Seit März 2018 regierte der konservative Milliardär Sebastián Piñera als chilenischer Präsident. Seither wurden friedliche Demonstranten mit polizeilicher Gewalt unterdrückt und die Gewalt an Frauen nahm zu. Wie gefährlich das Leben von Frauen sein kann, wird auch an Chile deutlich. Doch die Frauen nahmen den Kampf gegen Gewalt an Frauen auf und so marschierten mehr als 1 Million chilenische Frauen gegen Gewalt an Frauen. Frauen sind permanent verschiedenen Formen patriarchalischer Gewalt ausgesetzt. Das spiegelt sich auch in dem Anti-Vergewaltigungs-Lied „un violador en tu camino“ „DER VERGEWALTIGER BIST DU!“ wider, das zu einer Hymne für Frauen auf der ganzen Welt geworden ist und in Chile begann. In Chile haben die Frauen nie aufgehört zu kämpfen, mit Erfolg. Chile gibt den Ton an für eine neue Ära, in der Frauen im Mittelpunkt einer politischen Gestaltung stehen. Chile hat einen neuen Präsidenten gewählt. Am 21. Januar 2022 ernannte der designierte chilenische Präsident Gabriel Boric sein erstes Kabinett und mit 14 Frauen und zehn Männern ist es die erste Regierung in Chile, die mehr Frauen als Männer an der Spitze der verschiedenen Ministerien hat. Darunter das Innen-, Justiz-, Verteidigungs- und Außenministerium und das Frauenministerium wird nun von der Feministin Antonia Orellena geführt. Ein wichtiges Signal im Kampf gegen die Gewalt an Frauen und für die Legalisierung der Abtreibung. Borics feministische Regierung befindet sich mitten im Prozess der Ausarbeitung einer neuen Verfassung des Landes. Eine konstituierende Versammlung mit einer gleichen Anzahl von Männern und Frauen, die eine neue Verfassung schreiben, ist neu für Chile und sicherlich sehr ungewöhnlich auf der ganzen Welt.
„Bauen Sie eine faire, menschenwürdige Gesellschaft auf, die stets die Menschenrechte respektiert“
Nach der Vorstellung des Ministerteams legte der designierte Präsident die Leitlinien für die Arbeit der 24 Mitglieder des Kabinetts fest. Boric wies darauf hin, dass es notwendig sei, „in der Gerechtigkeit, in Wahrheit, in Wiedergutmachung für die Menschenrechtsverletzungen, die in unserem Land aufgetreten sind“, voranzukommen.
„Wir werden alle Änderungen, die wir vorgeschlagen haben, Schritt für Schritt vornehmen, wie wir es in der Kampagne angekündigt haben. Weil wir davon überzeugt sind, dass die überwiegende Mehrheit der chilenischen Männer und Frauen strukturelle Veränderungen fordert, die ein menschenwürdiges Leben ermöglichen, in dem der Ort, an dem man geboren wird, nicht den Ort bestimmt, an dem man stirbt“, fügte der gewählte Präsident Gabriel Boric hinzu.
„Wir werden den Schaden wiedergutmachen, den die Regierung den Frauen zugefügt hat“ – gewählter Präsident Gabriel Boric
Seit der konservative Milliardär Sebastián Piñera als chilenischer Präsident reagierte, nahm die Gewalt an Frauen zu.
Es begann damit, dass Hunderte Mädchen, die während friedlicher Proteste festgenommen wurden, von der Polizei sexuell missbraucht wurden. Eigentlich sollten Polizeiwachen ein sicherer Ort für Frauen sein, doch es waren Polizisten, die diese Frauen vergewaltigten.
Und Daniela wurde vergewaltigt, gefoltert und aufgehängt, weil sie das Symbol für Proteste in Chile gegen die Gewalt an Frauen war
Die chilenische Fotojournalistin Albertina Martinez Burgos wurde brutal ermordet, weil sie die Fälle sexueller Gewalt von Polizisten während der Demonstrationen dokumentierte. Als Warnung für alle Frauen, die gegen die Regierung protestieren, wurde Daniela Carrasco vergewaltigt, gefoltert und an einem Zaun aufgehängt. Sie wurde nur 36 Jahre alt. Man hatte sie zuletzt gesehen, als sie von der Polizei verhaftet wurde. Oder unsere Freundin Patricia, sie ist eine wichtige Aktivistin und Mutter. Sie musste mit ihrer Familie ins Ausland fliehen, nachdem sie mehrfach konkrete Morddrohungen erhalten hatte. Die chilenische Regierung schickte das Militär auf die Straßen, sie übten sexuelle Gewalt aus und verstümmelten Menschen. Viele Demonstranten, darunter viele Frauen, sind gestorben oder sie tauchen nie wieder auf. Siehe auch:„un violador en tu camino“ – Wie viele Frauen müssen noch sterben? Mehr als 1 Million chilenische Frauen marschieren gegen Gewalt an Frauen
Die „grüne“ Welle- Frauen in Lateinamerika protestieren gegen Gewalt an Frauen und um die Legalisierung der Abtreibung in ihren Ländern zu fordern
Der Tod der 16-jährigen Lucía Pérez, die in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober 2016 nach der brutalen Tat einfach vor einer Klinik abgelegt wurde und einen Tag später an inneren Blutungen verstarb, löste einen landesweiten Protest in Argentinien aus. Über 70 000 Frauen nahmen an den Protesten teil. Als die Polizei mit massiver Gewalt gegen diese Frauen vorging, legten in ganz Argentinien die Frauen Arbeit nieder.
Es war 2016, als die Frauen in Argentinien ihre Arbeit niederlegten. Es war der erste Generalstreik der Frauen, die ein Ende der Gewalt an Frauen forderte. Siehe: Generalstreik der Frauen in Argentinien nach brutaler Vergewaltigung einer 16-Jährigen – Women set for first-ever general strike in Argentine history
Und es blieb nicht nur bei einem Generalstreik in Argentinien, sondern auch in anderen Ländern gingen Frauen auf die Straße. 2018 folgte ein Generalstreik der Frauen in Spanien und auch hier schlossen sich viele Frauen weltweit an: „Wenn wir aufhören, hört die Welt auf “ Millionen Frauen legten Spanien lahm!
Mit Erfolg, denn in Argentinien stimmte endlich nach jahrzehntelangem Kampf der Frauenbewegung der Senat für Legalisierung der Abtreibung bis zur 14. Schwangerschaftswoche.
Auch in Chile demonstrierten Tausende für das Recht auf Abtreibung und erreichten, dass Abtreibung zukünftig in Fällen von Vergewaltigung, bei Gefahr für das Leben der Mutter und bei Nichtlebensfähigkeit des Fötus erlaubt wurde. Siehe: Protest in Lateinamerika – weil Abtreibung verboten ist! Frauen wurden auf Grund fehlerhafter Chargen von Verhütungsmitteln schwanger, dürfen nicht abtreiben! – El aborto, prohibido o limitado en la mayor parte de América Latina – mujeres se embarazaron por un lote defectuoso de anticonceptivos
Zeichen einer aufstrebenden feministischen Demokratie in Chile
„Ein Kabinett mit einem Frauenanteil von 58 Prozent, der höchsten Quote in der Geschichte Chiles, ist nicht das einzige Zeichen dafür, dass Boric die Rechte der Frauen ernst nimmt. Er hat Frauen in wichtige politische Ämter berufen, darunter das Innen-, Justiz-, Verteidigungs- und Außenministerium. Zum ersten Mal wird das Ministerium für Frauen und Gleichstellung der Geschlechter Teil des engen Kreises von Ministern sein, der in Chile als „politisches Team“ der Regierung bekannt ist, was die Bedeutung der Frauenrechte für Borics Regierung signalisiert, so Macarena Saez, sie ist Geschäftsführerin der Abteilung für Frauenrechte bei Human Rights Watch. Sie ist ein Gründungsmitglied von of www.redalas.net und Vorstandsmitglied von www.WOLA.org, www.dejusticia.org und www.Synergiaihr.org.
„Chile gibt den Ton an für eine neue Ära, in der die Frauen im Mittelpunkt der politischen Gestaltung stehen. Borics feministisches Programm fällt mitten in den Prozess der Ausarbeitung der neuen Verfassung des Landes, der im vergangenen Jahr nach den vom Kongress festgelegten Regeln der Geschlechterparität begann. Eine verfassungsgebende Versammlung mit einer gleichen Anzahl von Männern und Frauen, die einen neuen Gesellschaftsvertrag ausarbeitet, ist ein Novum für Chile und sicherlich sehr ungewöhnlich in der Welt,“ so Macarena Saez.
In seinem Programm ist die Rede von einer „feministischen Wirtschaft“ und einer „nicht-sexistischen Bildung“, und die Regierung verpflichtet sich, Frauen den Zugang zu reproduktiver Gesundheit zu ermöglichen, einschließlich der Ausweitung des Zugangs zur Abtreibung. Boric verspricht, ein nationales Pflegesystem einzurichten, das auf dem Menschenrecht auf Pflege basiert und die Pflegearbeit von einer familiären Verpflichtung, die vor allem Frauen belastet, auf eine gemeinsame Verantwortung von Familien, Gemeinden und dem Staat verlagert.
Die Herausforderungen für den gewählten Präsidenten Boric und sein Team sind vielfältig.
In den sozialen Medien kursieren zwei Bilder. Das eine zeigt das Kabinett, das vom ersten demokratisch gewählten Präsidenten nach dem Sturz des Diktators Augusto Pinochet gebildet wurde. Auf dem Foto aus dem Jahr 1990 sitzt Präsident Patricio Aylwin stolz mit einem Kabinett von 20 lächelnden Männern in dunklen Anzügen. Sie hatten einen guten Grund zu lächeln.
Nachdem Tausende von Menschen gefoltert worden und verschwunden waren, hatte das chilenische Volk die Demokratie wiedererlangt. Zweiunddreißig Jahre später und trotz der Bedrohung der Demokratie in der ganzen Welt ist das Erbe dieses ersten Kabinetts noch immer präsent.
Das zweite Bild ist jedoch ein ganz anderes. Im Jahr 2022 sehen wir ein Kabinett, in dem mehr Frauen als Männer sitzen,
- 9 von 24 Personen unter 40 Jahren
- 9 Personen von außerhalb der Hauptstadt
- 2, die sich selbst als lesbisch und schwul bezeichnen
- 2 Frauen mit ihren Kindern an ihrer Seite und
- 3 Frauen, die stolz ein grünes Kopftuch am Handgelenk tragen – das Symbol für sexuelle und reproduktive Rechte in der Region.
Es gibt keine Farbe, die dominiert. Es herrscht ein ungezwungener Ton, der der Feierlichkeit des Augenblicks keinen Abbruch tut. Hoffen wir, dass dies nicht nur Zahlen und Farben sind, sondern Zeichen eines strukturellen Wandels hin zu einer feministischen Demokratie.
Wir wünschen den Frauen in Chile viel Kraft bei ihrem Kampf gegen Gewalt an Frauen.
Signs of an Emerging Feminist Democracy in Chile
On January 21, the President-elect of Chile, Gabriel Boric, appointed his first Cabinet. Fourteen of the 24 ministers are women, by Macarena Sáez is the Executive Director of the Women’s Rights Division at Human Rights Watch. She’s a founding member of www.redalas.net and board member of www.WOLA.org, www.dejusticia.org and www.Synergiaihr.org .
Having a cabinet in which 58 percent of members are women, the highest rate in the history of Chile, is not the only sign that Boric is taking women’s rights issues seriously. He has appointed women ministers in key political posts including Interior, Justice, Defense, and Foreign Relations. For the first time, the Ministry of Women and Gender Equity will be part of the close circle of ministers known in Chile as the government’s “political team,” signaling the importance of women’s rights to Boric’s government.
Chile is setting the tone for a new era with women at the center of its political design. Boric’s feminist platform comes in the middle of the country’s new constitution drafting process, which started last year under gender parity rules set by Congress. A constituent assembly with an equal number of men and women writing a new social contract is new for Chile, and certainly very unusual around the world.
President-elect Boric ran on a feminist platform. His ambitious presidential program included 58 references to women on areas related to pension system reform; climate change; economic reactivation; ending the gendered division of labor and gender pay gap; increasing female labour participation; and promoting labor rights, amongst others.
His program speaks of a “feminist economy” and “non-sexist education,” and it includes a government commitment to give women access to reproductive health, including expanding access to abortion. Boric promises to establish a National Care System, based on care as a human right, shifting care work from a family obligation that burdens primarily women, to one of co-responsibility between families, communities, and the government.
The challenges for President-elect Boric and his team are many. During the pandemic, women’s participation in the labour force, which already had been lagging, dropped below 50 percent. The number of women working in informal sectors, by contrast, increased. Racism created additional barriers for Indigenous and migrant women. Sex workers continued to be mostly invisible in public policies, despite the violence and stigma they face.
A feminist government will need to tackle structural barriers to women’s equality and Boric’s comprehensive plan will have to set some priorities. The focus should be on the gender pay gap, the gendered division of labor and the feminisation of poverty, especially of older women who have been disproportionately impacted by a failed private pension system. It should tackle sexual and gender-based violence without relying primarily on a criminal justice system that uses deprivation of liberty as the solution. It will be essential to expand on the inadequate and poorly implemented 2017 abortion law, seeking to end institutional conscientious objection, which has allowed entire medical facilities to refuse to provide abortions. Most importantly, it is urgent to improve the conditions of women who have been most marginalised and to do it by giving them agency. A good sign is the appointment of a domestic workers leader as undersecretary for the Ministry of Women and Gender Equity. Finally, a feminist government should not only take care of issues that affect women. Its goal should be achieving a feminist democracy, in which women of a wide diversity of backgrounds have genuine access to, and participation in, public affairs.
There are two pictures circulating on social media. One shows the Cabinet formed by the first democratically elected president after the defeat of the dictator Augusto Pinochet. Taken in 1990, President Patricio Aylwin sits proudly with a cabinet of 20 smiling men dressed in dark suits. They had a good reason to smile. After thousands were tortured and disappeared, the Chilean people were regaining democracy. Thirty-two years later, and despite threats to democracy around the world, the legacy of that first cabinet is still here.
The second picture, however, is very different. In 2022, we see a cabinet with more women than men, 9 people out of 24 under age 40, 9 people from outside the capital city, 2 who self-identify as lesbian and gay, 2 women with their children at their side, and 3 women proudly wearing a green bandanna on their wrists—the symbol for sexual and reproductive rights in the region. There is not one color that dominates. There is an informal tone to it that doesn’t take away the solemnity of the moment. Let’s hope these are not just numbers and colors, but signs of a structural change toward a feminist democracy.
Netzfrauen Birgit Steinmeyer und Doro Schreier
Netzfrauen auch auf >>> Instagram >>>>mit vielen Bildern und Informationen!
#NiUnaMenos – Stop Killing Us – Wie viele Frauen müssen noch sterben?