung für die Errichtung dieser Fabrik war 2016 erteilt worden und startete im August 2017. Nur 2 Monate später starben die Hälfte der dort arbeitenden Menschen. Darunter sollen sich auch Minderjährige befunden habe, die in der Feuerwerksproduktion beschäftigt waren.
Weihnachten 2016 wurde in China ein ganzes Dorf durch eine Explosion in einer Feuerwerksfabrik zerstört. Aber auch in Indien kommt es immer wieder zu Vorfällen. Bei einer Explosion in einer illegal betriebenen Feuerwerksfabrik wurden Kinder schwer verletzt, die in dieser Fabrik arbeiteten.
Während sich Eltern mit Kindern in die langen Schlangen stellen, um sich mit Feuerwerk einzudecken, schuften unter menschenverachtenden Arbeitsbedingungen auch Kinder bereits für das Jahr 2019. Und dort, wo Feuerwerk hergestellt wird, wird die Umwelt mit giftigen Chemikalien zerstört.
Es ist ein Milliardengeschäft und wie jedes Jahr zu Silvester werden die, die nicht Online ihr Feuerwerk gekauft haben, vor Discountern oder anderen Orten lange Wartezeiten in Kauf nehmen, um sich wieder einzudecken. Es ist wieder so weit: Etwa 137 Millionen Euro werden die Deutschen zum Jahreswechsel in die Luft jagen. Woher diese Raketen kommen und welches Schicksal sich dahinter verbirgt, interessiert nicht. Hauptsache, es knallt und ballert. Zum Vergleich: 2005 wurden mit Feuerwerk noch 96 Millionen Euro in Deutschland umgesetzt. Doch mit der Zeit wurden die Ansprüche der Kunden größer und so wurden die sogenannten Batterien für Otto-Normalverbraucher entwickelt. Viel Geld für ein paar Sekunden, die sprichwörtlich in Luft aufgehen. Jeder zweite Euro wird mit den sogenannten Verbundfeuerwerken eingenommen.
Nur ein Beispiel: Bei einem großen Baumarktgiganten fanden wir ein Batteriefeuerwerk Marke NICO Europe – Gesamt Abbrandzeit 390 Sekunden – Preis 599 Euro. Und weil alles so easy ist, hat man auch gleich die Batteriefeuerwerke so genannt, EASYBOX – ÖFFNEN. SELBST ZÜNDEN. FASZINIEREN. In drei Schritten zu Ihrem persönlichen Feuerwerk, so wird mit dem Produkt geworben. Und hier sieht man wieder, wie mit Bequemlichkeit des Verbrauchers viel Geld verdient wird. Übrigens gibt es auch schon eine Miniversion. Für ca. 3,5 Minuten „Faszination“ zahlt der Verbraucher 199 Euro. Nicht, dass wir Ihnen den Spaß verderben wollen, nur stellen Sie sich vor, was man mit 200 Euro alles hätte machen können! Es sind sicher keine Leute dabei, die behaupten, dass „gesunde“ Nahrungsmittel viel zu teuer sind und sich diese nicht leisten können, oder doch?
Neben dem alljährlichen Sektkorkenknallen, Bleigießen und dem Verteilen von Glücksbringern darf bei den meisten Menschen wieder eines nicht fehlen: ein schönes, buntes, lautes und meist auch teures Feuerwerk. Rund 137 Millionen Euro geben die Deutschen fürs Feuerwerk aus und diese Millionen Euro verpuffen im Sekundentakt in der Luft.
Am 28. Dezember beginnt in Deutschland offiziell der Verkauf von Silvesterfeuerwerk. Die Polizei warnt davor, sogenannte Polen-Böller zu kaufen. Diese sind oft qualitativ minderwertig, besitzen eine besonders große Explosionskraft und haben ein hohes Verletzungsrisiko.
Nicht nur gefährliche Böller aus Osteuropa, die zum Teil manipuliert sind, um die Sprengwirkung zu erhöhen, sind auf dem Markt. Die Wenigsten wissen, dass Feuerwerkskörper unter menschenverachtenden Arbeitsbedingungen auch von Kindern hergestellt werden und der Umwelt schaden. Gerade die dortigen Bewohner leiden unter Krankheiten wie Krebs, verursacht durch kontaminierte Böden, Wasser und Luft.
In der Feuerwerksindustrie gibt es zwei Städte, die zusammen 97 % des weltweiten Handels ausmachen: Liu Yang in China mit etwa 1700 Fabriken und die Feuerwerk-Stadt Sivakasi im Süden Indiens im Bundesstaat Tamil Nadu mit seinen 800 Feuerwerksfabriken und seinem Synonym für Kinderarbeit.
Liu Yang – China
À Liuyang, pays natal du feu d’artifice en Chine? pic.twitter.com/U0Sgjxo0kn
— FranceTVChine (@francetvchine) 18. Dezember 2017
Liu Yang ist ein für chinesische Verhältnisse kleines Städtchen in den Bergen der Provinz Hunan, das sich selbst Welthauptstadt des Feuerwerks nennt. Ein Viertel der 1,3 Millionen Einwohner arbeitet in einer der etwa 1700 örtlichen Feuerwerksfabriken. Hinzu kommen die vielen Wanderarbeiter, die fern der Heimat dort für einen Hungerlohn arbeiten.
Das Erbe der verschmutzten Böden in Hunan
Die Bodenkontamination ist die Folge der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung, die aber durch die hohe Luftverschmutzung in Peking weniger Aufmerksamkeit bekommt. Seit 2013 gibt es einen Plan für die Bekämpfung der Luftverschmutzung und die Regierung hat auch, um der Wasserverschmutzung Herr zu werden, im Jahr 2015 Vorkehrungssmaßnahmen getroffen. Doch gerade die Region Hunan, wo die Feuerwerksfabriken Jahr ein, Jahr aus für die Welt die Feuerwerkskörper herstellen, bahnt sich eine Katastrophe an, wenn diese nicht schon da ist.
Im Jahr 2016 stellten die zuständigen Behörden in China einen Plan vor, der allein drei Jahre benötigte, um allein schon die Bodenkontaminierungen aufzuzeigen. Und noch immer sind nicht alle Flächen erfasst. Es soll noch bis 2030 andauern, die Bodenqualität landesweit unter Kontrolle zu bekommen. Währenddessen bahnt sich eine Epidemie an, die weit über Chinas Grenzen hinaus gehen kann. Cadmium-Reis. In der Region Huan befindet sich eines der größten Reisanbaugebiete Chinas.
Wie wir auf chinadialogue.net erfuhren, leidet die Region um Liu Yang noch immer unter der Cadmiumverschmutzung, obwohl die dort ansässige Chemiefabrik bereits nach einem Protest von mehr als 1000 Anwohnern 2009 geschlossen wurde. Das Chemiewerk hatte die Umwelt sechs Jahre lang verseucht. Im Februar 2012 führten Forscher eine Autopsie an zwei Bauern durch, die im Sommer 2009 in Liu Yang gestorben waren. Die beiden Bauern, Luo Lin und Ouyang Shuzhi, hatten extrem hohe Urin-Cadmiumgehalte in ihren Körpern. Insgesamt 571 Menschen aus dem gleichen Dorf zeigten ebenfalls erhöhte Werte des Schwermetalls. Bereits 2008 wurde bei ihnen eine Cadmiumvergiftung diagnostiziert. Das Problem ist aber immer noch nicht behoben und die Region leidet weiter.
Das angebaute Gemüse war bis zur Unkenntlichkeit entstellt, da rund 260 Hektar Ackerland so kontaminiert sind, dass diese für den Anbau von Gemüse nicht mehr geeignet sind. Cadmium ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eines der zehn gefährlichsten Chemikalien für die menschliche Gesundheit. Untersuchungen ergaben, dass die Menge des Cadmiums im Reis 20-mal höher war als die von der Regierung erlaubte Menge. Viele Bauern vor Ort klagten über eine Krankheit als Folge der Cadmiumvergiftung, die sie kraftlos und arbeitsunfähig macht. Die Einnahme von Cadmium mit dem Essen kann zu Nierenproblemen und Krebs führen. Noch besorgniserregender ist die Tatsache, dass trotz der durch Cadmium verunreinigten Ackerflächen der Anbau von Reis und anderen Nutzpflanzen weiterhin betrieben wird. Bereits bei vielen Todesfällen durch Krebs oder andere Krankheiten wurden Cadmiumvergiftungen als Ursache diagnostiziert.
Tickende Zeitbombe – Das verschmutzte Erbe Chinas
Die „Cadmium-Reis“-Krise Anfang 2013 brachte den kontaminierten Reis zurück ins Rampenlicht. Die Gesundheitsgefährdung durch Cadmiumverschmutzung mit Ursprung in der großen Lebensmittelerzeugung aus Bereichen wie Hunan und Jiangxi verbreitet sich derzeit in anderen Regionen. Die von Forschern der chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS) entnommenen Proben aus hundert Reisfeldern in der Nähe von Minen der gesamten Provinz Hunan ergaben, dass 65% der Proben die Cadmium-Grenzwerte der nationalen Lebensmittelhygienebehörde überschritten hatten. Sie entdeckten den kontaminierten Reis wiederholt auf lokalen wie auch nationalen Märkten. Da Reis das Hauptnahrungsmittel für China ist, sollten die Risiken von mit Cadmium kontaminiertem Reis nicht unterschätzt werden. Diese Meldung sorgte für sehr viel Angst bei der chinesischen Bevölkerung. Doch ein Regierungsbeamter in der südchinesischen Provinz Guangdong gab bekannt, dass ein mit Cadmium kontaminierter Reis nicht giftig sei. Daraufhin gab es noch mehr Proteste und der Beamte musste sich offiziell entschuldigen. Mit den Worten, dass es seine Meinung gewesen sei, aber nicht die des Landwirtschaftlichen Büros. Doch der kontaminierte Reis verschwand daraufhin aus den Medien. Siehe auch Tickende Zeitbombe – Das verschmutzte Erbe Chinas und unseren Beitrag: Sie sind von allen guten Geistern verlassen – Lebensmittel aus China, verdorben, gefährlich und hochbelastet auf Ihrem Teller! Diese 4 Früchte aus China sollten Sie unbedingt meiden!
Wir fragen uns, ob diese Cadmiumverschmutzung auch von der Herstellung der Feuerwerke kommen kann, denn immerhin werden Schwermetalle verwendet. Betrachtet man die Menge an Feuerwerk, die in der Region Hunan hergestellt und getestet werden, könnte dieses durchaus der Fall sein. Denn Feuerwerksfabriken sind als weiterverarbeitende chemische Industrie registriert. Und wie in China solche Skandale heruntergespielt werden oder gar verleugnet, sehen wir an einem Skandal, als Hunderte Kinder 2016 unter Vergiftungserscheinungen litten.
Etwa 67 Prozent der Weltproduktion stammt aus Liu Yang, einer Stadt von der Größe Münchens in Südchina. In den mehr als 1700 Unternehmen sind ca. 300 000 Arbeiter beschäftigt, die 40 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung der Stadt erbringen.
Etwa 30 Prozent der Produktion geht ins Ausland, auch nach Deutschland. Nach Angaben des deutschen Verbands der pyrotechnischen Industrie stammen zwei Drittel des Silvesterfeuerwerks aus Hunan.
Inwieweit die Böden in Indien durch Chemiewerke bereits verseucht sind, haben wir in diesem Beitrag nicht berücksichtigt. Doch in Indien gibt es noch ein weiteres Desaster: In der Feuerwerksindustrie arbeiten Kinder. Indien hat die Kinderarbeit legalisiert, anstatt sie zu verbieten. Viele Familien nutzen die Lücken in der Gesetzgebung und lassen ihre Kinder arbeiten. Viele Kinder armer Familien arbeiten für zusätzliches Einkommen in der Feuerwerksindustrie. Siehe: Kinder sind „billig“ und ihren Peinigern schutzlos ausgeliefert – Kinderprostitution, Kinderhandel, Kindersoldaten, Kinderarbeit
Wie jedes Jahr machen wir auf den bitteren Beigeschmack von Feuerwerk aufmerksam. Leider ist dieses Thema fast ganz aus den Medien verschwunden.
Pyrotechnische Gegenstände können sehr leicht zu einer Gefahr für den Verbraucher werden. Jedoch besteht nicht nur für den Verbraucher ein Risiko, sondern auch für den Hersteller, den Handel und die Umwelt. Unsere Recherchen zeigen wie auch bereits in den vorigen Jahren, dass auf Feuerwerkskörper verzichtet werden sollte. Bereits in vielen Städten ist das „Böllern“ verboten. Auch Mailand schloss sich an und verbot auf Grund von Verletzungsgefahr jegliches Zünden von Feuerwerkskörpern. Wer trotzdem böllert, dem drohen hohe Geldstrafen. In Paris ist Silvesterfeuerwerk bereits seit 2011 aus Sicherheitsgründen verboten.
Jedem ist es zwar selbst überlassen, ob er oder sie eine zusätzliche Belastung durch Verbrennen von Feuerwerkskörpern, eine zusätzliche Umweltzerstörung verantworten kann, doch sollte einem auch bewusst sein, welches Leid sich hinter diesen Produkten verbirgt. Die Verwendung von nachgewiesenermaßen umweltgefährdenden Folgeprodukten wie Quecksilberchlorid, Zinnober und Cadmiumpulver als effektgebende Komponenten soll zwar vorbei sein, jedoch hat gerade Cadmium in der Umgebung von Liuyang, das ja in China auch als die Hauptstadt des Feuerwerks bezeichnet wird, eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Kontaminierte Ackerflächen, krebserkrankte Menschen, kontaminierter Reis und Gemüse in der Nahrungskette sind die entsetzlichen Folgen, wie wir Ihnen in unserem Beitrag noch näher erläutern wollten.
Blei und Bleioxide, Kupfer und Antimon spielen auch heute noch eine wichtige Rolle in den Feuerwerksrezepturen, die ebenfalls als gesundheitsschädlich gelten und die Umwelt schädigen.
Die Herstellung von Raketen und Knallkörpern ist mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen verbunden. Der direkte Kontakt mit chemischen Substanzen wie Schwefel, Schwarz- und Aluminiumpulver kann zu Verätzungen, Tuberkulose, Asthma und Kopf- bzw. Augenschmerzen führen. Hinzu kommt das ständige Risiko von Feuer und Explosionen. Lesen Sie dazu auch Kinderarbeit in der Feuerwerksindustrie und Der bittere Beigeschmack vom Feuerwerk – Explosion in Feuerwerk-Fabrik in China
Auch in diesem Jahr geben die Menschen wieder viele Millionen Euro für Feuerwerk an Silvester aus. Aber muss jedes Jahr das Geld förmlich verpulvert werden? Nicht nur die enorme Geldverschwendung macht Feuerwerkskörper unattraktiv, schließlich wird auch die Umwelt nicht nur in der Silvesternacht stark belastet, wie wir in unseren Recherchen herausgefunden haben.
Wir VerbraucherInnen haben es in der Hand: Kaufen wir keine Feuerwerkskörper mehr, werden die Discounter diese Artikel aus ihrem Sortiment streichen. Das wäre ein Erfolg – der Umwelt und den Tieren zuliebe. Denn auch die Tiere leiden gerade in der Silvesternacht unter dem enormen Lärm, die diese Feuerwerkskörper verursachen.
Haben Sie sich auch schon einmal die Frage gestellt, wie viel Geld allein weltweit für Feuerwerkskörper ausgegeben wird? Was könnte man mit diesem Geld alles Sinnvolles machen! Allein der Rauch vom Feuerwerk besteht hauptsächlich aus feinem toxischen Staub (Feinstaub).
Wir wünschen Ihnen ein gutes neues Jahr.
Netzfrau Doro Schreier
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