Unter tiefem und aufrichtigem Schmerz informieren wir über den Tod von Sara Hegazy. Sie war eine ägyptische LGBTQI+Aktivistin, die nur, weil sie während eines Konzerts die Regenbogenfahne geschwenkt hatte, in Kairo festgenommen wurde. Kritiker sind in Ägypten nicht erwünscht und Lesbian, Gay, Bi, Trans, Queer und Intersex schon gar nicht. Sie wurde, wie auch andere Aktivisten, im Gefängnis gefoltert. Seit Abdel-Fattah Al-Sisi nach dem Militärputsch 2013 in Ägypten an die Macht kam, hat sich die Menschenrechtssituation gravierend verschlechtert. Trotzdem ist Ägypten ein Schwerpunktland für die deutsche Entwicklungspolitik und Empfänger deutscher Waffen und Ausrüstung. Nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd gehen weltweit Menschen gegen Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung auf die Straße. Auch Sara Hegazy setzte sich gegen Ausgrenzung und Diskriminierung ein, denn in vielen Ländern werden LGBTQI+ bestraft, sogar mit der Todesstrafe. In Pakistan wurde ein 15-jähriger Transgender zu Tode vergewaltigt und in Indonesien nimmt nicht nur die Vergewaltigung von kleinen Mädchen zu, sondern Transgender werden gefoltert. In der Türkei sorgte der grausame Mord an der Transgender-Aktivistin Hande Kader für weltweite Empörung. Und nur weil sie auf einer Demonstration gegen Gewalt an Frauen das Lied „un violador en tu camino“ aus Chile gesungen hatten, kamen Frauen für zwei Jahre in Haft. Jetzt stehen sogar in Chile die Frauen vor Gericht, die das Lied: „DER VERGEWALTIGER BIST DU!“ ins Leben gerufen haben. Es soll auf die Gewalt an Frauen, auch durch die Polizei, aufmerksam machen. Diskriminierung hat viele Seiten und es muss immer erst jemand sterben, damit Menschen aufwachen. Auch Sara Hegazy hat für LGBTQI+ gekämpft, doch ihren eigenen Kampf verloren.
Diskriminierung hat viele Seiten und es muss immer erst jemand sterben, damit Menschen aufwachen.
Im März 2020 marschierten mehr als 1 Million chilenische Frauen gegen Gewalt an Frauen. Wie gefährlich das Leben von Frauen sein kann, wird auch an Chile deutlich. Eigentlich sollten Polizeiwachen ein sicherer Ort für Frauen sein, doch es sind Polizisten, die diese Frauen vergewaltigen. Die Täter werden nicht bestraft und Frauen verschwinden spurlos. Daniela Carrasco wurde zum Symbol für Proteste. Sie wurde vergewaltigt, gefoltert und aufgehängt, weil sie gegen die Regierung protestierte. Sie wurde als Warnung für alle chilenischen Frauen ermordet, die weiterhin gegen die Regierung protestieren.
Daher singen die chilenischen Frauen auch: „Das Patriarchat ist ein Richter, der uns verurteilt für unsere Geburt. Und unsere Strafe ist die Gewalt, die du jetzt siehst“. Das Video der chilenischen Frauen wurde in nur kurzer Zeit weltweit geteilt und viele Frauen schlossen sich dem Protest an. So auch die Frauen in der Türkei, denn auch hier steigt die Gewalt gegen Frauen. Die Regierung in der Türkei ließ sieben Frauen verhaften, weil sie in der Türkei die neue Hymne der chilenischen Frauen gesungen hatten. Sie wurden zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Jetzt fühlt sich in Chile die Polizei durch das Video von „LasTesis“ und der neuen Hymne der chilenischen Frauen beleidigt und vier Frauen der Gruppe stehen u.a. wegen der Hymne und Demonstrationen vor Gericht.
Sie wurden weltweit mit ihrem Lied berühmt und viele Frauen tanzen weltweit nach dieser Hymne. Es war im November letzten Jahres, als “ Lasthetics “ das Lied “ Ein Vergewaltiger auf Ihrem Weg “ auf den Straßen sang. Jetzt sollen sie dafür bestraft werden und nicht nur in Chile gibt es Polizeigewalt, nur weil man eine Frau ist. Siehe auch: International Women’s Day 2020 – „un violador en tu camino“ – Wie viele Frauen müssen noch sterben? Mehr als 1 Million chilenische Frauen marschieren gegen Gewalt an Frauen
Und nicht nur, weil man wie eine Frau aussieht, reicht es in vielen Ländern, dass man Gewalt ausgesetzt ist, sondern auch, wenn Frauen Frauen lieben, wie Sara Hegazy in Ägypten. Oder wie der 15-jährige Transgender, der in Pakistan zu Tode vergewaltigt wurde.
Sarah Hegazi, eine prominente ägyptische LGBTQ+-Aktivistin, ist in Toronto gestorben, nachdem sie vor Inhaftierung und Folter in ihrer Heimat geflohen war.
Die lesbische Ägypterin wurde wegen wehender Regenbogenfahne verhaftet und im Gefängnis gefoltert. Beamte sollen sie während ihrer Zeit im Gefängnis brutal vergewaltigt haben. Wir hatten bereits berichtet, dass sogar Kinder in Ägypten im Gefängnis gefoltert und durch Stromschläge getötet werden. Siehe Kinder in Ägypten im Gefängnis gefoltert und durch Stromschläge getötet – Children in Egypt in detention – Beaten, Electrocuted, Tortured
In Ägypten sind die Schwierigkeiten für LGBTQI+-Menschen enorm. Das ägyptische Recht erwähnt Homosexualität nicht ausdrücklich, aber um LGBTQI+-Personen strafrechtlich zu verfolgen, werden regelmäßig Verbrechen wie „Verstoß gegen die Moral und Sensibilität der Öffentlichkeit“, „Verstoß gegen religiöse Lehren“ oder „Propaganda verdorbener Ideen und Moral“ angewendet. Verdeckte Ermittler der Polizei gehen häufig auf Dating-Apps, um homosexuelle Menschen zu finden und zu melden, die ebenfalls auf Grund ihres Aussehens in Bars oder auf der Straße festgenommen werden. Dieses Klima der Stigmatisierung und Diskriminierung zwingt diese Menschen oft dazu, unsichtbar zu sein, so ilpost.it.
Sarah Hegazis Geschichte begann im September 2017, als sie 28 Jahre alt war. Sie war auf einem Musikfestivals in Kairo, als einige Leute in der Menge Regenbogenfahnen gehisst hatten, unter ihnen war auch Sarah Hegazi. Die ägyptischen Behörden verhafteten bis zu 57 Personen, Hegazy war die einzige Frau.
because this is how she would like to be remembered. All the power to the oppressed. #RaiseTheFlagForSarah pic.twitter.com/loe6odG75x
— Amr Magdi (@ganobi) June 15, 2020
Nachdem das Konzert und das Foto, auf dem sie die Regenbogenfahne schwenkte, in den sozialen Medien und im Fernsehen auftauchten, bekam Hegazi nicht nur hasserfüllte Kommentare und mehrere Morddrohungen, sagte Mostafa Fouad, ihre Anwältin und Freundin, sondern einige Tage später war Hegazi von zu Hause in ein Internierungslager gebracht worden, das von der Nationalen Sicherheitsagentur, dem ägyptischen internen Geheimdienst, betrieben wurde. Was mit ihr passiert ist, erzählte die ägyptische unabhängige Zeitung Mada Masr im September 2018:
«Während sie mich in meinem Haus vor meiner Familie verhafteten, fragte mich ein Agent, was ich von Religion halte, weil ich den Schleier nicht trug, und ob ich Jungfrau war oder nicht. Der Agent verband mir die Augen im Auto, das mich an einen Ort brachte, den ich nicht erkennen sollte. Ich wurde eine Treppe hinuntergeführt, ohne zu wissen, wohin man mich bringen würde. (…) Es war ein widerlicher Geruch und ich hörte ein Stöhnen vor Schmerz. Sie ließen mich mit gefesselten Händen und einem Stück Stoff im Mund auf einem Stuhl sitzen, aus Gründen, die ich nicht verstehen konnte. Ich habe niemanden gesehen, niemand hat mit mir gesprochen. Einen Moment später verdrehte sich mein Körper vor Krämpfen und ich verlor das Bewusstsein. Ich weiß nicht, wie lange ich leblos geblieben bin. Es war ein elektrischer Schlag. Ich wurde mit Elektrizität gefoltert. Sie drohten, meiner Mutter Schaden zuzufügen, wenn ich jemandem davon erzählte. „
Hegazi wurde danach auf eine Polizeistation gebracht, wo sie beschuldigt wurde, „zu Abweichungen und sexuellen Ausschweifungen angestiftet“ zu haben. In ihrer Zelle hatten andere von der Polizei ermutigte weibliche Häftlinge sie „sexuell, körperlich und verbal“ angegriffen, sagte sie. Die Folter im Qanatir-Gefängnis nördlich von Kairo wurde fortgesetzt:
«Ich wurde mehrere Tage in Einzelhaft gehalten, bevor ich mit zwei anderen Frauen in eine Zelle gebracht wurde, mit denen ich nicht sprechen durfte. Die ganze Zeit war es mir verboten, ins Sonnenlicht zu gehen. Ich habe die Fähigkeit verloren, direkten Blickkontakt mit Menschen herzustellen. „
Hegazi erzählte auch von ihrem Verhör, das sie „eine Demonstration der Unwissenheit“ nannte:
„Der Mann, der mich befragt hat, hat mich gebeten, Beweise dafür vorzulegen, dass die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität nicht als Krankheit betrachtet. Mein Anwalt Mohamed Fouad wandte sich tatsächlich an die WHO und erinnerte daran, dass Homosexualität keine Krankheit ist. Mein Anwalt Hoda Nasrallah wandte sich auch an die Vereinten Nationen, die ihrerseits eine Erklärung herausgaben, dass die Achtung der sexuellen Orientierung ein Menschenrecht ist.“
Während all dies geschah, gab es ein gewaltsames Vorgehen gegen die ägyptische Schwulengemeinschaft. In den Tagen unmittelbar nach dem Konzert waren mindestens 75 Personen angeklagt und Dutzende von ihnen zu ein bis sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Im Januar 2018 nach mäßigem Druck von einigen westlichen und südamerikanischen Diplomaten, wie die New York Times berichtet, wurde sie auf Kaution freigelassen. Aber sie geriet in eine Depression, verlor ihre Arbeit und sogar einige Familienmitglieder wandten sich von ihr ab. Außerhalb des Gefängnisses wurde sie weiterhin angegriffen. Aus Angst, erneut verhaftet zu werden, floh sie nach Kanada, wo ihr politisches Asyl gewährt wurde.
Als sie freigelassen wurde, hatte sie eine schwere posttraumatische Belastungsstörung: „Das Gefängnis hat mich getötet“, sagte sie. „Es hat mich zerstört.“
Kurz nach ihrer Abreise nach Kanada starb ihre Mutter und Hegazis Gesundheit verschlechterte sich: „Sie litt unter Angstzuständen und Panikattacken, begann zu stammeln und wollte sich zweimal das Leben nehmen. Sie war wütend über alles, was ihr angetan worden war. Sie wollte wieder nach Ägypten zurück, hatte aber Angst, verhaftet zu werden “, sagte Fouad, ihr Anwalt. Über Hegazis Tod und Kampf wurde in den letzten Tagen in allen internationalen Zeitungen berichtet. In Ägypten haben neben denen, die weiterhin ihre Handlungen anprangern und sagen, sie hätte den Tod verdient, viele ihre Fotos in sozialen Netzwerken durch Regenbogenfahnen ersetzt.
Die ägyptische LGBTQI+-Aktivistin Sara Hegazy stirbt im Alter von 30 Jahren in Kanada
Am 13. Juni 2020 verließ Sarah Hegazy diese Welt. Sie wurde nur 30 Jahre alt. Sie kommt wieder in ihre Heimat, dort wo sie geboren wurde und ihr Wunsch war, so zu leben, wie sie es wollte.
In ihrem Abschiedsbrief schrieb sie:
„Für meine Geschwister – ich habe versucht, Erlösung zu finden und bin gescheitert, vergib mir. Für meine Freunde – die Erfahrung [Reise] war hart und ich bin zu schwach, um mich dagegen zu wehren, vergib mir. Für die Welt – du warst in hohem Maße grausam, aber ich vergebe. “
Rassismus und Diskriminierung haben viele Gesichter.
Eine Gemeinschaft, in der manche Menschen als wertvoll und andere als wertlos definiert werden, ist für alle gefährlich.
Sara Hegazy, wir wünschen Dir eine gute Reise.
Netzfrau Doro Schreier
Netzfrauen auch auf >>> Instagram >>>>mit vielen Bildern und Informationen!