Unter tiefem und aufrichtigem Schmerz informieren wir über den grausamen Mord an der brasilianischen Menschenrechtsverteidigerin Dilma Ferreira Silva, ihrem Mann und einem Freund. Sie wurden gefoltert und ermordet. Dilma wurde nur 47 Jahre alt. Sie war wie auch die ermordete Berta Cáceres aus Honduras, Kämpferin gegen die Vertreibung der Menschen durch den Bau von Staudämmen. Auch Dilma Ferreira Silva hatte sich seit Jahren für die Rechte jener Menschen eingesetzt, die gewaltsam vertrieben wurden und ihre Heimat verlassen mussten. Sie erinnern sich sicher an den Jahrzehnte andauernden Kampf gegen den Staudamm Belo Monte. Die dort lebenden indigenen Völker sagten immer: Euer Profit zerstört unser Leben. Wie recht sie hatten, denn wer sich dagegen stellt, wie Dilma, wird ermordet. Diese Morde bekommen in Deutschland keine Aufmerksamkeit, denn oft sind es auch deutsche Konzerne, die von diesen Projekten profitieren. Wie der Mord an der 27-jährigen Marinalva Manoel, der Anführerin der Guarani. Sie hatte sich für die Rückgabe des angestammten Landes ihres Volkes eingesetzt. Es folgte der Mord von Creuza Guarani. auch sie kämpfte seit Jahren mutig für die Rechte ihres Volkes. Seitdem der Rechtsextremist Jair Bolsonaro in Brasilien das Präsidentenamt übernommen hat, nimmt die Gewalt zu. Brasilien ist der größte wirtschaftliche Standort außerhalb Deutschlands, mit rund 1300 vor allem im Großraum São Paulo ansässigen deutschen Firmen. Die Partei des ultrarechten Jair Bolsonaro bekam Unterstützung von der Friedrich-Naumann-Stiftung. Jetzt ist wieder ein brutaler Mord an einer Menschenrechtsaktivistin geschehen, wie viele Morde folgen noch?
Der brutale Mord an der Staudamm-Aktivistin Dilma Ferreira Silva
Geschieht etwas Schlimmes in Brasilien wie diese Morde, bekommen sie in Deutschland wenig Aufmerksamkeit oder verschwinden realtiv schnell wieder aus den Medien, wie das Minas Gerais Disaster. Ende Januar 2019 starben etwa 300 Menschen, als sich aus einem geborstenen Damm riesige Mengen Schlamm und Wasser über die Landschaft ergossen hatten. Viele Menschen verloren alles. Und auch 2015 gab es eine schwere Umweltverschmutzung, nachdem über 50 Millionen Tonnen mit Eisenerz, toxischen Schwermetallen und Chemikalien in den Rio Doce geflossen waren. Insgesamt ergossen sich nach Angaben von Vale im Januar rund zwölf Millionen Kubikmeter Schlamm über die Anlage und die nahe liegenden Siedlungen. Doch in den deutschen Medien verschwinden solche Nachrichten aus Brasilien schnell. Denn an dem Rio Doce Disaster waren u. a. auch die Deutsche Bank, Blackrock und Goldman Sachs beteiligt. Und bei der schrecklichen schweren Umweltverschmutzung im Januar wieder der gleiche Bergbaukonzern Vale, wieder die gleichen Investoren, wieder unter deutscher Beteiligung, diesmal der TÜV Süd.
Jetzt wieder brutale Morde gegen Menschen, die sich für ihr Land einsetzen.
Dilma Ferreira Silva, Regionalkoordinatorin der von Staudämmen betroffenen Menschen (MAB) in der Region Tucuruí im Bundesstaat Pará, wurde letzten Freitag in ihrem Haus in der ländlichen Siedlung Salvador Allende zusammen mit ihrem Ehemann Claudionor Costa da Silva und Hilton Lopes, einem Freund des Paares, ermordet.
Stunden vorher sahen Nachbarn drei Motorräder mit fünf Männern, vor das Haus der Silvas fahren, so der Bericht von mongabay.com. Kurz darauf wurde im Haus laute Musik aufgedreht und das die ganze Nacht durch. Es war kein typisches Verhalten für das Paar, so die Nachbarn.
Die drei wurden gefesselt und geknebelt und die beiden Männer wurden zuerst getötet. Dann durchschnitten die Mörder Dilma Ferreira Silvas Hals.
Normalerweise werden solche Morde im Amazonasgebiet nie aufgeklärt, doch diesmal war es anders. Es war also eine Überraschung, als am späten Dienstag MAB-Führer während eines Treffens mit dem Minister für öffentliche Sicherheit und soziale Verteidigung von Pará, Ualame Machado, unterbrochen wurden und man mitteilte, dass es in diesem Mord Festnahmen gab.
Die Polizei hat den Großgrundbesitzer, Farmer und Geschäftsmann Fernando Ferreira Rosa Filho, bekannt als Fernando Shalom, festgenommen. Er wurde wegen des Mordes an Dilma Ferreira Silva, ihrem Mann und einem Freund, festgenommen. Er soll weitere Massaker angeordnet haben.
Filho besitzt nur 50 km von dem drittgrößten Staudamm Brasiliens, dem Tucuruí-Staudamm, ein Anwesen, einen Supermarkt und ein Hotel in der Gemeinde Novo Repartimento. In der Region, wo auch Dilma Ferreira Silva in einer Siedlung lebte.
Sie hatte sich seit Jahren für die Rechte jener Menschen eingesetzt, denen wegen des Baus von Staudämmen Vertreibung droht oder die aus diesem Grund ihre Heimat bereits verlassen mussten.
Sekretär Machado hatte eine schnelle Aufklärung der Morde an Dilma Ferreira Silva angeordnet, das sagte er gegenüber Mongabay. denn der Staat Pará ist bereits dafür bekannt, dass hierdurch viele Morde verübt werden.
Der 47-jährige Silva war Teil der 32.000 Menschen, die aus ihren Häusern vertrieben wurden, um den Bau des Tucuruí-Staudamms am Tocantins River zu ermöglichen. Quilombolas (die Nachkommen von entlaufenen Sklaven), Ureinwohner, Bauern und traditionelle Uferbewohner gehörten zu den Gruppen, die ihre Häuser verlassen mussten. Das Megadamm-Projekt wurde 1974 während der Militärdiktatur Brasiliens begonnen. Während eines zweiten Bauabschnitts des Staudamms in den 2000er Jahren wurde Silva aus ihrer Heimat vertrieben.
Seitdem kämpfen diese Menschen um Entschädigung, ihre Lebensbedingungen sind katastrophal und sie haben alles verloren, was sie hatten. Es ist wie mit dem andauernden Kampf gegen den Staudamm Belo Monte. Die dort lebenden indigenen Völker sagten immer – Euer Profit zerstört unser Leben.
Die Bewegung MAB, der auch Dilma Ferreira Silva angehörte, wird von MISEREOR seit vielen Jahren unterstützt. Mittlerweile wurden in Brasilien eine Million Menschen vertrieben. Über 2000 Staudämme gibt es mittlerweile in Brasilien. Die Menschen, die von ihren Ländern vertrieben wurden, gerieten in Existenznot, weil sie keinerlei Entschädigung erhalten hatten. In der Regel überfluten Stauseen entweder fruchtbares Land, das für die Produktion von Grundnahrungsmitteln genutzt wird (z. B. die Staudämme am Rio São Francisco im Nordosten oder am Rio Uruguai im Süden des Landes), oder große Flächen tropischen Regenwaldes wie im Falle der Staudämme von Tucurui, Balbina oder Samuel. Hauptleidtragende sind indigene Völker oder afrobrasilianische Bevölkerungsgruppen. Die Energiegewinnung dient meist der Stromversorgung energieintensiver Industrieproduktion (z. B. der exportorientierten Aluminiumindustrie) oder zur Deckung des Strombedarfs der großen Städte und kommt somit vorwiegend der städtischen Bevölkerung zugute. Die Landbevölkerung hat von dieser Entwicklung fast ausschließlich Nachteile.
So auch in der Siedlung Salvador Allende, in der Silva fünf Jahre nach ihrer Vertreibung lebte, waren und sind öffentliche Dienstleistungen in ländlichen Gebieten der Gemeinde Baião in Pará prekär oder nicht vorhanden: Strom ist kaum verfügbar, es gibt kein Leitungswasser oder Grundwasser. Die nächste öffentliche Gesundheitsversorguung ist viele Kilometer entfernt und es gibt keine öffentlichen Verkehrsmittel. Vor zwei Jahren hat die Regierung von Michel Temer die monatliche Grundversorgung mit Nahrungsmitteln gekürzt.
Im Jahr 2011 nahm die Aktivistin Dilma Ferreira Silva (rechts) an einer Veranstaltung mit der damaligen brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff (links) teil, in der sie ein Dokument übergab, in dem die Schaffung von Rechten für die Betroffenen von Brasiliens Staudämmen gefordert wurde. Bild mit freundlicher Genehmigung von MAB
Im Jahr 2005 übernahm Silva die Position des regionalen Koordinators der MAB. Silva wird 2010 in einem Bericht des National Human Rights Council (CNDH) dankend erwähnt, in dem das systematische Muster von Menschenrechtsverletzungen beim Bau von Dämmen in ganz Brasilien festgestellt wurde.
Tage vor Silvas Ermordung empfing Michele Bachelet, ehemalige Präsidentin von Chile und seit 1. September 2018 Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen. Vertreter der MAB-Bewegung in Genf in der Schweiz. Das Treffen war dazu gedacht, auf die Not von Tausenden von Familien aufmerksam zu machen, die auf Grund brasilianischer Dämme Opfer von Menschenrechtsverletzungen geworden sind – darunter nicht nur Flussdämme, sondern auch Bergbaudämme. Der Zusammenbruch eines Staudamms in Brumadinho tötete in diesem Jahr Hunderte, während ein weiterer solcher Dammbruch vor drei Jahren in Mariana 19 Todesfälle verursachte; Beide Staudämme befinden sich im Bundesstaat Minas Gerais und gehören dem brasilianischen Bergbauunternehmen Vale.
In einer Erklärung erklärte das südamerikanische Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR), dass es „die Morde an der Menschenrechtsaktivistin und regionale Koordinatorin der von Staudämmen betroffenen Menschenrechtsbewegung, Dilma Ferreira da Silva, ihres Ehemanns Claudionor Amaro Costa da Silva und Hilton Lopes verurteile. In der Erklärung werden auch die brasilianischen Behörden aufgefordert, eine umfassende, unabhängige und unparteiische Untersuchung dieser Morde durchzuführen.
Die Situation in Brasilien haben wir Ihnen in diesem Beitrag geschildert: Europa nimmt einen Krieg um die Rohstoffe in Brasilien in Kauf! Wie viele müssen noch für diesen Krieg sterben?
Die Tat wird in Brasilien als Massaker registriert, wenn in einem Konflikt am selben Tag drei oder mehr Menschen ermordet werden.
Wir sind zutiefst traurig über die brutale tödliche Gewalt, die Dilma Ferreira Silva, ihrem Mann und dem Freund der Familie angetan worden ist. Wir wollen keine Toten mehr, es reicht!
“Früher hatten wir Wasser im Überfluss, üppige Ernten und riesige Bäume. Doch heute ist das alles zerstört.“ Getulio De Oliveira, Stammesoberhaupt der Guarani Kaiowa, El Dorado, Brasilien.
Danke an alle Aktivisten, die sich für die Menschenrechte in ihrem Land stark machen, obwohl sie wissen, in welche Gefahr sie sich begeben.
Dilma Ferreira Silvas Einsatz für Menschenrechte und ihre Mitmenschen wird uns in Erinnerung bleiben.
Danke an Dilma Ferreira Silva, wir werden dich nie vergessen. Du warst eine tolle Kämpferin, möge dein Kampf weitergehen.
Netzfrau Doro Schreier
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