Versucht die Türkei, einen legalen Boden für sexuellen Missbrauch an Kindern und minderjährige Eheschließungen vorzubereiten? Dürfen in Zukunft Mädchen im Alter von neun Jahren verheiratet werden? Nicht nur ein neues Recht für Kinderehe sorgt für Empörung in der Türkei, dass Kinderehe erlaubt, sondern auch ein Skandal. Nachdem bekannt wurde, dass ein Krankenhaus in Istanbul die Schwangerschaften von 115 Minderjährigen vertuscht hat, empörten sich Menschen über die sozialen Medien mit einem Hashtag „Du kannst den Missbrauch von 115 Kindern nicht vertuschen“. Die Leiterin des türkischen Frauenverbandes (TKDF) Canan Gullu sagte gegenüber Xinhua, dass es „nur die Spitze des Eisbergs“ sei und dass ihre Organisation 500 Fälle von Teenagerschwangerschaften in dem vom Skandal betroffen Krankenhaus in Istanbul vermute.
Erst im November 2017 hat laut .telegraph.co.uk Präsident Recep Tayyip Erdogan, trotz Protest, das Gesetz unterzeichnet, das es islamischen Muftis erlaubt, standesamtliche Trauungszeremonien durchzuführen, eine Maßnahme, die laut liberalen Kritikern die säkulare Verfassung der Türkei untergräbt und die Tür für Kinderehen öffnet.
Laut BBC im Januar 2018 sorgte die Erklärung der Diyanet, einer staatlichen Einrichtung, die religiöse Institutionen und Bildung verwaltet, in der Türkei für einen großen Aufschrei. Sie besagt, dass nach islamischem Recht der Beginn der Adoleszenz für Jungen im Alter von 12 Jahren und für Mädchen im Alter von neun Jahren beginnt. Auf derselben Webseite hieß es, dass jeder, der das Alter der Jugend erreicht habe, das Recht habe, zu heiraten.
Das gesetzliche Heiratsalter der Türkei liegt bei 18 Jahren, aber die Praxis der Hochzeiten von Minderjährigen in religiösen Zeremonien ist weit verbreitet.
Bürgerrechtsgruppen haben davor gewarnt, dass es zu einer Zunahme von Ehen mit minderjährigen Mädchen kommen könnte, da konservative Muftis bei Bräuten unter 17 Jahren die Augen verschließen könnten. Laut Girls Not Brides, einer internationalen Gruppe, die versucht, Kinderehen zu stoppen, hat die Türkei eine hohe Rate an Kinderehen. Die betroffenen 115 Kinder werden demnächst unter psychologischer Aufsicht Zeugenaussagen machen.
Jüngste Ergebnisse zur Zwangsheirat von Mädchen in der Türkei zeigen, dass viele Mädchen zu Ehen gezwungen wurden, um „sexuellen Missbrauch zu verheimlichen“. Das ergab eine neue Umfrage, nachdem der Skandal bekannt geworden war. Befragt wurden 600 Mädchen, die ins Krankenhaus gebracht worden waren. Die Hälfte von ihnen war schwanger. Viele der Minderjährigen, die zur Heirat gezwungen wurden, stammen aus schwierigen Verhältnissen. Erst kürzlich wurde ein 14-jähriges Mädchen in der südöstlichen Provinz Mardin vor einer Zwangsheirat bewahrt.
Die aktuelle Umfrage wurde durchgeführt, nachdem bekannt wurde, dass ein Krankenhaus in Istanbul die minderjährige Schwangere nicht meldete. Das Krankenhaus versuchte, die Schwangerschaften zu verschleiern, und informierte die Behörden nicht, was eine gesetzliche Voraussetzung für die Behandlung aller schwangeren Mädchen in der Türkei ist, die jünger als 18 Jahre alt sind.
Erst im November 2016 sorgte ein Gesetzesentwurf der türkischen Regierung vielerorts für Empörung. Wegen der Vorwürfe gegenüber der Türkei wurden sogar einzelne Botschafter einbestellt. So wurde, nachdem die schwedische Außenministerin Margot Wallström sich per Twitter empörte, das Gesetz würde den Sex mit Minderjährigen legalisieren, der schwedische Botschafter ins türkische Außenministerium bestellt.
Mehr Informationen: Türkei – ZYNISCHES RECHT …nicht strafbar, wenn der Vergewaltiger das Opfer heiratet!
Gleichheit zwischen Mann und Frau in der Türkei?
Das könne es nie geben, denn es sei wider die Natur, sagte Erdogan im November 2014. Gleichwertigkeit, das sei erstrebenswert. Aber nicht Gleichheit. Frauen seien beispielsweise für viele Arbeiten nicht geeignet. Erdogan hatte auch eine Begründung parat: Das Wesen der Frauen und ihre körperlichen Voraussetzungen seien anders als bei Männern.
Die Gefahr, von einem Mann erschossen, erstochen oder totgeprügelt zu werden, ist für eine Frau in der Türkei größer, als bei einem Autounfall oder an Krebs zu sterben. Gewalt gegen Frauen sei die Haupttodesursache unter Frauen zwischen 15 und 44 Jahren in der Türkei. Siehe Weltfrauentag Türkei: Mit Tränengas und Gummigeschosse gegen Frauen-Demo
Was er von Mädchen hält, zeigte Präsident Recep Tayyip Erdoğan, als er ein kleines Mädchen in Militäruniform während einer Rede in der Provinz Kahramanmaraş auf die Bühne holte und ihr erklärte „Soldaten nicht weinen“. „Die türkische Fahne ist auch in ihrer Tasche. Wenn sie Märtyrerin wird, so Gott will, wird man sie mit der Fahne bedecken. Sie ist für alles bereit, “ so Erdogan. Als er das kleine Mädchen fragte: „Nicht wahr?“ Antwortete sie verängstigt: „Ja.“ Und die Menge jubelte.
Frauengruppen in der Türkei zeigen sich besorgt, zumal Präsident Recep Tayyip Erdogan im November ein umstrittenes Gesetz verabschiedet hatte, das es staatlich anerkannten Klerikern erlaubte, Eheschließungen durchzuführen. Die Empörung in der Türkei, wo für Kinderheirat grünes Licht gegeben wurde, ist groß.
Vielleicht auch deswegen wurde in den Medien folgende Nachricht veröffentlicht.
Polizei rettet 14-jähriges Mädchen vor Zwangsehe im Südosten der Türkei
Police in the southeastern province of Mardin conducted a special operation on Jan. 29 to save a 14-year-old girl from being forced into marriage.
Mardin 30.Januar 2018: Die Polizei in der südöstlichen Provinz Mardin [der Türkei] führte am 29. Januar [2018] eine besondere Aktion durch, um ein 14-jähriges Mädchen vor einer Zwangsheirat zu bewahren. Beamte des Provinzdirektorats für Familien- und Sozialpolitik wurden aktiv, nachdem sie über eine [geplante] Zwangseheschließung mit einer Minderjährigen im Bezirk Kiziltepe der Provinz Mardin informiert worden waren.
Das Direktorat bildete eine Krisengruppe wegen des Vorfalls und versuchte, Informationen über das Mädchen zu bekommen. Dabei fanden sie die Telefonnummer der Tante des Mädchens, die [jedoch] leugnete, etwas von der geplanten Heirat zu wissen.
Die Polizei untersuchte im Distrikt auch Orte, an denen Hochzeiten vollzogen werden, und entdeckten nach fünfstündiger Suche eine [geplante] „Minderjährigen-Hochzeit“.
Nach einer weiteren Untersuchung des Falls wurde das Mädchen unter den Schutz des Staates gestellt.
Hüsnü Bengin Efetürk zufolge, dem Vorsitzenden des Ministeriums, wurde diese Aktion mit einem Team von 12 Menschen durchgeführt.
„Fatma Betül Sayan Kaya, Familien- und Sozialministerin, und Mustafa Yaman, Gouverneur von Mardin, waren dem Fall dicht auf den Fersen. Das Mädchen wurde mit einer Knappheit von Minuten gerettet. Wir hatten nur eine Telefonnummer und konnten das Mädchen in letzter Minute retten“, sagt Efetürk.
„Das Mädchen aus der Hochzeitszeremonie mitzunehmen, war sehr riskant für uns. Wir warteten bis zum Ende der Zeremonie. Die Adresse der Familie fanden wir auch heraus. Unsere Arbeit endete um 6 Uhr morgens. Das Mädchen befindet sich jetzt unter dem Schutz des Staates. Sie war zuerst schockiert, als wir sie befreiten, aber jetzt ist sie guter Dinge. Ich hoffe, dass es ihr immer besser gehen wird“, fügte er hinzu.
In der Zwischenzeit fand die Polizei heraus, dass die Braut und ihr 24-jähriger Bräutigam sowohl die türkische als auch die syrische Staatsangehörigkeit besaßen. Beide Familien waren sechs Jahre zuvor in der Türkei angekommen. Mitglieder beider Familien wurden im Zuge der Untersuchung festgenommen.
Netzfrauen Ursula Rissmann-Telle und Doro Schreier
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