Saudi-Arabien gilt als einer der autoritärsten Staaten der Welt. Dementsprechend ist die Menschenrechtslage dort äußerst schlecht. Erst 2019 sorgte eine Massenhinrichtung für weltweite Empörung. Es waren junge Regimekritiker, sie waren nicht mal 18, als sie verhaftet wurden. Doch nicht nur in Saudi Arabien wird die Todesstrafe als politisches Instrument missbraucht, sondern auch im Iran. Im November 2019 gab es tagelange Unruhen im Iran, bei denen Sicherheitskräfte gewaltsam gegen die Protestierenden vorgegangen waren, viele Demonstranten wurden verhaftet. Jetzt sollen drei junge Regimekritiker hingerichtet werden. Nachdem das Oberste Gericht in Teheran die Todesstrafe für Saeid T, Amirhossein M.,und Mohammad R. bestätigte, gibt es unter den Hashtags #اعدام_نکنید und #StopExecutionsInIran weltweit eine virtuellen Protestwelle in der Hoffnung, die Hinrichtung noch verhindern zu können. Doch es sind nicht nur junge Regimekritiker, die gefoltert und hingerichtet werden, sondern auch die iranische Menschrechtsverteidigerin Saba Kordafshari und der Menschenrechtsaktivist Arash Sadeghi sind immer noch in Haft. Sabas Strafmaß wurde sogar von neun auf 24 Jahre heraufgesetzt, nur weil sie sich für die Rechte von Frauen eingesetzt hat. Massenhinrichtungen finden fast täglich in iranischen Gefängnissen statt und sie sind ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Oft dauern die Anhörungen nur 15 Minuten. Ordentliche Prozesse sind Fehlanzeige. Die Beschuldigten sind laut Amnesty Int. gefoltert worden – auch durch Elektroschocks. Erst kürzlich wurde bekannt, dass auch in Ägypten Kinder im Gefängnis gefoltert und durch Stromschläge getötet werden, trotzdem erhält Ägypten immer noch Entwicklungshilfe. Und Saudi Arabien hat trotz der Massenhinrichtungen sogar die G20-Präsidentschaft.
Besorgniserregende Nachrichten aus dem Iran: Wo Hinrichtungen an der Tagesordnung sind
Nach drei Todesurteilen gegen Demonstranten, die Ende 2019 im Iran gegen die Erhöhung der Benzinpreise protestiert hatten, geht die Kritik im Internet viral. Das Oberste Gericht in Teheran hatte zuvor die Todesstrafe für die jungen Männer Amirhossein M., Saeid T. und Mohammad R. bestätigt, berichtet Euronews am 14. Juli 2020 und bezieht sich auch auf Amnesty. Seit Sonntagabend ist #اعدام_نکنید im deutschsprachigen Twitter unter den Trending Topics – ebenso wie #StopExecutionsInIran.
Iran’s @khamenei_ir must quash the death sentences of protesters—Amirhossein Moradi, Saeed Tamjidi & Mohammad Rajabi—immediately! Their trial was unfair & they said they were subjected to torture through beatings, electric shocks and being hung upside down. #اعدام_نکنید
— Amnesty International (@amnesty) July 14, 2020
Amnesty International fordert den Obersten Führer des Iran Ayatollah Khamenei dazu auf, die Todesurteile sofort zurückzunehmen. Der Prozess sei unfair gewesen. Die Beschuldigten sind laut Amnesty Int. gefoltert worden – auch durch Elektroschocks.
In vielen Gefängnissen, so auch in Ägypten, werden Regimekritiker gefoltert und sie sterben durch Stromschläge. Sie bleiben für immer verschwunden. Das zeigte auch der Bericht von April 2020: Kinder in Ägypten im Gefängnis gefoltert und durch Stromschläge getötet – Children in Egypt in detention – Beaten, Electrocuted, Tortured- Trotzdem ist Ägypten ein Schwerpunktland für die deutsche Entwicklungspolitik. Das nordafrikanische Land war sogar im ersten Quartal 2020 die Nummer eins unter den Empfängern deutscher Waffen und Ausrüstung. Seit Abdel-Fattah Al-Sisi nach dem Militärputsch 2013 in Ägypten an die Macht kam, hat sich die Menschenrechtssituation gravierend verschlechtert.
Auch das Königreich Saudi Arabien steht wegen der Todesstrafe international in der Kritik. Saudi-Arabien gehört seit langem zu den Ländern mit den meisten Hinrichtungen weltweit, darunter auch junger Regimekritiker. Sie waren nicht einmal 18, als sie verhaftet wurden. Auch aktuelle Recherchen zeigen, dass Menschenrechtsverteidiger, Schriftstellerinnen, Journalistinnen, Reformbefürworter, Aktivistinnen und Angehörige der schiitischen Minderheit in unfairen Verfahren zu langen Haftstrafen oder gar zum Tod verurteilt werden. Und obwohl die Gräueltaten weiter gehen, übernahm Saudi Arabien die G20-Präsidentschaft.
Und trotz des Stellvertreterkrieges von Iran und Saudi-Arabien im Jemen bekommt Saudi Arabien immer noch aus Europa Rüstungsgüter. Das Königreich ist sogar größter Importeur von Rüstungsgütern. Der grausame Krieg in Jemen kostete bereits Zehntausende das Leben und über 3 Millionen Menschen wurden vertrieben.
2019 wurden mehr als 23.000 Todesfälle gemeldet, was es zum zweittödlichsten Jahr des Krieges macht. 85.000 Kinder mit schwerer akuter Unterernährung sollen im Jemen gestorben sein. Siehe Rüstungsgüter als Wachstumsmotor- Länder exportieren den Tod und profitieren vom Blutgeld – USA and France dramatically increase major arms exports; Saudi Arabia is largest arms importer
Menschenrechtsverteidiger Arash Sadeghi, Golrokh Ebrahimi Iraee, Saba Kordafshari, Nazanin Zaghari-Ratcliffe
Bereits 2017 erklärte die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, dass der Gesundheitszustand von Arash Sadeghi äußerst kritisch sei. Der Menschenrechtler Arash Sadeghi ist immer noch in Haft und mittlerweile an Krebs erkrankt. Arash Sadeghi werde ein Jahr nach seiner Operation und zwei Jahre nach der Krebsdiagnose das Grundrecht auf fachmedizinische Versorgung vorenthalten, beklagen die Verfasser*innen eines offenen Briefs.
Arash Sadeghi und Golrokh Ebrahimi Iraee wurden erstmals 2014 wegen ihres Einsatzes für die Menschenrechte im Iran inhaftiert. Sadeghis Ehefrau Golrokh Ebrahimi Iraee wurde in der Untersuchungshaft die Hinrichtung angedroht. Nach einem Schnellverfahren wurde Arash Sadeghi wegen seines Einsatzes für die Menschenrechte zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Golrokh Ebrahimi Iraee wurde wegen „Beleidigung der islamischen Heiligkeit“ zu sechs Jahren Haft verurteilt, weil sie eine nicht-veröffentlichte Kurzgeschichte verfasst hatte, in der sie sich gegen die unmenschliche Praxis der Steinigung wendet. Arash Sadeghi und Golrokh Ebrahimi Iraee wurden beide im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert.
Golrokh Ebrahimi Iraee wurde am Morgen des 9. November 2019 erneut festgenommen. Sie wurde zu Hause von 10 männlichen Sicherheitskräften festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht. Die Sicherheitskräfte zeigten ihren Haftbefehl nicht, so eine Nachricht im November 2019. Mittlerweile wurde bekannt, dass sie im Qachak-Frauengefängnis von Varamin inhaftiert ist. Sie darf Arash Sadeqi nicht besuchen, der im Gohardasht-Gefängnis von Karaj an Krebs leidet.
Political prisoner Golrokh Ebrahimi Iraee, imprisoned in the all-women Qachak Prison of Varamin,is still deprived of visiting her husband, political prisoner Arash Sadeqi,who suffers from cancer in Gohardasht Prison of Karaj#Iran #FreePoliticalPrisonershttps://t.co/GFrfoMvExm… pic.twitter.com/Q65YscAGTS
— Dr. Lucas (@Laaask2) July 1, 2020
Menschrechtsverteidigerin Saba Kordafshari
„Die iranische Menschrechtsverteidigerin Saba Kordafshari erfuhr im Mai 2020, dass die Justizbehörden ihr Strafmaß im Geheimen rechtswidrig von neun auf 24 Jahre heraufgesetzt haben, indem sie ein Rechtsmittelurteil vom November 2019 änderten. Dieses hatte ihre Verurteilung für eine Anklage, auf die 15 Jahre Haft stehen, aufgehoben. Sie muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden, da sie sich nur auf Grund ihrer Menschenrechtsarbeit wie dem Einsatz gegen die diskriminierenden Verschleierungsgesetze im Iran in Haft befinde“, so Amnesty Sie befindet sich im Evin-Gefängnis in Teheran.
Das Evin-Gefängnis im Nordwesten Teherans ist bekannt für seine unmenschlichen Haftbedingungen. Laut Augenzeugenberichten werden die Häftlinge dort täglich erniedrigt, gedemütigt und gefoltert. Zudem ist das Gefängnis, das ursprünglich für 320 Personen ausgelegt ist, chronisch überbelegt. Auch der Iran Human Rights Monitor hatte einen sehr eingehenden Bericht über die schrecklichen Zustände im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran erstellt, wo derzeit mehr als 15.000 Menschen interniert sind, darunter viele friedliche Aktivisten, Journalisten, Intellektuelle und Anwälte für Menschenrechte.
Frauenrechtlerin Narges Mohammadi
Narges Mohammadi wurde bereits 2009 das erste Mal verhaftet. Damals legten ihr die Behörden „Versammlung und Durchführung von Verbrechen gegen die nationale Sicherheit“, „Verbreitung von Propaganda gegen das System“ und „Mitgliedschaft im Zentrum für Menschenrechtsverteidiger“ zur Last. Trotz der Coronavirus-Pandemie, von der der Iran stark betroffen ist, sitzt sie weiterhin als politische Gefangene im Zanjan-Gefängnis im Westiran ein, berichtet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Ihre Kinder leben mit ihrem Ehemann Taghi Rahmani, der als Journalist selbst 15 Jahre lang politischer Gefangener im Iran war, in Frankreich.
Der Gesundheitszustand von Narges Mohammadi hat sich während ihrer Inhaftierung weiter verschlechtert – dadurch ist sie besonders anfällig, sich mit dem neuartigen Virus anzustecken. Weil ihr dringend benötigte medizinische Versorgung verweigert wurde, erlitt sie einen Schlaganfall. Die zweifache Mutter sitzt seit Mai 2015 eine 16-jährige Haftstrafe ab, so IGFM anlässlich des 48. Geburtstags von Narges, Journalistin und ehemalige Vizepräsidentin des Zentrums für Menschenrechtsverteidiger im Iran, am 21. April 2020.
Leider haben sich die Befürchtungen bewahrheitet. Narges Mohammadi soll sich im Zanjan-Gefängnis mit Covid-19 infiziert haben. Am Samstag, dem 11. Juli 2020 sagt sie in einem von ihrem Ehemann veröffentlichten Brief, wurden 18 Gefangene im Gefängnis getrennt, 6, die keine COVID-19-Symptome hatten, wurden aus der Station gebracht.
Prominent human rights defender Narges Mohammadi has contracted the virus that causes Covid-19 disease in Zanjan prison. On Saturday, she says in a letter published by her husband, 18 prisoners were separated in the prison, 6 who had no COVID-19 symptoms were taken out of ward pic.twitter.com/lyblDRy1xN
— CSHR (@CSHRIran) July 13, 2020
Im Januar 2019 soll Mohammadi zusammen mit dem inhaftierten britisch-iranischen Staatsbürger Nazanin Zaghari-Ratcliffe im Evin-Gefängnis in Teheran einen Hungerstreik begonnen haben, um gegen den verweigerten Zugang zu medizinischer Versorgung zu protestieren.
Nazanin Zaghari-Ratcliffe
In Mai 2016 bekamen wir einen Hilferuf aus Großbritannien von Richard Ratcliffe. Seine Frau, Nazanin Zaghari-Ratcliffe, wurde bei einem Besuch bei ihren Eltern in Iran verhaftet. Sie war zu dem Zeitpunkt 37 Jahre alt und arbeitete für eine gemeinnützige Stiftung. Sie war gerade am Flughafen auf dem Weg zurück nach Großbritannien, als sie am 3. April 2016 von einem Offizier der iranischen Revolutionsgarde verhaftet wurde. Man brachte sie an einen geheimen Ort in der Provinz Kerman, 1000 Kilometer südlich von Teheran. Dort saß sie in Isolationshaft. Wir Netzfrauen baten den damaligen Außenminister und jetzigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, sich dafür einzusetzen, dass Nazanin Zaghari-Ratcliffe sofort aus der Haft in Iran freigelassen wird. Doch noch immer ist Nazanin nicht frei. Seit dem 03. April 2016 ist sie im Iran inhaftiert. Anfang September 2016 wurde sie zu fünf Jahren Haft verurteilt.
4 Jahre und noch immer ist Nazanin Zaghari-Ratcliffe nicht zu Hause in London und ihre Tochter wächst ohne Mutter auf.
Nazanin Zaghari-Ratcliffe ist das Opfer „psychologischer Folter“ durch das iranische Regime, sagte ihr Ehemann, als ihre Hoffnungen auf Gnade zum zweiten Mal in einer Woche zunichte gemacht wurden.
Today is passing by and #FreeNazanin remains hostage to a debt she knows nothing about. She has missed her daughter’s entire life because IRGC in this day & age take innocent people hostage. For our common humanity end her abuse. @Kadkhodaee_ir @alishamkhani_ir @elyasnaderan pic.twitter.com/2q4opYhxjH
— Amanda? #FreeNazanin #FreeNarges (@Amandalavan1) July 14, 2020
Die 41-jährige Mutter sei verzweifelt gewesen, ihre fünfjährige Tochter Gabriella in England nicht sehen zu können, zu sehen, sagte Richard Ratcliffe am 30.Mai 2020.
Der oscarprämierte Regisseur Asghar Farhadi setzt sich gegen die Hinrichtung von Amirhossein Moradi, Saeed Tamjidi und Mohammad Rajabi ein
Auf Instagram bezog der iranische Oscarpreisträger Ashgar Farhadi Stellung gegen die geplante Hinrichtung und riskierte sogar ein Berufsverbot oder, selbst verhaftet zu werden. Amirhossein Moradi, Saeed Tamjidi und Mohammad Rajabi sollen wegen einer Teilnahme an einer Demonstration für Menschenrechte hingerichtet werden.
Ende Juni war auch der Blogger und Aktivist Ruhollah Sam zum Tod verurteilt worden. Er hatte auf Telegram regierungskritische Informationen und Videos verbreitet.
Iran veroordeelt blogger Ruhollah Sam ter dood https://t.co/SaqmxqDNyD
— Nieuwsblad.be (@Nieuwsblad_be) June 30, 2020
Justizsprecher Gholam-Hussein Ismaili beschrieb die drei zum Tode verurteilten Männer Amirhossein Moradi, Saeed Tamjidi und Mohammad Rajabi als „gewaltbereite Rädelsführer“ und machte sie für die Zerstörung von öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln verantwortlich. Ihre Aktionen hatten die Beschuldigten mit ihren Handys aufgenommen, daher war die Beweislage für das Gericht eindeutig, sagte der Sprecher.
SIe nahmen im November 2019 an den Demonstrationen im Iran teil. Es sollen mehr als 200 Demonstranten bei den Unruhen getötet worden sein. Man vermutet sogar, dass es weit mehr Tote gegeben haben soll. Zudem wurden laut offiziellen Angaben aus Iran damals über 1000 Demonstranten verhaftet.
Andersdenkende und Andersgläubige werden im Iran systematisch gefoltert. Der Iran hat wichtige völkerrechtlich bindende Verträge ratifiziert. Zu den Vertragspartnern gehören fast alle Staaten der Erde. Auch der Iran bekennt sich öffentlich zu seinen vertraglichen Verpflichtungen, doch die Islamische Republik bricht diese Verträge täglich: Durch Folter, willkürliche Haft, Entrechtung von Frauen und Minderheiten.
„Die Freiheit ist wie eine unsichtbare Krone, die Ihr alle auf Euren Köpfen tragt, ohne es zu bemerken. Diese Krone ist nur für uns Gefangene sichtbar, denn wir dürfen sie nicht tragen!“ Reyhaneh Jabbari.
Wir haben Sie einen Teil auf dem Weg, den Reyhaneh gehen musste, mitgenommen. Sie wurde am 25.Oktober 2014 im Iran hingerichtet. Ihr Kampf für Freiheit dauerte 7 Jahre und sie hat ihn doch verloren.
Netzfrau Doro Schreier
Netzfrauen auch auf >>> Instagram >>>>mit vielen Bildern und Informationen!
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