Entsetzen in Australien! Kardinal George Pell wurde aus dem Gefängnis entlassen, nachdem Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern aufgehoben wurden! – George Pell freed from prison after High Court quashes child sex abuse convictions

Weltweit steht die Kirche wegen sexuellem Missbrauch an Minderjährigen in der Kritik. Kardinal Pell ist der bislang ranghöchste katholische Geistliche, der wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde. In Australien konnte weder der Vatikan Pell helfen noch der teure Anwalt. Australien hat einen Prozess begonnen, den die Kirche selbst nicht zu bewältigen schien. Kardinal George Pell wurde verurteilt, weil er als Erzbischof von Melbourne Chorknaben sexuell missbraucht hatte. Hieß es noch, dass Pell eine Freiheitsstrafe von maximal 50 Jahren erwarten konnte, wurde er zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt. Und wer noch bis vor kurzem dachte, es gebe Gerechtigkeit für alle Missbrauchsopfer, der wurde spätestens heute enttäuscht, denn George Pell wurde aus dem Gefängnis entlassen. Der High Court hat die Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern aufgehoben. Der Vater eines Missbrauchsopfers  sagte, er habe kein Vertrauen mehr in das Strafjustizsystem, und er steht unter Schock. Währenddessen fragen sich viele, ob Kardinal Pell jetzt in den Vatikan zurückkehren wird, so als sei nichts geschehen. Kardinal Pell wurde aus dem Barwon-Gefängnis entlassen und von einem Konvoi abgeholt.

Kardinal George Pell wurde aus dem Gefängnis entlassen

In den letzten Jahren haben sich Hunderte, wenn nicht Tausende von Personen gemeldet, die von Priestern in der römisch-katholischen Kirche sexuell missbraucht wurden. Zahlreiche „pädophile Priester“ wurden identifiziert. Leider hat die katholische Kirche in den meisten Fällen versucht, den sexuellen Missbrauch zu vertuschen, indem sie die „Täter“ einfach in andere Pfarreien versetzte.

Nach Jahren angeblicher Vertuschungen und einer Mauer des Schweigens seitens der Kirche wegen ihres Pädophilie-Skandals haben Missbrauchs-Überlebende und ihre Anwälte die gerichtliche Verfolgung Pells als monumentale Veränderung der Art und Weise begrüßt, in der die Gesellschaft auf die Krise reagiert.

Und die Missbrauchsopfer atmeten auf, als es noch im August 2019 hieß, dass der frühere Vatikan-Finanzchef George Pell im Gefängnis bleiben müsse. Bereits am 11. Dezember 2018 wurde der 78-jährige ehemalige Finanzchef des Vatikans George Pell in 5 Anklagepunkten für schuldig befunden. Eine wegen sexuellem Eindringen in ein Kind und vier wegen unlauterer Handlungen mit Kindern, doch schon da gab es für die Journalisten einen Maulkorb und sie durften nicht berichten. Die Medien mussten bis Februar 2019 warten, als der Maulkorb aufgehoben wurde, und es hieß, dass Kardinal Pell eine Haftstrafe von bis zu 50 Jahren erwartete. 

Während der Papst zum Abschluss der Anti-Missbrauchskonferenz im Vatikan ein Ende der „Abscheulichkeit“ versprach, wurde auf der anderen Seite der Erde ein ranghoher Katholik, George Pell, wegen Sexualdelikten nach zwei geheimen Gerichtsverfahren verurteilt. George Pell hat sich des Kindesmissbrauchs schuldig gemacht! „Du bist ein Monster“, so die Opfer. Im März 2019 dann das Urteil, 6 Jahre Haft. Es waren schreckliche Details, die ans Tageslicht kamen. 

Pells Opfer waren zwei 13-jährige Jungen, die Stipendien am renommierten St. Kevin’s College erhielten. Das Gericht hörte sich die grausamen Geschichten der Opfer an. Und was sie zu hören bekamen, konnte grausamer nicht sein.

Bei einer feierlichen Sonntagsmesse im Dezember 1996 waren sie „abgehauen“ und wurde dabei erwischt, wie sie von dem Sakramentalwein in der Sakristei – einem Raum hinter dem Dom, der von Priestern zum Anziehen benutzt wurde – tranken. Es war Pell, der neue Erzbischof, und während er mit ihnen schimpfte, legte er seinen Penis unter seinen zeremoniellen Gewändern frei, bevor er sie belästigte. Eines der Opfer, jetzt in den Dreißigern, brachte die Vorwürfe der Polizei vor, nachdem er jahrelang versucht hatte zu verstehen, was er erlebt hatte.

Etwa einen Monat, nachdem Pell ihn vergewaltigt hatte, wurde er erneut sexuell angegriffen, als er ihn gegen eine Kathedralenwand drückte und seine Genitalien streichelte. Auszüge seiner Aussage wurden vor Gericht vorgelesen und können nun zum ersten Mal veröffentlicht werden.

„[Pell] stellte sich in die Tür und sagte so etwas wie “was machst du hier“ oder „du bist in Schwierigkeiten“, erzählte das Opfer der Jury. Einer der Jungen hatte gefragt: „Können Sie uns gehen lassen? Wir haben nichts gemacht“. Stattdessen zog der damalige Erzbischof einen der Jungen beiseite und drückte seinen Kopf an seinen Penis.

Nach ein paar Minuten wandte Pell seine Aufmerksamkeit dem anderen Chorknaben zu und zwang ihn zu Oralsex,  bevor er ihn beim Masturbieren streichelte.

„Ich zog mich wieder an,“ sagte der ehemalige Chorknabe der Jury und schätzte, dass die Tortur nur wenige Minuten gedauert hatte. „Wir standen auf und verließen den Raum und gingen zurück.“ Ein paar Monate später wurde der Junge ein zweites Mal von Pell missbraucht.

Pell habe „Blut an den Händen“

Das andere Opfer von Pell starb 2014 an einer „versehentlichen“ Überdosis Heroin. Sein Vater sagte, Pell habe „Blut an den Händen“, und kündigte an, den Kardinal oder die katholische Kirche wegen des Todes seines Sohnes zu verklagen. Das überlebende Opfer, das um Anonymität gebeten hatte, veröffentlichte nach dem  Urteil eine Erklärung durch seinen Anwalt, so news.com.au am 26. Februar 2019.

Im August 2019 dann der Berufungstermin, wo Kardinal Pell, der diesen hohen Titel der katholischen Kirche weiterhin trägt, in klerikalem Schwarz mit weißem Priesterkragen erschien.  Gebeugt stieg er eine halbe Stunde vor dem offiziellen Termin aus dem Gefängnisbus und wurde zu einer Wartezelle im Gerichtsgebäude geführt. Noch da hieß es, dass Pell weiterhin im Gefängnis bleiben müsse.

„Die Gerechtigkeit hat sich heute durchgesetzt.“ Die Missbrauchsüberlebenden und Fürsprecher der Opfer jubelten, als George Pell seine Berufung gegen die Verurteilung verlor. Siehe: Wegen sexuellen Missbrauchs verurteilter früherer Vatikan-Finanzchef George Pell muss im Gefängnis bleiben!

George Pell wurde aus dem Gefängnis entlassen, nachdem der High Court die Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern aufgehoben hatte

Heute, 07. April 2020, hat Australiens oberster Gerichtshof dem Berufungsantrag von Kardinal Pell überraschend stattgegeben. Der High Court of Australia gab dem Antrag von Kardinal Pell auf „Sonderurlaub“ statt und sprach ihn einstimmig frei. Die Richter stellten fest, dass die Jury angesichts der Beweise Zweifel an der Schuld von Kardinal Pell hätte hegen müssen. Pells Verteidiger argumentierten, dass die Aussagen nicht ausreichend waren, um die Schuld des Kardinals zweifelsfrei festzustellen.

In einer ersten Reaktion bezeichnete Pell die Entscheidung des Gerichts als Heilmittel gegen die „ernsthafte Ungerechtigkeit“, die ihm widerfahren sei.

„Ich habe meine Unschuld konsequent aufrechterhalten, während ich unter einer schweren Ungerechtigkeit gelitten habe“, sagte Kardinal Pell in einer Erklärung nach der Entscheidung. Er hatte über 400 Tage seiner Haftstrafe verbüßt. Er hege aber „keinen Groll“ gegen seine Ankläger“ – so in der Erklärung, über die abc.net.au berichtete.

Kurz vor 12:30 Uhr (Australische Zeit)  wurde Kardinal Pell aus dem Barwon-Gefängnis entlassen und in einem Konvoi abgeholt. Anschließend wurde er zu einem Kirchengrundstück in Melbournes innerem Osten gebracht, wo ihn eine Nonne an der Tür begrüßte und ihm ins Haus half.

 Erklärung des High Court of Australien 

Familie des ehemaligen Chorknaben „gebrochenes Herz“ nach der Haftentlassung

Chrissie Foster, Aktivistin gegen Kindesmissbrauch, sagt, sie sei am Boden zerstört darüber, dass George Pell aus dem Gefängnis entlassen und seine Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern aufgehoben wurden.

Der Vater des verstorbenen ehemaligen Chorknaben war nach der Entscheidung „unter Schock“, sagten seine Anwälte. „Er hat Schwierigkeiten, die Entscheidung des High Court of Australia zu verstehen“, so in einer Erklärung. „Er sagt, er habe kein Vertrauen mehr in das Strafjustizsystem unseres Landes:“  Er sei durch ein Gerichtsverfahren enttäuscht worden, das ihn gezwungen hatte, seinen Schmerz und sein Trauma ohne Nutzen erneut zu erleben.

In einer Erklärung erklärte die Polizei von Victoria, sie respektiere die Entscheidung des High Court und werde die in den Fall involvierten Beschwerdeführer weiterhin unterstützen. „Die Polizei von Victoria ist weiterhin bestrebt, sexuelle Übergriffe zu untersuchen und den Opfern Gerechtigkeit zu verschaffen, unabhängig davon, wie viele Jahre vergangen sind“, heißt es in der Erklärung. „Wir möchten auch die langjährige gründliche Arbeit der Ermittler der Taskforce Sano an diesem Fall anerkennen.“

„Ich freue mich, dass der Kardinal jetzt freigelassen wird, und ich bitte darum, dass die Verfolgung desjenigen, der uns an diesen Punkt gebracht hat, jetzt aufhört“, sagte der Erzbischof von Sydney Anthony Fisher.

Der frühere Premierminister Tony Abbott, der Kardinal Pell während des gesamten Rechtsprozesses einschließlich seines Besuchs im Gefängnis unterstützte, sprach nach dem Urteil kurz mit Reportern in seinem Haus in Sydney. „Das ist so, wie es war und wie es sein wird, aber heute ist nur ein Tag, um das Urteil des High Court für sich selbst sprechen zu lassen“, sagte Abbott.

Der viktorianische Premier Daniel Andrews sagte, er habe keinen Kommentar zum Urteil des High Court. „Aber ich habe eine Nachricht für jedes einzelne Opfer und jeden Überlebenden von sexuellem Kindesmissbrauch: Ich sehe dich. Ich höre dich. Ich glaube dir“, sagte er.

Die frühere Premierministerin Julia Gillard, die jetzt Vorsitzende der gemeinnützigen Organisation Beyond Blue für psychische Gesundheit ist, ermutigte diejenigen, die mit den heutigen Nachrichten zu kämpfen haben, Unterstützung zu suchen.

Während viele über die Freilassung entsetzt sind, freut sich Kardinal Pell über die ersten Stunden in Freiheit.

Kardinal Pell ist der bislang ranghöchste katholische Geistliche, der wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde. Doch bereis im März 2019 sagte die preisgekrönte Journalistin Louise Milligan, die drei Jahre lang die Vorwürfe gegen George Pell wegen sexuellen Kindesmissbrauchs untersuchte: „„Dies ist eine Person, die eine immense politische und kulturelle Macht besaß, was enorm und sehr, sehr schwierig war.“  Wie recht sie hat, Kardinal Pell ist ein Mensch mit Macht.

Und so geht die Geschichte wegen sexuellen Kindesmissbrauchs in der Kirche weiter, ohne dass die Opfer je Gerechtigkeit erfahren werden.

Netzfrau Doro Schreier

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