Die Biene wurde zum wichtigsten Lebewesen auf dem Planeten erklärt. Aus diesem Grund haben nach einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Chemiekonzern Bayer und der EU-Kommission die Bienen gewonnen. Das EuGH bestätigt 2021 das Verbot von Neonicotinoiden zum Schutz von Bienen. Doch obwohl Neonicotinoide in der Landwirtschaft verboten sind, gibt es weiterhin Schlupflöcher. Und es betrifft nicht nur Neonicotinoide, die Macht ist in den Konzernetagen, in diesem Fall bei Bayer und Syngenta. Eigentlich verbotene Pestizide, die als schädlich für die Gesundheit von Mensch und Umwelt gelten, werden in der EU dank der häufigen Anwendung von Ausnahmeregelungen weiterhin eingesetzt. Allein in Deutschland gab es 2022 über 70 Notfallzulassungen. Und auch Neonicotinoide, die wegen ihrer Bienengiftigkeit verboten sind, landen über Ausnahmeregelungen durch die Hintertür aber dennoch auf unseren Äckern. Doch damit ist jetzt Schluss. Am 19.Januar 2023 entschied der EU-Gerichtshof: Keine Ausnahmeregelungen mehr für den Einsatz bienentoxischer Neonicotinoide. Mit diesem Urteil wird fast die Hälfte der von den Mitgliedstaaten gewährten Ausnahmeregelungen für verbotene Pestizide beendet.
EU-Staaten können allerdings Notfallzulassungen erteilen
Seit Jahren befürchten Biologen und Ökologen, dass die Artenvielfalt vieler Land- und Wassertiere weltweit abnimmt. Eine aktuelle Studie kommt zu dem Fazit, dass mehr als 40 Prozent der Insekten in den nächsten Jahrzehnten weltweit ausgestorben sein können.
Bereits 2013 hatte die EU-Kommission in mehreren Verordnungen die Genehmigungen für die Pestizidwirkstoffe erheblich eingeschränkt und zwar die von der Bayer-Gruppe produzierten Mittel Clothianidin und Imidacloprid, zusammen mit einem dritten Neonikotinoid – Thiamethoxam des Herstellers Syngenta. Das EuG bestätigte diese Beschränkungen im Mai 2018. Bayer ging daraufhin in die nächste Instanz. Doch nach der Feststellung des Gerichts lagen ausreichende wissenschaftliche Hinweise auf Risiken für Bienen vor, um die Maßnahmen der Kommission zu rechtfertigen. Nach dem jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Chemiekonzern Bayer und der EU-Kommission bestätigte das EuGH im Mai 2021 das Verbot von Neonicotinoiden zum Schutz von Bienen. Siehe: Sieg für die Bienen – EuGH bestätigt das Verbot von Neonicotinoiden zum Schutz von Bienen- EU Court of Justice rejects Bayer attempt to overturn bee-killing pesticide ban
Doch ein völliges Aus bedeutete dies noch lange nicht, es gibt weiterhin die Möglichkeit der Notfallzulassung. Und diese wird laut einer aktuellen Studie der NGO PAN Europe gerne genutzt.
Auch in Deutschland, denn in sieben Bundesländern dürfen Landwirte im kommenden Frühjahr neonicotinoid gebeiztes Rübensaatgut ausbringen, andere Länder stellen erst gar keinen Antrag auf eine Notfallzulassung, so die Nachricht vom 23.Dezember 2020.
So verteilen sich die Hotspots auf die Länder, in denen Notfallzulassungen erteilt wurden:
Baden-Württemberg | 12.000 Hektar |
Bayern | 20.600 Hektar |
Hessen | 5.400 Hektar |
Niedersachsen | 34.700 Hektar |
Nordrhein-Westfalen | 40.000 Hektar |
Rheinland-Pfalz | 12.700 Hektar |
Schleswig-Holstein | 1.500 Hektar |
Stand: 23. Dezember 2020
Für 2021 wurde lautzuckerverbaende.de in 13 EU-Länder Notfallzulassungen für , überwiegend für die gesamte Rübenanbaufläche erteilt. In Deutschland ist der Einsatz von Neonicotinoiden im Jahr 2021 auf rund einem Drittel der Anbaufläche genehmigt.
EU-Gerichtshof: Keine Ausnahmeregelungen mehr für den Einsatz bienentoxischer Neonicotinoide
Das Urteil, das der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 19. Januar 2023 verkündet hatte, setzt Ausnahmegenehmigungen von drei verbotenen Substanzen – Imidacloprid (Bayer) Clothianidin (Bayer) und Thiamethoxam (Syngenta) – ein Ende. Alle drei gehören zu einer Klasse von Pestiziden, die als Neonicotinoide bekannt sind.
Das Urteil erging im Anschluss an eine Klage der Umweltorganisationen Pesticide Action Network (PAN) Europe und Nature & Progrès Belgium zusammen mit einem belgischen Imker vor dem belgischen Verwaltungsgericht. Die Kläger:innen wollten erreichen, dass die von Belgien erteilten Ausnahmeregelung für die Verwendung solcher Insektizide bei Zuckerrüben für nichtig erklärt werden.
Zwei Umweltschutzverbände, Pesticide Action Network (PAN) Europe und Nature & Progrès Belgium, zusammen mit einem belgischen Imker zogen Anfang 2019 gegen die Notzulassung in Belgien vor Gericht. Sie argumentierten, dass die Pestizide bereits vor der Aussaat vorbeugend auf das Saatgut aufgetragen würden. Die Landwirte kauften es also, ohne dass ein tatsächliches Auftreten von Schädlingen bestätigt sei.
Mit Erfolg, denn das Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 19. Januar 2023 entschieden, dass den EU-Ländern keine befristeten Ausnahmen für verbotene, für Bienen schädliche Neonicotinoid-Pestizide mehr gewährt werden dürfen. Die Mitgliedsstaaten müssten das Verbot beachten. Neonicotinoide schwächen Bienen und Hummeln, weshalb ihre Verwendung in der EU stark eingeschränkt wurde.
#ECJ: Plant health protection: Member States cannot derogate from the express bans on the placing on the #market and use of seeds treated with #plant protection products containing neonicotinoids @EuropePAN 👉https://t.co/ATb3CgbPxg
— EU Court of Justice (@EUCourtPress) January 19, 2023
Hans Muilerman, ein Chemiebeauftragter bei PAN Europe, sagte: „ PAN Europe bekämpft diesen Missstand seit vielen Jahren. Dieses wegweisende Urteil des EU-Gerichtshofs beendet mit dem Segen der Europäischen Kommission den 10-jährigen Missbrauch durch die Mitgliedstaaten. Dank unserer Maßnahmen wird die EU-Umwelt ein sicherer Ort. “
Marc Fichers, Generalsekretär von Nature & Progrès Belgien, sagte: „ Dieser Erfolg wird sich EU-weit auswirken, um Bienen und Insekten in der gesamten EU sowie die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Ausnahmeregelungen für mit Neonicotinoiden behandeltes Saatgut sind jetzt definitiv verboten. Das Urteil zeigt, dass die Umwelt mehr zählt als die Profite mancher Zucker- und Pestizidkonzerne! “
Wissenschaftler auf der ganzen Welt haben herausgefunden, dass Neonicotinoide die Hauptursache für das Massensterben von Bienen sind.
Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Reihe von Insektiziden schon vor langer Zeit hätten verboten werden sollen. Der Bayer-Konzern versucht seit Jahren, die Kritiker zum Schweigen zu bringen und Wissenschaftler dazu zu drängen, ihre Ergebnisse nicht zu veröffentlichen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten warnen Experten vor den negativen Wirkungen von Neonicotinoiden, dazu wurden eine ganze Reihe von Studien veröffentlicht. Es scheint, dass es der Industrie mit Hilfe der Behörden gelungen ist, ein Verbot dieser Stoffe jahrelang erfolgreich hinauszuzögern. Studien zeigen, dass Neonicotinoide nicht nur Schädlinge, sondern auch Bienen und andere nützliche Insekten töten.
Keine weiteren „Notfallzulassungen“ für Bayers und Syngentas Bienenkiller in der EU!
Das Urteil hat herausragende Bedeutung für den Insektenschutz und eine umweltverträgliche Landwirtschaft.
EU Court of Justice: no more derogations for the use of bee-toxic neonicotinoids
By pan-europe
Today, the Court of Justice of the EU (CJEU) published a preliminary ruling on questions posed by the Belgian Administrative Court, following a complaint by PAN Europe, Nature & Progrès Belgium and a Belgian beekeeper. The Court declared that providing derogations for the treatment of seeds with a banned pesticide and their use is not in line with EU law. This ruling puts a stop to almost half the derogations given by Member States to banned pesticides.
Hans Muilerman, a chemical officer at PAN Europe said: „PAN Europe has been fighting this maladministration for many years. This landmark ruling of the EU Court puts an end to 10 years of abuse by Member States, with the blessing of the European Commission. Thanks to our action, the EU environment will become a safer place.„
In 2019, Nature & Progrès Belgium, a Belgian individual beekeeper and PAN Europe filed a request for annulment before the Belgian Administrative Court. This followed a derogation given by Belgium to the sugar lobby for the use of bee-toxic neonicotinoid insecticides on sugar beets. The complainants suggested the Belgian Court to submit questions for a preliminary ruling to the CJEU in order to clarify the limits of the law[1] with regards to derogations.
Marc Fichers, Secretary General of Nature & Progrès Belgium said: „This success will have an EU-wide effect, to protect bees and insects across the EU, as well as citizen’s health. Derogations with neonicotinoid-treated seeds are now definitely banned. This ruling is relieving and shows the environment counts more than profits from some sugar and pesticide companies!„
The procedure in the Court of Justice of the EU was joined by the European Commission, France, Greece, Hungary and Finland. Belgium, as well as a Belgian pesticide company (SES Vanderhave) and the Belgian sugar lobby also intervened to protect their interests.
Martin Dermine, executive director of PAN Europe added: „During the procedure, it was very shocking to observe that the European Commission kept protecting the abuses of the system by Member States. The Commission supported the provision of derogations for supposedly EU-banned pesticides that are highly toxic to human health and the environment. It was evident that the Commission stood on the side of agribusiness, rather than with citizens‘ health and the environment! The European Commission’s lawyers even told the judges that Member States only give a derogation when no alternative exists, which is opposite to the reality!„
PAN Europe recently published a report[2] on derogations provided by Member States to EU-banned pesticide substances: 236 such derogations were granted over the last 4 years. Neonicotinoids represent nearly half of those (47.5%). The report highlights how Member States fail to assess the necessity for such derogations and their compliance with EU law, favouring agribusiness over the protection of citizens‘ health and the environment.
Pr. Antoine Bailleux, the NGO’s lawyer further commented: „This ruling is a huge step forward for the preservation of biodiversity in Europe. The Court of justice has made it clear that substances prohibited at EU level for health or environmental reasons cannot be introduced through the back door at Member State level, which had become common practice. It has also confirmed that the protection of health and the environment overrides the objective of improving plant production.„
Martin Dermine concluded: „Today is a great day for European pollinators and for our environment. The EU pesticide law gives priority to citizens‘ health and the environment but its implementation at EU- and national levels is poor. This verdict is a reminder that administrations and politicians are bound to the law, not to the interests of the pesticide industry, or industrial agricultural lobbies.„
Background information
Neonicotinoid insecticides were approved in the EU in the 90’s. After 20 years of harm on EU insect populations, the European Commission and Member States partly restricted their use in 2013, to crops that are not attractive to pollinators. A series of EU Member States immediately issued derogations to keep using them despite of the ban[3]. In 2018, following the ban on all outdoor uses, the number of derogations even increased significantly.
See the press release by the European Court of Justice (in French)(link is external)
“The Court also stresses the obligation of all Member States to take all necessary measures to promote low pesticide-input pest control, giving priority to non-chemical methods wherever possible. Such an obligation implies that professional users of professional pesticide users switch to practices and products available with the lowest risk to human health and the environment to address a pest problem.”
Press release(link is external) from the Court of Justice of the EU, 19/01/2023
Notes:
[1] Article 53 of the Pesticide Regulation (EU) 1107/2009
[2] https://www.pan-europe.info/press-releases/2023/01/banned-pesticides-sti…
[3] https://www.pan-europe.info/resources/reports/2017/02/bee-emergency-call…
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