Nicht nur Santiago brennt – Lateinamerika versinkt im Krieg!

Überall in Lateinamerika herrscht Krieg. In vielen Ländern kommt es zu heftigen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstrierenden, ob in Kolumbien, Argentinien, Ecuador oder Mexiko. Auch die tödliche Polizeigewalt in Brasilien ist auf Rekordniveau. Lateinamerika ist reich an Rohstoffen, doch die Bevölkerung wird immer ärmer. Oft profitieren nur einige wenige und die Korruption ist allgegenwärtig. Während die Welt entsetzt nach den brutalen Machenschaften des ultrarechten Jair Bolsonaro in Brasilien schaut, spielt sich auch in anderen lateinamerikanischen Ländern eine Brutalität durch die meist neugewählten Präsidenten ab. Auch mithilfe von Europa fand eine Militarisierung der Polizei statt. Dort, wo Menschen wegen der sozialen Ungerechtigkeit demonstrieren, sind Panzer auf den Straßen, so auch in Chile. Chile ist sicherlich dasjenige Land Lateinamerikas, in dem das Privatisierungs- und Deregularisierungsparadigma am konsequentesten umgesetzt wurde. Seit März 2018 regiert der konservative Milliardär Sebastián Piñera als chilenischer Präsident und reiht sich in die neue Rechtsverschiebung in Südamerika ein, wie schon Peru, Brasilien und Argentinien. Gerade an Brasilien und Argentinien sehen wir, wohin es die Bevölkerung führt, Gegner und Aktivisten werden eiskalt umgebracht. Auch in Chile werden seit März 2018 friedliche Demonstranten mit polizeilicher Gewalt unterdrückt. Erst folgte eine schreckliche Giftwolke, dann hatten die Menschen kein Wasser und Hunderttausende Nutztiere verendeten elendig, doch das reicht der chilenischen Regierung nicht und sie erhöhte dann die Nahverkehrspreise. Währenddessen findet ein schrecklicher Raubbau in den lateinamerikanischen Ländern statt, der die ohnehin schon reichen Regierungsmitglieder noch reicher macht, während die Menschen hungern. „Mir scheint, der Großteil der internationalen Presse vermittelt ein ziemlich “verzerrtes Bild” von den Geschehnissen hier in Chile, also möchte ich gerne zur aktuellen Situation Stellung nehmen“, schreibt unsere Freundin aus Chile.

Lateinamerika versinkt im Krieg!

Chile

Bereits mit der Bestätigung von Temer als Präsident, dem Vorgänger des jetzigen ultrarechten Jair Bolsonaro, freuten sich die Investmentbanken, denn endlich sollten die wertvollen Rohstoffe, über die Brasilien verfügt, geplündert werden. Auch als Mauricio Macri 2015 in Argentinien zum Präsidenten gewählt wurde, jubelten die Investmentbanken, denn die Regierung von Mauricio Macri besteht sogar aus Investmentbankern. Immer wieder kommt es hier durch die argentinische Regierung zu Menschenrechtsverletzungen. 

G20-Finanzministertreffen in Argentinien, IWF-Chefin lobte ausgerechnet Macri

Wie sehr auch Deutschland von Lateinamerika profitiert, zeigte die Lateinamerika-Reise von Bundeskanzlerin Merkel im Juni 2017. Siehe: Merkel in Argentinien: Menschenrechtsverletzungen durch argentinische Regierung, die aus Investmentbankern besteht! Investitionen bis zu 200 Mrd. US$ geplant

Der argentinische Präsident Mauricio Macri traf die IWF-Direktorin Christine Lagarde
MAURICIOMACRI /TWITTER

Ausgerechnet die IWF lobte den Argentinischen Präsidenten Macri, der für seine  Menschenrechtsverletzungen in der Kritik steht. Lagarde war von 2011 bis 2019 war sie die geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) und ist seit dem 1. November 2019 ist sie Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB).

Am Treffen der G20-Finanzminister, das im März 2018  stattfand, nahmen neben Lagarde 22 Minister, darunter auch der  deutsche Finanzminister Olaf Scholz und 17 Zentralbankchefs teil. Menschenrechte zählten nicht zu den Themen, über die man diskutierte. Bereits mit der Bestätigung von Temer als Präsident, dem Vorgänger des jetzigen ultrarechten Jair Bolsonaro, freuten sich die Investmentbanken, denn endlich sollten die wertvollen Rohstoffe, über die Brasilien verfügt, geplündert werden. Auch als Mauricio Macri 2015 in Argentinien zum Präsidenten gewählt wurde, jubelten die Investmentbanken, denn die Regierung von Mauricio Macri besteht sogar aus Investmentbankern. Immer wieder kommt es hier durch die argentinische Regierung zu Menschenrechtsverletzungen, darunter die vielen Morde an Frauen. 

Und trotzdem war eine Bedingung, nachdem Argentinien ein Kredit in Höhe 56 Mrd. USD von der IWF bekam, an deren Spitze zu der Zeit noch die neue EZB Präsidentin Christine Lagarde stand, dass die Sozialprogramme gekürzt wurden, darunter auch der Schutz für Frauen.

Auch in Ecuador gehen seit Monaten Menschen gegen ihre Regierung auf die Straße.

Proteste Ecuador

Die Kreditvereinbarung Ecuadors mit dem Internationalen Währungsfonds führt zur Zunahme von Arbeitslosigkeit und Armut. Im März 2019 unterschrieb Ecuador ein Abkommen mit dem IWF, mit dem ihm ein Kredit von 4,2 MIlliarden US-Dollar für eine Laufzeit von drei Jahren gewährt wurde, mit schlimmen Folgen. Denn bekommt ein Land einen Kredit vom IWF bedeutet dies, dass es sein Tafelsilber veräußern muss. Siehe Raubbau am kostbarsten Gut! Gewusst? Wollen Länder Kredite von Weltbank oder IWF – dann müssen sie ihr Wasser privatisieren. 

Kolumbien gibt es Proteste

Auch in Kolumbien gibt es Proteste, hier sind es die Studenten, die ein Ende der Korruption und der Polizeigewalt fordern. Auch auf Haiti nimmt die Polizeigewalt zu. Die Bevölkerung protestiert seit September 2019 gegen die Regierung von Präsident Jovenel Moise. Der Grund der Proteste sind u. a. der anhaltende Nahrungsmittel- und Treibstoffmangel.

Proteste auch in Honduras

Honduras during protests

In Honduras fragen sich die Menschen, ob Präsident Juan Orlando Hernández, der seit 2014 im Amt ist, Geld aus Drogengeschäften erhielt. In Honduras, so wie in anderen Ländern, kommt es vermehrt zu Übergriffen und brutalen Morden an Umweltaktivisten. Wie auch in Guatemala, hier wurde Diana Isabel Hernández auf offener Straße erschossen. Siehe R.I.P. Diana Isabel Hernández – Euer Profit kostet uns das Leben! Wieder wurde eine Umweltaktivistin ermordet!

Gewalt an Indigene in Bolivien

Nachdem Evo Morales in Bolivien wieder gewählt wurde, kam es zu einem Putsch, die neue selbsternannte Präsidentin wird vom Westen unterstützt, denn Bolivien hat Lithium.

Völkermord an Indigene in Bolivien?

Die Interimspräsidentin Añez, die sich selbst zur Präsidentin von Bolivien ernannt hat, wird von westlichen Staaten unterstützt. Während des Putsches, wurden Indigene Frauen aus ihren Häusern geholt und durch das Dort gejagt, da sie Anhänger von dem Präsidenten Evo Morales waren.

Im Oktober 2009 wurde Morales sogar von der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum „World Hero of Mother Earth“ ernannt. Morales weiß, wie sich Armut und Hunger anfühlen. Seine Jugend verbrachte er in schwerster Armut, in einem kleinen Dorf auf dem bolianischen Altiplano. Er hat harte Arbeit und Ungerechtigkeiten am eigenen Leib erfahren. Bei seiner ersten Wahl zum Boliviens Präsident 2006 hat er mit dem ersten Erlass seiner Amtszeit sein eigenes Gehalt halbiert. 

Wie sehr sich die USA in Bolivien einmischten, können wir an den Wahlen 2002 sehen, denn wenige Tage vor der Wahl in einer Rede in Anwesenheit des scheidenden bolivianischen Präsidenten Jorge Quiroga, warnte der US-Botschafter in Bolivien Manuel Rocha die bolivianischen Wähler, dass, falls sie Morales wählen sollten, die USA ihre Entwicklungshilfe streichen und ihre Märkte für Bolivien schließen würden.

Doch jetzt hat Bolivien das, was die Welt unbedingt braucht, Lithium. Noch vor Wahl zum Präsidenten stellte der alte und mittlerweile auch neugewählte Präsident Evo Morales im September 2019 ein in Bolivien hergestelltes Elektroauto vor, um die Lithiumindustrie in Bolivien zu fördern. Als neugewählter Präsident kündigte er eine Kooperation mit einem deutschen Unternehmen auf. Ob es deswegen zu den schrecklichen Protesten in Bolivien kam?

Bolivien hat 8,3 Millionen Einwohner und ist das einzige Land Südamerikas mit größtenteils indianischer Bevölkerung. Etwas über 55% der Bevölkerung gehört den indigenen Völkern an, meist Quechua und Aymara; gut 30% der Bevölkerung sind Mestizen. Die übrigen Bewohner des Landes sind Weiße, meist Nachkommen der verschiedenen Einwanderungswellen bis nach dem zweiten Weltkrieg. Eigentlich lebten die Vielzahl der Gruppen in einer erstaunlicher Toleranz nebeneinander, bis 2019.

Mittlerweile hat Evo Morales Bolivien verlassen müssen und die Proteste und die Gewalt an die indigene Bevölkerung nimmt zu.

Bolivien – Gewalt an Indigene

Bolivien verfügt über reiche Erzvorkommen. In den zahlreichen Erzlagerstätten werden Zinn, Blei, Silber, Kupfer, Antimon, Zink, Schwefel, Wismut, Gold und Wolfram abgebaut. Bolivien hat auch das größte weltweit vorkommende Lithium. Mittlerweile sind viele Indigene getötet worden, darunter viele indigene Frauen. Siehe: #NiUnaMenos – Stop Killing Us – Wie viele  müssen noch sterben?

Auch in Chile kommt es immer wieder zu Morddrohungen.

Nachdem die Wasserkrise und die damit verbundenen Proteste eskaliert sind, gibt es Morddrohungen gegen den Chilenen Rodrigo Mundaca, der seit Jahren für den freien Zugang zu Wasser kämpft und kürzlich mit dem Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis ausgezeichnet wurde. Petorca, wo die Mehrzahl der Avocados für den Export vor allem nach Europa und Asien erzeugt werden, ist die Region, in der die Industrie einen systematischen Raub am Wasser begeht. Tausende Familien müssen irgendwie mit der jahrelangen Dürre fertig werden und überleben mittlerweile nur noch mit Trinkwasser, dass ihnen mit Lastwagen geliefert wird. Wir hatten erst am 14.Oktober 2019 über die schreckliche Dürre in Chile und die Proteste berichtet – siehe  Schreckliche Dürre in Chile – Hunderttausend Nutztiere wegen Wassermangel gestorben – Chile’s drought killing thousands of farm animals

Mittlerweile sind die Proteste in Chile eskaliert und überall sind Panzer und Militär. Der Ausnahmezustand wurde ausgeweitet

Schon gleich zu Beginn hatte der konservative Milliardär Sebastián Piñera, der am Sonntag, dem 11.März 2018 als chilenischer Präsident seinen Eid geleistet hatte, versprochen, die Investitionen in den weltbesten Kupferproduzenten wiederzubeleben. Nicht nur das, denn Chile hat das, was auch Europa braucht: Rohstoffe. Lithiumverarbeitung soll Profite ins Land bringen, so die gtai.de im Juni 2019:

„Die Chemieindustrie ist eng mit dem Bergbausektor verknüpft und konzentriert sich auf den Abbau von Rohstoffen. Die wertschöpfende Verarbeitung findet in anderen Märkten statt. Der Fokus liegt zurzeit auf dem Abbau von Lithiumcarbonat in der Atacamawüste, welche eine der weltweit größten Lithiumvorkommen der Welt beherbergt. Um künftig einen größeren Teil der Wertschöpfungskette im Land zu halten, sollen Lithiumbatterien, etwa für Elektrofahrzeuge, lokal produziert werden. Samsung und POSCO planen den Bau einer Fabrik vor Ort zur Produktion chemischer Komponenten für Akkus.“

Doch die Menschen in Chile werden immer ärmer und, wie schon erwähnt, die „Freunde“ des Milliardärs Sebastián Piñera, werden immer reicher.

protesta Chile

„Mir scheint der Großteil der internationalen Presse vermittelt ein ziemlich “verzerrtes Bild” von den Geschehnissen hier in Chile, also möchte ich gerne zur aktuellen Situation Stellung nehmen,“ so eine Freundin aus Chile. 

¡Chile despertó, Chile ist erwacht!

 

Ich befinde mich in Santiago, der Hauptstadt Chiles, wo wir zum aktuellen Zeitpunkt einer Ausgangssperre Folge zu leisten haben. Das bedeutet, dass von Samstag  22:00 bis morgen, Sonntag 07:00 früh niemand außer Haus gehen darf und das Militär, das vom Staatschef beauftragt wurde, für „Sicherheit“ zu sorgen, alles dafür Notwendige unternehmen darf, um diese „Sicherheit“ zu gewährleisten; In genau diesem Moment macht es auf den Straßen Santiagos buchstäblich auch von allen Mitteln Gebrauch . Während ich hier schreibe, begleitet mich das ständige Geräusch von einem der vielen Militärshubschrauber, die ihre Kreise über die Stadt ziehen, und aus der Ferne hört man Sirenen.

Gestern Abend (Freitag) wurde durch Präsident Sebastian Piñera auf Grund von Unruhen der Ausnahmezustand ausgerufen. Was schon vor mehreren Tagen mit organisierten, aber friedlichen Protestaktionen begonnen hatte, geriet gestern Abend aus den Fugen. Grund für die Proteste war die erneute Erhöhung der U-Bahn-Ticketpreise, was aber nur der letzte Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen brachte. Um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen, organisierten sich (hauptsächlich) Schüler und Studenten, aber auch Senioren und umgingen die Kontrollverrichtungen, sprich: fast alle, die an diesem Tag die U-Bahn benutzten, bezahlten den vorgegebenen Preis nicht, sondern übersprangen die Drehkreuze.

Dies hatte zur Folge, dass Metro Santiago die Stationen schloss und die Funktion mehrerer Linien einstellte, sehr viele Menschen blieben in den Stationen und/oder auch Wagons eingesperrt, bis die Polizei auftauchte, um „Recht und Ordnung“ zu schaffen: mithilfe von Tränengas, Wasserwerfen, mit Pfeffer versetztem, eiskaltem Wasser, Schlagstöcken, und, obwohl es nirgends erwähnt wird, wurde auch von Schusswaffen Gebrauch gemacht. Einer jungen Schülerin wurde in der Station „Estacion Central“ ins Bein geschossen und sie war bei weitem nicht die einzige Verletzte, aber die öffentlichen Medien bringen diese Nachrichten nicht. In Folge wurde die Funktion aller Linien eingestellt, was ein Chaos zur Folge hatte und damit die Wut der Bevölkerung noch mehr schürte… Ja, diese enorme Wut, die Chile endlich erwachen lässt.

Neben der ständigen Erhöhung der Ticketpreise des Verkehrssystems werden zudem nämlich auch konstant Mautgebühren, Benzin, Wasser, Gas und der Strompreis erhöht. Letzteres vor ca einem Monat um ganze 30 % ! Chile gilt als eines der Länder mit der größten sozialen Ungleichheit in ganz Südamerika. Die sozial schwächste Bevölkerungsschicht muss mit einem Mindesteinkommen von rund 400.000 Pesos Chilenos auskommen, (der Ticketpreis der U-bahn wurde auf 830 Pesos pro Fahrt erhöht, sprich fast 10% des Gehaltes eines normalem Arbeiters werden allein für den Transport zur Arbeitsstelle ausgegeben). Nur um zu Überleben nimmt der durchschnittliche Chilene mehr als einen Kredit auf, denn weder Bildung noch Gesundheitssystem sind gratis und/oder von großartiger Qualität, und das Pensionssystem ist so schlecht, dass ein großer Teil der Bevölkerung auch mit über 70 noch immer arbeiten geht, um nicht zu verhungern.

Die Liste der Missstände und deren Gründe ist sehr lang, aber ich möchte mich momentan gerne den Geschehnissen des letzten Tages zuwenden:

¡Santiago arde. Santiago brennt!

Die Wut der Gesellschaft ist sehr groß, vor allem die „neue“ Generation hat es satt, von der Regierung nicht ernst genommen zu werden. Seit dem Jahre 2011 zum Beispiel gab es zig Versuche und Proteste, um die Einfúhrung eines würdigen, qualitativen und leistbaren Bildungssystems zu erwirken. Erfolglos. Hier herrscht das Gesetz: Mit Geld kann man alles kaufen. Hat man das auch, kann man sein Kind also in eine tolle, fortschrittliche Privatschule stecken, ganz nach dem großen Vorbild der USA. Hat man aber keines, bleibt einem nur die öffentliche Schule.

Protesta Chile

All diese Proteste enden generell damit, dass die Polizei zum Einsatz schreitet, um dem Geschehen ein Ende zu setzen. Und das tut sie gnadenlos mit Tränengas, Wasserwerfern und Gewalt. Aber das ist ganz normal, das schreckt oder wundert hier keinen mehr. Das gehört zur Realität.

Vielleicht ist es das Gefühl der Ungerechtigkeit und Ungleichheit, das in diesem Land herrscht, und das Gefühl, nichts mehr verlieren zu können, in Verbindung mit der Überzeugung, dass es so nicht weiter gehen kann, das gestern zu diesen Ausschreitungen geführt und die Stadt in ein Schlachtfeld verwandelt hat. Sehr viele Menschen gingen auf die Straße, um sich Gehör zu verschaffen und ihren Unmut Kund zu tun, und das tun sie hier, indem sie alle im gleichen Rhythmus auf Kochtöpfe schlagen: Das nennt man Cacerolazo; unzählige hupende Autos, im gleichen Rhythmus; Straßenbarrikaden wurden errichtet, meistens mit Feuer.

Über all dem wachsenden Chaos hing eine riesige Nebelschwade aus Tränengas, denn die Polizei verfolgte die „aufmüpfigen Jugendlichen“, die sich gegen die Regierung und ihre Verordnungen auflehnt.

Mit Einbruch der Nacht begannen die Berichterstattungen im Radio über anfangs vereinzelte Fälle von Brandstiftungen in U-Bahn-Stationen. Aber je später es wurde, desto schlimmer wurde die Situation. Bald schon waren es unzählige U-Bahn-Stationen, die in Brand gesetzt und verwüstet wurden, ebenso ein Gebäude und DAS Bild, das in den Medien kursiert, ist das Bild eines völlig ausgebrannten Busses.

Die Stunden vergingen und alles geriet immer mehr außer Kontrolle, allerdings erschien es, als ob die Polizei zu diesem Zeitpunkt wundersamerweise plötzlich nicht mehr so sehr präsent war. Erst um 00:15 Mitternacht nahm Piñera Stellung zu den Geschehnissen und rief den Ausnahmezustand aus. Gleichzeitig beauftragte er das Militär, für Sicherheit zu sorgen.

Er bedauerte entsetzt die großen Schäden, die Transantiago, das beste U-Bahn-System Südamerikas, davongetragen hat, bedankte sich bei der Polizei für ihren großartigen Einsatz um das Wohl der Bürger und erklärte, dass die Verantwortlichen für die Verwüstungen straffällig gehandelt hätten und zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Aber die Preiserhöhung erwähnte er nicht, ebenso wenig, dass er diese zurücknehmen würde oder dass er auf die Forderungen der Bevölkerungen eingehen würde. Der Präsident hat 11 Stunden gewartet, um zu reagieren und anstatt, wie man es in einer Demokratie erwarten würde, Lösungen für die Problematik zu suchen, war seine erste Handlung, das Militär hinzuzuziehen. Und das in dem Land, das 17 Jahre lang eine Militärdiktatur erleiden musste.

Toque de queda- Ausgangssperre

Es war ein seltsames Erwachen heute, nach den gestrigen Ereignissen. Chile despertó. Nicht nur in Santiago merkte man das, auch in anderen Städten und Regionen begannen die Proteste, Cacerolazos im ganzen Land. Ganz Chile beginnt, sich zu behaupten. Es ist Zeit, etwas zu tun, die Menschen wollen nicht mehr unterdrückt werden, und dieser Wunsch, sich endlich durchzusetzen und seine Rechte einzufordern, bewegt jeden Einzelnen.

Den ganzen Tag über gab es Proteste, Cacerolazos, unglaublich viele Menschen auf den Straßen. Sie fordern den Rücktritt Piñeras, sie fordern das Ende der Gewalt, die Polizei und Militär hier ausüben, sie fordern Gerechtigkeit.

Aber scheinbar fordern sie zu viel, denn anstatt die Bevölkerung endlich anzuhören, hat die Regierung unter Piñera beschlossen, zu den vertrauten Mitteln aus Zeiten der Diktatur zu greifen. Die Ausgangssperre wurde verhängt. Niemand darf ohne Genehmigung auf die Straße, alle müssen drinnen bleiben, während auf den Straßen Militärsfahrzeuge patroullieren und die Soldaten versuchen, „Recht und Ordnung“ zu schaffen. Man hört Helikopter, Sirenen. Die Spannung in der Luft ist fast explosiv. Für die Generation, die die Diktatur erlebt hat, ist es wie eine Reise zurück ins Jahr 1973. Die Angst ist greifbar. Aber da ist auch die Generation, die sich das nicht mehr gefallen lässt, denn sie versuchen hier, uns unserer Freiheit zu berauben, und so etwas darf sich nicht wiederholen.

Wer weiß, wie viele in dieser Nacht Widerstand leisten, und wer weiß, wie viele diese Nacht heil überstehen.
In den Medien sieht man nur Zahlen der verwundeten Polizisten und die Zahl der Verhafteten. Aber was passiert mit der Zahl der verwundeten Zivilpersonen? Und die Zahl der verschwundenen Schüler? Die Zahl der Toten?
Denn so beängstigend es auch sein mag, wir können die Augen nicht verschließen, all das ist Realität, all das passiert genau jetzt und in diesem Moment.

In zwei Stunden endet der erste Toque de queda, wer weiß, wie viele uns noch bevorstehen in den nächsten Tagen oder Wochen? Wer weß,s was der morgige Tag bringt. Mit Sicherheit wissen wir nur: Chile ist erwacht! 

Soweit der Bericht, was in Chile geschieht. Doch wie schon mehrfach erklärt, es ist nicht das erste Mal. Wir hatten berichtet, dass die Bewohner von Quintero, Chile, wo auch eine Reihe von Bergbau-, Öl-, Zement-, Gas- und Chemieindustrien betrieben werden, unter einem schrecklichen Umweltskandal leiden. Etwa 30.000 Menschen leben in Quintero, etwa 30 Kilometer von dem Industriegebiet Valparaíso entfernt. Diese Region ist gezeichnet von Umweltverschmutzung und hat die höchste Krebsrate des Landes. Als die Menschen demonstrierten, erlebten auch sie die Gewalt von Polizei und Militär. Der Anführer der Demonstrationen wurde tot aufgefunden. Alejandro „El Mecha“ Castro wurde nur 27 Jahre alt.
Siehe Hilferuf aus Chile – Mysteriöse Giftwolke „Alles ist hier gestorben“

Trotz des von der Regierung in den Städten Santiago, Concepción und Valparaíso sowie in weiteren Regionen des Landes verhängten Ausnahmezustands werden die Proteste in Chile immer stärker. Mittlerweile steigt die Zahl der Toten.

Wie in anderen Ländern Lateinamerikas gehören jetzt auch in Chile Soldaten an Straßenecken zum Stadtbild und die Hauptverkehrsstraßen sind besetzt mit Panzern.

Netzfrauen Birgit Steinmeyer und Doro Schreier

Schreckliche Dürre in Chile – Hunderttausend Nutztiere wegen Wassermangel gestorben – Chile’s drought killing thousands of farm animals

Hilferuf aus Chile – Mysteriöse Giftwolke „Alles ist hier gestorben“

Schrecklich ‚ES HERRSCHT KRIEG‘ – Der Amazonas-Regenwald wird gerodet und Indigene werden ermordet! – Brazil’s indigenous people: Miners kill one in invasion of protected reserve

Brasilien – wieder eine Menschenrechtsaktivistin gefoltert und brutal ermordet – R.I.P. Dilma Ferreira Silva

Menschenrechte in Chile: Neues Todesopfer von Polizeigewalt – Por el respeto del derecho a la vida y a la justicia: Alto a la represión

Notstand im Süden Chiles durch gigantisches Fischsterben – Fischer machen Lachsfarmen dafür verantwortlich – gewaltsame Proteste

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.