Nach der Ermordung des Journalisten Khashoggi wurde es wieder ruhig um Saudi Arabien, doch die Gräueltaten gehen weiter. Saudi Arabien steht wegen Missachtungen von Menschenrechten in der Kritik. Es gibt viele Zeichen dafür, dass das Königshaus Saudi Arabien keine echten Reformen will und stattdessen nur Symbolpolitik betreibt. Während die Medien verkündeten, dass die Frauen in Saudi Arabien endlich Auto fahren dürfen, startete in Saudi Arabien eine Verhaftungswelle von Frauenrechtlerinnen. Paradox, im April 2017 wurde Saudi Arabien in die UN-Kommission für Frauenrechte gewählt, Noch immer sind die Frauenrechtsaktivisten in einem saudischen Gefängnis und werden gefoltert. Im Gefängnis sind die Frauenrechtlerinnen in Einzelhaft gesteckt, geschlagen, mit Elektroschocks behandelt und mit Vergewaltigung und Tod bedroht worden. Nicht nur Frauenrechtsaktivisten werden misshandelt, auch ausländische Hausmädchen werden ausgebeutet, missbraucht oder hingerichtet! Nachdem sich Kanadas Außenministerin kritisch zu der Verhaftung der saudi-arabischen Aktivistin Samar Badawi, der Schwester von von Raif Badawi, geäußert hatte, wurden Tausende Studenten, die in Kanada studierten, aufgefordert, sofort das Land zu verlassen. Mit welcher Gewalt Saudi Arabien vorgeht, zeigen auch die vollzogenen 122 Hinrichtungen im ersten Halbjahr 2019. Nicht nur Saudi Arabien ist um einen „guten Ruf“ bemüht, sondern auch die ausländischen Investoren.
Gefoltert, weil sie Auto fahren wollten
Medienberichten zufolge soll Saudi-Arabien Frauen erlauben, auch ohne die Zustimmung männlicher Verwandter reisen zu dürfen. Klingt super, doch war Ihnen bekannt, dass die Frauen, die das Autofahren erkämpft haben, im Gefängnis sitzen und sogar gefoltert werden? Die Meldung, die am 02. August 2019 im Amtsblatt in Saudi Arabien veröffentlicht wurde, kommt kurz, nachdem die Vereinten Nationen sich kritisch zu der Ermordung des Journalisten Khashoggi geäußert haben. Die Berichterstatterin der UN bestätigte vor dem Rat, dass ihre Untersuchung glaubwürdige Beweise für eine weitere Untersuchung der Schuld hoher Beamter, darunter Kronprinz Mohammad Bin Salman, an der Straftat erbracht habe. Agnes Callamard empfiehlt Saudi-Arabien, die zu Unrecht inhaftierten freizulassen, insbesondere Menschenrechtsaktivisten und Aktivisten der Zivilgesellschaft. Mitte Juli 2019 veröffentlichten die Vereinten Nationen Briefe über Misshandlungen an sechs weiblichen Inhaftierten in Saudi Arabien und die nicht vorhandenen Rechte von Frauen, trotz Reformen.
Der erste Fall, der im Juli 2019 von Sonderberichterstattern angesprochen wurde, betrifft den Brief, der am 8. Februar 2019 nach Saudi-Arabien geschickt wurde. Es handelt sich um sechs weibliche Inhaftierte und Informationen über Folter, sexuellen Missbrauch und Misshandlung im Gefängnis. Die Berichterstatter äußerten sich besorgt über die körperliche und geistige Sicherheit der Inhaftierten.
Der zweite Fall betrifft die Rechte von Frauen, die trotz der Reformen immer noch eingeschränkt sind. Immer mehr Frauen suchen im Ausland Asyl. Die Frauen und Mädchen sollen in Zukunft über ihr Smartphone überwacht werden, was gegen die Menschenrechte verstößt. Außerdem sollen sie so am Reisen gehindert werden. Die Absher-Smartphone-Anwendung steht im Widerspruch zu den internationalen Menschenrechtsgrundsätzen und -standards, so die Vereinten Nationen.
Seit dem Fall des saudischen Mädchens Rahaf al-Qunun, das vor seiner Familie nach Thailand geflohen war und mediale Aufmerksamkeit erlangte, wird immer deutlicher, dass der größte Teil der Asylsuchenden saudische Frauen sind, die vor dem ihnen von Männern auferlegten Vormundschaftssystem fliehen. Rahaf al-Qunun wurde in Kanada politisches Asyl gewährt.
Seit dem 02. Oktober 2018, nachdem der regierungskritische Journalist Jamal Khashoggi das saudische Konsulat in Istanbul betreten hatte und „gemäß einem zuvor gefassten Plan erwürgt“ worden sein soll, wächst die weltweite Kritik an Saudi Arabien. Doch bereits Anfang August 2018 stellte Saudi Arabien die Stipendien von Tausenden Studenten, die in Kanada studieren, ein und forderte sie auf, das Land zu verlassen. Der Grund war die Spannung zwischen Kanada und Saudi Arabien, nachdem sich die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland auf Twitter negativ über die Verhaftung der Schwester des ebenfalls in Saudi Arabien inhaftierten Bloggers geäußert hatte.
„Kanada steht in dieser schwierigen Zeit mit der Familie Badawi zusammen und wir fordern weiterhin nachdrücklich die Freilassung von Raif und Samar Badawi“ , schrieb die Außenministerin
Als Reaktion auf die Kritik brach Saudi-Arabien die diplomatischen Beziehungen zu Kanada ab, sperrte alle neuen Geschäfte und Investitionen und stornierte Flüge über seine nationale Fluggesellschaft nach Toronto.
In der Stellungnahme am 06. August 2018 betonte Außenministerin Freeland, dass sie sich auch weiterhin für Menschenrechte, für die Rechte der Frauen und für Meinungsfreiheit einsetzen werde.
Omar Abdulaziz, ein saudischer Staatsbürger, der seit 2014 als politischer Flüchtling in Kanada ist, wurde von saudischen Behörden kontaktiert, die drohten, seine Brüder und Freunde im Königreich zu verhaften, falls er sich weiterhin zum diplomatischen Streit äußere.
„Es ist das erste Mal, dass man so bedroht wird! Es ist einfach verrückt“, sagte Abdulaziz.
Verhaftungswelle von Frauenrechtsaktivisten durch saudische Behörden
Vor nur einem Jahr jubelten saudische Frauen, als sie erstmals Autofahren durften. Viele dachten, das wäre ein erster Schritt auf dem Weg zur vollständigen Erlangung ihrer Rechte in Saudi-Arabien, doch dem war nicht so, wie die Frauenrechtlerinnen, die das Recht erkämpft haben, brutal erfahren mussten. Sie sitzen im Gefängnis und werden sogar gefoltert.
Yesterday in Parliament I raised the plight of Loujain al-Hathloul & other feminist campaigners imprisoned & tortured in #SaudiArabia & urged the U.K. Govt to do more to advocate on their behalf #WomensRightsAreHumanRights @AmnestyUK @amnesty @hrw pic.twitter.com/SXTm8aW99s
— Joanna Cherry QC MP (@joannaccherry) July 19, 2019
Regina Nasr, eine saudische Feministin, die in Australien lebt, glaubt nicht an eine echte Veränderung im Bereich der Frauenrechte in Saudi-Arabien, wie sie in einem Interview mit der DW mitteilt: „Den Männern die Kontrolle über die Frauen zu nehmen, würde das Ende der Königsfamilie bedeuten. Denn das System funktioniert nur, weil Männern, die vom Regime unterdrückt werden, die Macht über die Frauen überlassen wird. Nimmt man ihnen diese Kontrolle weg, würden sie gegen die Herrscherfamilie aufbegehren und ihre Rechte einfordern.“ Die Königsfamilie würde sich somit selbst gefährden, sagt Regina Nasr. Außerdem würde die saudische Gesellschaft eine solche Modernisierung gar nicht akzeptieren, denn die Männer glauben, ihre Ehre würde darin liegen, Frauen zu kontrollieren, erklärt die saudische Frauenrechtlerin. Sie setzt sich in Australien mit Straßenaktionen für Frauenrechte ein und möchte aus Sicherheitsgründen unerkannt bleiben.
Während in den Medien berichtet wurde, dass Frauen in Saudi Arabien endlich Auto fahren dürfen und Volkswagen, die BMW-Tochter Mini Cooper, Nissan, Jaguar, die GM-Tochter Chevrolet und Ford sich öffentlich schon über den Absatz in Saudi Arabien freuten und die Frauen unterstützten, begann in Saudi Arabien eine Welle der Verhaftungen von Aktivisten, die die Fahrerlaubnis erst möglich gemacht hatten.
Noch vor dem 24. Juni 2018, an dem die Frauen begannen zu fahren, begannen saudische Behörden, Frauenrechtsaktivisten zu verhaften. Die Auto-Industrie verstummte und lokale Medien nannten die Aktivisten Verräterinnen und Verbrecherinnen. Mindestens 14 Aktivisten wurden zwischen Mai und Juni 2018 verhaftet und harren immer noch hinter Gittern aus. Auch der erste Besuch eines Konzertes blieb für eine Frau nicht ohne Folgen. Sie wurde verhaftet, nachdem sie den Künstler auf der Bühne umarmt hatte.
Erinnern Sie sich an diesen Namen? – Loujain (ausgesprochen Loo-JAYNE) al-Hathloul. Sie wurde am 31.Juli 2019 30 Jahre alt und kämpfte mutig für die Frauen in Saudi Arabien. Sie sitzt seit Mai 2018 in einem einem saudi-arabischen Gefängnis und wird gefoltert, sogar angeblich mittels Waterboarding.
Sie zog in die Emirate. Aber 2017 entführten die saudischen Sicherheitskräfte sie und ihren Mann und brachten sie in das Königreich zurück. Das Ehepaar hat sich scheiden lassen, und obwohl die Berichte unterschiedlich sind, glauben einige, dass dies auf Druck der Regierung auf den Ehemann zurückzuführen ist.
Kurz bevor Frauen im Juni 2018 fahren durften, verhaftete die Regierung Hathloul zusammen mit anderen Frauenrechtlerinnen, die für das Recht gekämpft hatten.
In Saudi-Arabien werden Menschenrechtsverteidiger_innen schikaniert, denunziert und immer häufiger in unfairen Verfahren zu langen Haftstrafen verurteilt.
„Die Grausamkeit physischer und psychischer Folterungen und Belästigungen meiner Schwester Loujain AlHathloul nahm zu, nachdem sie das Angebot von Mabahith (der Geheimpolizeibehörde) abgelehnt hatte, eine „Geheimagentin“ zu sein, um saudische Frauenaktivisten ins Ausland zu locken.“
Die Regierung von Saudi-Arabien hat im ersten Halbjahr 2019 122 Menschen hingerichtet – obwohl Kronprinz Mohammed bin Salman im April 2018 versprochen hatte, die Zahl der Hinrichtungen senken zu wollen.
Bereits Anfang Juni 2017 hatten Amnesty International und Human Rights Watch Saudi Arabien wegen des Anstiegs der Todesstrafen und der unfairen Prozesse kritisiert. Die Todesstrafe wird vor allem unter dem Vorwand des Terrorismus gegen saudische Schiiten verhängt.
Saudi Arabien hat damit die Zahl der im gleichen Zeitraum im Jahr 2018 durchgeführten Hinrichtungen deutlich verdoppelt. Kronprinz Mohammed bin Salman hatte noch im April 2018 bekannt gegeben, statt Todesstrafe sollten andere Strafen eingeführt werden, sodass die Zahl der Hinrichtungen gesenkt werde. Stattdessen wurden sogar doppelt soviel Menschen hingerichtet.
Hatte doch Kronprinz Mohammed bin Salman im vergangenen Jahr eine Reihe von Reformen versprochen, denn er braucht Geld für Investitionen und ist um einen „guten Ruf“ bemüht. Auch die ausländischen Investoren versuchen mit allen Mitteln, Saudi Arabien als ein Land darzustellen, in dem man als Tourist herzlich willkommen ist und wo sich eine Investition lohnt.
Netzfrau Doro Schreier
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